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09.01.2016 | 06:12 | Elektromobilität 

Niedrige Spritpreise bremsen E-Autos aus

Flensburg / Berlin - VW-Abgas-Affäre hin oder her - der Dieselmotor bleibt ein Liebling der deutschen Autofahrer und hält die nur schleppend anlaufende Elektromobilität auf Abstand.

Dieselpreise 2016
Wie lange braucht die Elektromobilität noch, um in Deutschland in die Spur zu finden? 2015 wurden zwar mehr E-Autos zugelassen - doch in absoluten Zahlen bleibt es ein Mini-Geschäft. Derweil macht der Dieselmotor trotz des Volkswagen-Skandals weiter Karriere. (c) proplanta
Der wegen seines vergleichsweise hohen Stickoxid-Ausstoßes bei Umweltschützern in Verruf geratene Selbstzünder-Antrieb profitiert von den niedrigen Spritpreisen. Und die Verkäufe von E- und Hybridfahrzeugen legen zwar zu, sind aber noch meilenweit von den politischen Zielen entfernt.

Die Zahlen zu den Neuzulassungen 2015, die das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Mittwoch veröffentlichte, sprechen eine deutliche Sprache. Im abgelaufenen Jahr kamen demnach gerade einmal 12.363 reine Elektroautos in der Bundesrepublik zusätzlich auf die Straße - verglichen mit einer Gesamtzahl von etwa 3,2 Millionen Personenwagen.

Der aus den Flensburger Daten errechnete Anteil der vollelektrischen Flotte vor knapp 0,4 Prozent wirft erneut die Frage auf, wie die von der Bundesregierung angepeilten eine Million Elektro- und Hybdridautos bis zum Jahr 2020 geschafft werden sollen. Betrachtet man Hybride, die Elektromotor und Verbrenner kombinieren, weist die Statistik immerhin 33.630 neu zugelassene Ökomobile für das vorige Jahr aus. Das ergäbe einen Flottenanteil von rund 1 Prozent. 2014 waren 8.522 Elektro- und 27.435 Hybridmodelle auf die Straße gekommen.

Warum die Technik solche Startschwierigkeiten hat, ist eigentlich seit langem bekannt. «Wo immer ich über Elektroautos spreche, beginnt eine Reichweiten-Debatte», sagt der Präsident des Automobilclubs von Deutschland (AvD), Ludwig Fürst zu Löwenstein. Neben den noch hohen Anschaffungspreisen und dem löchrigen Netz an Ladepunkten gilt der kleine Aktionsradius zumindest günstigerer E-Modelle als Hemmschuh. Dabei machten sich viele nicht bewusst, dass sie täglich gar nicht so lange Strecken fahren: «Im Schnitt sind es weniger als 40 Kilometer.»

Doch die Deutschen gehen lieber auf Nummer sicher, solange es keine flächendeckende Ladeinfrastruktur gibt. Wenn schon ein E-Auto, dann bitte ein Motor, der gleichzeitig noch mit Benzin angetrieben wird. Ein Grund, warum viele Hersteller ihre Kunden häppchenweise an den neuen Motor gewöhnen - und erst einmal ihr Hybrid-Angebot ausbauen.

Der im VW-Skandal um gefälschte Abgaswerte von manchem schon dem Untergang geweihte Diesel ist hingegen nicht tot zu kriegen. Fast jeder zweite (48 Prozent) neu zugelassene Wagen in Deutschland fuhr 2015 mit Dieselkraftstoff. Das dürfte auch am Billigsprit liegen, der den klassischen Antrieb durch das langjährige Ölpreis-Tief günstig hielt. Ist es da also mehr als nur schöne Symbolik, wenn einzelne Anbieter wie VW ausgefallene E-Modelle - wie den auf der Technikmesse CES in Las Vegas vorgestellten «BUDD-e» - ins Rennen schicken?

Laut dem Duisburger Car-Institut hat auch die gegenüber Benzin um 18,4 Cent niedrigere Besteuerung pro Liter einen «regelrechten Diesel-Boom ausgelöst». Die Politik verpasse die Chance, das vom intern zerstrittenen Ölkartell Opec begünstigte Diesel-Preistief für eine Reform der Besteuerung zu nutzen. «Diesel-Pkw emittieren im Fahrbetrieb in der Stadt bis zu fünfmal mehr schädliche Stickoxide als in den Verkaufsprospekten der Autobauer genannt», kritisiert Institutschef Ferdinand Dudenhöffer. Greife die Politik nicht ein, werde die bereits hohe Schadstoffbelastung noch weiter ansteigen.

Eine Zwickmühle - denn die Autobauer brauchen den Diesel zugleich, um CO2-Vorgaben zu erfüllen. In Westeuropa ist jeder zweite Neuwagen ein Diesel, die Hälfte stammt aus deutschen Werken. «Müssten wir auf Diesel komplett verzichten, müssten wir etwa acht bis zehn Gramm CO2 zusätzlich kompensieren», rechnete Daimlers Technikchef Thomas Weber jüngst vor. Auch deshalb feile man an noch sparsameren Technologien.

So «klimafreundlich» der Diesel bei vergleichbaren Motorleistungen gegenüber dem Benziner auch sein mag: Langfristig führe an der E-Mobilität kein Weg vorbei, betonte Greenpeace zum UN-Umweltgipfel in Paris: «Wir müssen weg von Öl-befeuertem Individualverkehr und hin zu einer postfossilen Mobilität.» Mehr Anstrengungen seien nötig, mahnte auch die Ratingagentur Moody's: «Strengere Emissionsstandards könnten die Art der Flotten ändern. Das wirkt auf die Ertragskraft, nachdem Europas Hersteller ihr Angebot für Kompaktwagen und kompakte SUVs in den vergangenen Jahren bereits entwickelt haben.»

Die Umweltminister der Länder wollen Elektroauto-Subventionen in Form «spürbarer finanzieller Anreize» - Wasser auf die Mühlen der Autolobby, die sich für Steuererleichterungen für Firmenflotten ausspricht. 2015 durchgesetzte Privilegien etwa beim Parken und auf Busspuren reichen ihnen nicht. Das Versprechen weitergehender Förderung hat Kanzlerin Angela Merkel bislang nicht eingelöst. Der Chef des Autoverbands VDA, Matthias Wissmann, warnte daher vor dem Jahreswechsel: «Wenn die Politik ihre CO2-Ziele ernst nimmt, muss sie den Hochlauf der alternativen Antriebe auch nachhaltig unterstützen.»
dpa
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