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29.12.2020 | 13:35 | Windenergie 

Neue Windkraftplanung für Schleswig-Holstein steht

Kiel - Nach jahrelangen zähen Vorarbeiten hat die Landesregierung neue Regionalpläne für die Windenergie in Schleswig-Holstein endgültig beschlossen. Sie gelten schon ab diesem Freitag.

Windkraftausbau
Aufatmen an der Förde: Die Landesregierung hat mit der Neufassung der Regionalpläne für die Windenergie eine Langzeitaufgabe erledigt. Eine über fünf Jahre alte Gerichtsentscheidung musste aufgearbeitet werden. Das Land erwartet neue Klagen, sieht sich aber gut gerüstet. (c) proplanta
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack von der CDU und Energieminister Jan Philipp Albrecht von den Grünen äußerten sich zufrieden mit dem Ergebnis.

Die Pläne weisen 344 Vorranggebiete für Windenergie mit einer Gesamtfläche von 32.000 Hektar aus. Das entspricht zwei Prozent der Landesfläche. Von den 3.200 bestehenden Anlagen stehen 2.317 innerhalb der künftigen Vorranggebiete. Dort ist nicht nur ein Neubau von Anlagen möglich, sondern auch ein langfristiges Repowering, also der Ersatz alter Windmühlen durch leistungsstärkere neue.

Die 977 Anlagen außerhalb der künftigen Vorranggebiete haben zunächst Bestandsschutz, müssen mittelfristig aber abgebaut werden. «Gerade in den stärker belasteten Regionen Schleswig-Holsteins erreichen wir so eine Entlastung der Bevölkerung», sagte Sütterlin-Waack.

Das Oberverwaltungsgericht hatte 2015 die damaligen Regionalpläne gekippt. Um einen Wildwuchs zu verhindern, verhängte das Land ein Moratorium für Neubauten, das an diesem Donnerstag ausläuft. Nur in Ausnahmefällen werden seitdem Anlagen genehmigt. Dies war nach langer Flaute in den Vorjahren 2020 endgültig für 144 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 602 Megawatt der Fall. Um das Ausbauziel des Landes von zehn Gigawatt bis 2025 zu erreichen, müssen jährlich 500 Megawatt hinzukommen. 

«Wir haben damit unser Ziel erreicht, den Ausbau der Windenergie an Land noch unter dem Moratorium deutlich voranzubringen», erklärten Sütterlin-Waack und Albrecht. «Nach vergleichsweise schwierigen Jahren ist damit bereits 2020 die Trendwende gelungen.» Die Stimmung in der Windkraft-Branche habe sich deutlich aufgehellt.

Die Landesplanung hatte in den vergangenen vier Jahren 15.000 Stellungnahmen und fast 1.000 sogenannte Abwägungsentscheidungen zu bearbeiten. Letztere betrafen 967 potenzielle Windenergie-Flächen. Etwa zwei Drittel davon wurden anhand bestimmter Kriterien von der Windkraftnutzung ausgeschlossen, vor allem zum Schutz der Wohnbebauung.

«Wir bringen damit endlich einen teils sehr konfliktreichen Planungsprozess zu einem erfolgreichen Abschluss», resümierte Sütterlin-Waack zum Beschluss über die neuen Regionalpläne. «Ich kann gut verstehen, dass immer noch nicht jeder in jedem Einzelfall mit dem Ergebnis zufrieden sein kann.» Das wäre bei einem Projekt dieser Größenordnung mit derart vielen unterschiedlichen Akteuren und ihren zum Teil widersprüchlichen Zielen und Interessen auch schlichtweg unmöglich. «Wir haben allerdings getan, was wir tun konnten, um all diese Ziele und Interessen in einen nachvollziehbaren Ausgleich zu bringen.»

Die neuen Regionalpläne gäben jetzt nicht nur wertvolle Planungs- und Rechtssicherheit, sondern sorgten auch für einen zusätzlichen Schub beim Ausbau der Windkraft, äußerte Energieminister Albrecht. Die Windkraft sei ein zentrales Standbein der Energiewende im Norden. Er sei zuversichtlich, das Ausbauziel 2025 erreichen zu können.

Die Regierung geht aber davon aus, dass auch die neuen Windpläne vor Gericht landen werden. «Eine Reihe von Stellungnahmen lasen sich schon wie Entwürfe von Klageschriften», sagte die Innenministerin. «Das Land hat allerdings sehr gründlich gearbeitet. Trotz der schwierigen Inhalte wurde ein tragfähiges Ergebnis erzielt, das den Interessen der Menschen gerecht wird und für die Windkraft im Norden Planungssicherheit schafft.»

Nachdem es besonders 2017 bis 2019 kaum Baugenehmigungen gab, bestehe damit endlich Planungssicherheit für die Betreiber, erklärte der Bundesverband Windenergie. Der positive Trend bei Genehmigungen im Jahr 2020 müsse sich nun fortsetzen, damit das Land drei verlorene Jahre aufholen kann. Die Branche stehe bereit, hier Milliarden zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Aus Sicht des windkraftkritischen Vereins Vernunftkraft wären weniger Flächen für Windanlagen und zugleich größere Schutzabstände für gefährdete Arten und Anwohner möglich gewesen. «Wozu wurde in langwierigen Auslegungen eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgegaukelt, wenn seit 2015 durch über 600 Ausnahmegenehmigungen Fakten geschaffen wurden?», kritisierte die Landesvorsitzende Susanne Kirchhof. Die Regierung nehme auch billigend in Kauf, dass zulässige Schallschutzwerte überschritten würden.

Nun bekämen Kommunen, Bürger und Unternehmen wieder mehr Planungssicherheit, sagte der Grünen-Energiepolitiker Bernd Voß. «Es ist zu hoffen, dass diese Vorlage zügig in Baugenehmigungen umgesetzt werden kann.» So bestehe die Chance, die verlorenen Jahre aufzuholen und die Ziele für 2025 zu erreichen.

Oliver Kumbartzky von der FDP sagte, ein geordneter Windenergie-Ausbau mit Augenmaß sei jetzt mit den neuen Regionalplänen möglich. «Gründlichkeit vor Schnelligkeit ist uns, ebenso wie eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung, bei diesem sensiblen Thema immer wichtig gewesen.»
dpa/lno
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