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14.03.2016 | 07:39 | Atompolitik nach 2011 

Verhandlungen zu Atom-Klagen der Konzerne stehen an

Karlsruhe - Fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima pochen die Energiekonzerne vor dem Bundesverfassungsgericht auf Schadensersatz für den deutschen Atomausstieg.

Atomausstieg
Bis heute leiden die Energiekonzerne unter der Kehrtwende in der Atompolitik. Vor dem Verfassungsgericht wollen sie Schadensersatz durchsetzen. Dabei ist unklar, ob es jemals ein Urteil gibt. (c) proplanta
Zwei Tage lang verhandeln die Karlsruher Richter in der kommenden Woche (15./16. März) über Verfassungsklagen von Eon, RWE und Vattenfall.

Aus Sicht der Unternehmen kommt die Kehrtwende der Bundesregierung in der Atompolitik einer Enteignung ohne Entschädigung gleich. Unter dem Eindruck der Ereignisse in Japan hatte die schwarz-gelbe Koalition 2011 die Laufzeitverlängerung aus dem Vorjahr rückgängig gemacht. Im Atomgesetz schrieben Union und FDP den Konzernen vor, bis zu welchen Terminen sie ihre 17 Meiler bis spätestens 2022 vom Netz nehmen müssen. (Az. 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12 und 1 BvR 1456/12)

Sollte der erste Senat unter Vize-Gerichtspräsident Ferdinand Kirchhof zu dem Schluss kommen, dass dadurch Grundrechte verletzt wurden, könnten die Unternehmen auf Schadensersatz in Milliardenhöhe klagen. Bis zu einem Urteil dürften allerdings Monate vergehen.

Parallel verhandeln die Konzerne mit der Bundesregierung über die Verteilung der gewaltigen Kosten und Risiken beim Abriss der Kraftwerke und der Entsorgung des Atommülls. Für ein Entgegenkommen verlangt Berlin von den Betreibern die Rücknahme aller Klagen.

Die Grünen werfen den Unternehmen deshalb vor, ihre Verfassungsbeschwerden vor allem als Druckmittel einzusetzen. Die Energiekonzerne haben stets den Standpunkt vertreten, dass sie schon im Interesse ihrer Aktionäre vor Gericht ziehen mussten. Wie viel Schadensersatz sie haben wollen, sagen RWE und Eon bisher nicht.

Gegen den Atomausstieg laufen bundesweit um die zwei Dutzend weitere Klagen, die sich gegen das Moratorium unmittelbar nach dem GAU in Fukushima richten. Zur «Gefahrenabwehr» wurden acht vorwiegend ältere Blöcke damals für drei Monate stillgelegt und auch später nicht mehr in Betrieb genommen. Im Fall von Biblis A und B (RWE) erklärte Hessens Verwaltungsgerichtshof dies später für rechtswidrig, das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung. Was Schadensersatzansprüche der Unternehmen angeht, zeigten sich die Gerichte in den ersten Verfahren aber eher zurückhaltend.

Vattenfall klagt wegen der Stilllegung der schleswig-holsteinischen Kraftwerke Krümmel und Brunsbüttel außerdem vor einem Schiedsgericht in den USA auf 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz. Dort soll im Herbst 2016 verhandelt werden. Ob der schwedische Staatskonzern in Deutschland überhaupt Verfassungsklage erheben kann, ist umstritten.

Die beiden größten deutschen Versorger Eon und RWE tragen schwer an der Energiewende. Die Aktienkurse sind im Keller, die Konzerne haben Probleme, sich frisches Geld zu beschaffen. Zugleich müssen sie in ihren Bilanzen immer mehr Geld für Rückstellungen beiseite legen. Eon-Chef Johannes Teyssen musste in der vergangenen Woche für 2015 einen Rekordverlust von sieben Milliarden Euro bekanntgeben. Auch RWE schreibt erneut rote Zahlen.

Im japanischen Atomkraftwerk Fukushima war es am 11. März 2011 nach einem Erdbeben und einem Tsunami zu Kernschmelzen gekommen. Insgesamt forderte die Naturkatastrophe fast 19.000 Todesopfer.
dpa
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