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29.04.2017 | 06:31

Öl-Pipeline quer durch die Alpen

Triest - Die Alpen sind kein Hindernis für das «schwarze Gold». Nur wenige Tage dauert die Reise des Rohöls vom italienischen Triest zu acht Raffinerien wie der in Ingolstadt.

Öl-Pipeline
Deutschlands Wirtschaft brauchte für ihr Wachstum viel Öl, Bayern wollte moderner werden: Vor 50 Jahren wurde in nur 1.000 Tagen eine Öl-Pipeline über die Alpen gebaut - mit Hilfe von Schweißern aus Indien, die als Helden des Projekts galten. (c) iofoto - fotolia.com
Auf der 450 Kilometer langen Strecke jagen Pumpen den Rohstoff fast bis auf 1.600 Meter Höhe, werden mehr als 30 Flüsse überquert, verläuft die Trasse über Dutzende Kilometer in massivem Fels.

Der Bau der Transalpinen Ölleitung (TAL) vor 50 Jahren war ein gigantisches Projekt, dem auch eine wichtige politische Funktion zukam. «Die Pipeline trug dazu bei, Europa zu gestalten», sagt TAL-Chef Alessio Lilli. Deutschland sehnte sich nach einer sicheren Versorgung, und speziell Bayern wollte sich auch dank dieses Projekts vom Agrar- zum Industrieland wandeln.

Die - mit späteren Abzweigungen - 753 Kilometer lange TAL ist heute noch eine der Hauptschlagadern für Energie. Ganz Süddeutschland hängt an diesem Tropf aus anfangs 40.000 Rohren, mehr als ein Drittel des Rohölbedarfs der Bundesrepublik kommt aus der einen Meter starken Pipeline, durch die im vergangenen Jahr die Rekordmenge von 41,4 Millionen Tonnen Rohöl geflossen ist. Die TAL deckt zudem 90 Prozent des Bedarfs Österreichs und 40 Prozent des Ölhungers von Tschechien ab. Für diese Menge wären sonst 10.000 Lastwagen nötig - pro Tag.

Der Transport ist dabei Feinarbeit. 16 verschiedene Öl-Lieferungen mit mehr als 20 Sorten sind an diesem Tag in der Leitung. Die Monitore im Kontrollzentrum in Triest verfolgen den Fluss genau. Öl ist nicht gleich Öl. Das eine ist fast so leicht wie Alkohol, das andere so zähflüssig wie Pech.

«Die Zahl der angelieferten Ölsorten steigt», sagt Lilli. 2016 waren es 67 Sorten aus aller Welt. Um das Fließen geschmeidiger zu machen, weiß man sich zu helfen. «Ein Zusatz verringert die Reibung zwischen Öl und Rohr», erklärt Lilli.

Als im April 1967 ein Tanker das erste Öl in die Adria-Stadt Triest brachte, war damit das Projekt in spektakulärem Tempo vollendet. «Ein Schlüsselfaktor, dass das Projekt in 1.000 Tagen durchgezogen werden konnte, war die politische Entschlossenheit», meint Lilli. Ein Aufbau-Wille, von dem offenbar auch viele Grundbesitzer beseelt waren. Denn 5.500 von ihnen mussten in Italien, Österreich und Deutschland zustimmen.

Damals gehörten zu den unumstrittenen Helden die Arbeiter aus Asien. «Die Schweißer, die aus der ganzen Welt, aus Pakistan und Indien kamen, waren auf der Baustelle eine Legende, sie waren die Kaiser», erinnert sich ein ehemaliger TAL-Mitarbeiter in einer Festbroschüre. «Die hatten einen eigenen Helfer, der ihnen die Handschuhe übergezogen hat. Sie haben damals am meisten verdient.»

Zu den Gesellschaftern der TAL zählen heute die Energiekonzerne Shell, ExxonMobil, BP, Total und OMV. Auch vor gut 50 Jahren waren die namhaften Firmen der Branche unter den Partnern, die - unterstützt von 83 Banken - die Summe von 192 Millionen Dollar aufbrachten. Das entsprach damals 800 Millionen D-Mark. Gebaut wurde die TAL vom US-Konzern Bechtel, mit rund 55.000 Mitarbeitern und 33 Milliarden Dollar Umsatz immer noch einer der großen Spieler.

Auch wenn in der öffentlichen Diskussion die alternativen Energien im Mittelpunkt stehen, bleibt die Abhängigkeit vom Erdöl in Deutschland hoch. Öl ist mit 34 Prozent vor Erdgas (23 Prozent) die wichtigste Energiequelle, wie aus dem Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hervorgeht. Neben der TAL gehört die Pipeline der «Freundschaft» («Druschba») mit Öl aus Russland zu den zentralen Versorgungslinien.

«Die Dominanz von russischem Rohöl hat sich verfestigt», sagt Rainer Wiek von der Fachzeitschrift «Energie Informationsdienst». Das Reich Wladimir Putins ist größter Einzellieferant für den deutschen Markt. Insgesamt beziehe Deutschland Öl aus fast 40 Lieferländern. «Es besteht ein sehr ausgewogenes Versorgungssystem», erklärt Wiek.

Im Ölhafen von Triest herrscht Hochbetrieb. 500 Tanker wurden hier 2016 gelöscht - mit Öl unter anderem aus Kasachstan, Aserbaidschan, Ländern Afrikas und des Nahen Ostens. Ihr Öl fließt zunächst in die 32 riesigen Tanklager. Die Pipeline selbst wird mit «Molchen» - Geräten zum Reinigen und Checken der Stahlwände - genau analysiert.

Einmal pro Woche überfliegt ein Helikopter die flacheren Streckenabschnitte, um etwaigen Baubedarf frühzeitig zu erkennen. «Der Bagger ist unser größter Feind», meint Lilli.
dpa
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