An den Küsten wird massenhaft Windstrom produziert. Doch beim Transport in die Industriezentren im Süden und Südwesten hapert es. Die Lösung sind die gigantischen Stromautobahnen Südlink und Südostlink.
Sie sollen bis 2025 fertig sein. Die Betreiberfirmen haben jetzt konkretere Vorschläge gemacht, wo die Trassen - meist unterirdisch - durch Deutschland verlaufen sollen.
Warum sind die Stromautobahnen so wichtig?Nach der Atomkatastrophe von Fukushima leitete Deutschland den Atomausstieg ein. Der Ökostromanteil von heute gut einem Drittel soll auf 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 steigen. Bis 2022 wird das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet sein. Damit in Bayern und Baden-Württemberg nicht die Lichter ausgehen, muss der an Nord- und Ostsee erzeugte Windstrom in den Süden fließen. Aktuell sind die Netze dafür nicht stark genug. Außerdem sollen die Supertrassen den Stromhandel mit Skandinavien und Osteuropa verstärken.
Wie sieht der Zeitplan aus?Die Anträge reichen die Netzbetreiber jetzt bei der Bundesnetzagentur ein, die dann «sorgfältig» prüfen wird, wie die Behörde mitteilt. Noch dieses Jahr sollen alle Antragskonferenzen stattfinden, auf denen Bürger, Kommunen und Verbände ihre Bedenken äußern können. Schon jetzt gibt es über 9.000 Hinweise zu den Supertrassen. Das Planfeststellungsverfahren soll rund drei Jahre dauern, mit einer Genehmigung rechnen die Betreiber für 2021. Dann wird gebaut - und ab 2025 soll Strom fließen.
Ist das realistisch?Naja - der Zeitplan sieht keine Verzögerungen etwa wegen logistischer Probleme oder juristischer Auseinandersetzungen vor. Gleichzeitig sieht der Vorstandschef des Netzbetreibers Transnet BW, Werner Götz, aber die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger Klagen zumindest erwägen, bei «faktisch 100 Prozent». 2025 sei optimistisch.
Welche Kriterien entscheiden über den Trassenverlauf?Es gibt 50. Menschen, Tiere und Pflanzen sollen möglichst wenig beeinträchtigt werden, etwa, indem man nicht in Schutzgebieten oder Mooren buddelt. Als Beispiel nennt Götz «Goldhamster», er meint den heimischen Feldhamster: Die Art sei geschützt und könne nicht umgesiedelt werden, «das ist ein Ausschlusskriterium.» Es soll aber auch nicht unnötig teuer werden, also soll der Verlauf möglichst nah an der «Ideallinie» bleiben und möglichst wenig Hindernisse wie Straßen und Flüsse queren.
Warum sollen die Stromautobahnen überhaupt vergraben werden?Das war der politische Preis, den der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (
SPD) und Kanzlerin Angela Merkel (
CDU) bezahlen mussten, um sich mit CSU-Chef Horst
Seehofer zu einigen. Bayerns Ministerpräsident hatte die großen Nord-Süd-Trassen lange Zeit blockiert, der Kampfbegriff damals hieß «Monstertrassen».
Ausnahmen sind übrigens erlaubt. Westlich von Magdeburg im Landkreis Börde könnte es 50Hertz-Chef Boris Schucht zufolge eine Freileitung geben, weil das «technisch extrem viel Sinn macht» und der Kreis das so wolle. Vereinzelte Ausnahmen könne es auch bei Mooren oder Flusskreuzungen geben.
Aber Erdkabel sind doch viel teurer als Strommasten?Das stimmt. Alleine die Kosten für Südlink steigen nach Schätzungen der Betreiber ungefähr von drei auf zehn Milliarden Euro. Bei Südostlink sieht es ähnlich aus. Das werden auch die Verbraucher zu spüren bekommen - über die Netzentgelte, sprich die Stromrechnung.
Nach früheren Berechnungen der Bundesregierung werden für die Erdkabel Zusatzkosten von wenigen Euro pro Monat fällig. Doch die Belastungen für die Verbraucher läppern sich, weil auch die Umlage zur Ökostromförderung (EEG) steigt.
Sind die Erdkabel-Trassen dann unsichtbar?Nein. Meist reicht es nicht, einfach nur Kabel zu vergraben. Gebraucht werden 25 bis 40 Meter breite Korridore. Diese Schneisen könnten Tiere irritieren, warnen Naturschützer. Außerdem müssten alle paar hundert Meter «Muffenhäuschen» zur Wartung gebaut werden.
Gibt es sonst noch Bedenken gegen Erdkabel?Ja, vor allem bei den Bauern. Erstens wird Erdboden ausgehoben, zweitens geben die Kabel unterirdisch Energie ab, wärmen also den Boden. Aber kaum, sagt Manager Götz von Transnet BW: Das sei, als grabe man in 1,80 Metern Tiefe eine Glühbirne ein, die da vor sich hin leuchte und 60 Watt Energie abgebe. Zudem werde man darauf achten, die Bodenschichten in der richtigen Reihenfolge zu belassen, verspricht 50Hertz-Chef Schucht.