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07.06.2018 | 01:52 | Kohleausstieg 

Kohlekommission mit historischem Auftrag

Berlin - Die Kommission für den deutschen Kohleausstieg kann nach langem Streit um ihre Mitglieder und Aufgaben mit der Arbeit beginnen.

Kohleenergie
Um den Kohleausstieg kommt Deutschland auf lange Sicht nicht rum. In ohnehin gebeutelten Kohleregionen sollen aber nicht noch mehr Menschen ihre Jobs verlieren. Ein heikler Auftrag für die Kohlekommission - für die Bundesregierung steht viel auf dem Spiel. (c) proplanta
Die Bundesregierung setzte das 31-köpfige Gremium am Mittwoch offiziell ein und versprach, dass es sich gleichwertig um Klimaschutz und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Regionen kümmere.

«Wir bringen die Arbeit zu den Menschen», kündigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, die Kommission habe einen «historischen Auftrag» und komme noch vor den Sommerferien erstmals zusammen.

Die Einsetzung der Kommission hatte sich mehrfach verzögert. Bis Ende des Jahres sollen die Vertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Wissenschaft, Politik und betroffenen Regionen nun unter anderem ein Enddatum für die Stromproduktion aus Kohle in Deutschland sowie einen Ausstiegspfad vorlegen. Bereits Ende Oktober soll es erste Vorschläge für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen geben. Kritiker halten den Zeitplan für unrealistisch.

Die Kommission hat vier Vorsitzende, darunter die ehemaligen Ministerpräsidenten der Braunkohleländer Sachsen und Brandenburg, Stanislaw Tillich (CDU) und Matthias Platzeck (SPD). Dazu kommen 24 einfache Mitglieder und drei Abgeordnete von CDU, CSU und SPD, die aber kein Stimmrecht haben.

In Ostdeutschland und Nordrhein-Westfalen hängen Zehntausende Jobs direkt oder indirekt an der Braunkohle, auch wenn die Zahl der Beschäftigten in der Branche schon stark zurückgegangen ist. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegt der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung bei 37 Prozent, rund 36 Prozent des Stroms kommen aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind. Der Rest stammt aus Erdgas und Kernenergie. Bis 2022 steigt Deutschland aus der Atomkraft aus.

«Es geht um Klimaschutz in den nächsten Jahren, wir müssen unsere Verpflichtungen einhalten», sagte Altmaier. Es gehe aber auch um Arbeitsplätze. Politische Glaubwürdigkeit stehe auf dem Spiel. Man wolle Jobs gerade dort schaffen, wo Braun- oder Steinkohlekraftwerke die einzigen großen Arbeitgeber seien. Dass die große Koalition die gemeinsamen Interessen des Landes nach vorn stelle, sei «der beste Weg, um auch Politikverdrossenheit zu bekämpfen und Bürger wieder an die traditionellen Parteien zu binden».

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte, die Kohle werde «mit Sicherheit nicht kurzfristig ausgeknipst». Bei der Schaffung neuer Jobs müssen man «an den Qualifikation und Traditionen» der Regionen ansetzen, die industriell geprägt seien. Als Beispiel nannte er die Batteriezellen-Produktion. Altmaier sagte, Bund und Länder müssten Behörden, Forschungseinrichtungen und Fachhochschulen verlagern.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), zeigte sich optimistisch: Die Kommission nehme die Perspektiven für die Beschäftigung und Arbeitsplätze in den Blick, sagte er. «Ich bin zuversichtlich, dass sie nun konkrete Vorschläge für die Kohlereviere erarbeiten wird.»

Die Opposition im Bundestag kritisierte, dass sie keine Vertreter in die Kommission entsenden darf. Wünsche der Mitglieder liegen teils weit auseinander: Während Klimaschützer einen Kohleausstieg bis 2030 fordern, halten viele Wirtschaftsvertreter eher 2045 für realistisch.

Die großen Umweltverbände teilten am Mittwoch mit, erste Aufgabe der Kommission müsse sein, die Kohleverstromung so zurückzufahren, dass die Lücke zum deutschen Klimaschutzziel für 2020 - eine Reduktion um 40 Prozent - geschlossen werde. Industrie und Energiewirtschaft stellten dagegen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Strom in den Vordergrund. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mahnte, je schneller ein Ausstieg aus der Braunkohle komme, desto weniger Zeit hätten Regionen, Alternativen zu entwickeln.
dpa
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