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04.03.2023 | 05:22 | Energiepolitik 

Weitere LNG-Pläne des Wirtschaftsministeriums

Berlin - Beim Bau und der Anmietung von Terminals zum Flüssigerdgas-Import kalkuliert das Wirtschaftsministerium aus Sicherheitsgründen deutlich mehr Kapazitäten als wohl benötigt ein.

Gasversorgung
Flüssigerdgas aus aller Welt soll russisches Gas aus der Pipeline ersetzen helfen. Dazu braucht es neue Importterminals an den deutschen Küsten. Das Wirtschaftsministerium erklärt, wie es dabei plant - und steckt Kritik ein. (c) Michael Shake - fotolia.com
Das geht aus einem Bericht des Ministeriums an den Haushaltsausschuss im Bundestag hervor, der am Freitag veröffentlicht wurde. Mit den bisher vorhandenen Terminals und den geplanten Projekten geht das Ministerium von einem Sicherheitspuffer von jährlich mehr als 30 Milliarden Kubikmetern ab 2027 aus. Kritiker sehen das nicht als Beitrag zur Sicherheit der deutschen Energieversorgung, sondern sprechen von Überkapazitäten.

Flüssigerdgas, nach der englischen Bezeichnung abgekürzt als LNG, wird tiefgekühlt, flüssig per Schiff transportiert, angelandet, erwärmt, in den gasförmigen Zustand verwandelt und in die Netze eingegeben.

Bei der Berechnung des zu erwartenden Gasbedarfs kalkuliert das Ministerium vorsichtig. Man geht im angenommenen Szenario zum Beispiel davon aus, dass Tschechien, die Slowakei, Österreich, die Ukraine und Moldau wegen des Wegfalls russischer Gaslieferungen zunehmend auf LNG-Importe über Deutschland angewiesen sind.

Einbezogen werden auch Anstiege im Gasverbrauch bei niedrigen Temperaturen und Pausen für die Wartung der Infrastruktur. Außerdem will sich das Ministerium gegen einen möglichen Ausfall der wichtigen norwegischen Gaspipeline durch technische Probleme oder Sabotage wappnen. «Wir preisen Risiken ein, planen zur Vorsorge mit Sicherheitspuffern, schaffen Flexibilität und handeln in europäischer Solidarität», erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Die Deutsche Umwelthilfe sprach von «überdimensionierten Planungen» und fürchtet negative Folgen für den Klimaschutz durch einen höheren Gasverbrauch. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner erklärte, es sei mit «allerhand hypothetischen Horrorszenarien» gearbeitet worden. «Gegen jede haushaltspolitische Vorsicht und wissenschaftliche Empfehlungen führender Institute werden damit Milliarden an Steuergeld in überdimensionierte LNG-Infrastruktur investiert, die für unsere Energiesicherheit unnötig ist.»

Auch der Linken-Abgeordnete Victor Perli beklagte: «Auch die aktuelle LNG-Planung bleibt vor lauter Puffern überdimensioniert.» Es gehe darum, die deutsche Gasindustrie in Konkurrenz zum bereits bestehenden großen Terminal-Angebot in Europa zu stärken.

Das Wirtschaftsministerium argumentiert hingegen, falls schwimmende Terminals nicht für den Import benötigt würden, könnten sie als Transportschiffe vermietet werden. Terminals an Land würden so gebaut, dass sie später für die Einfuhr von klimafreundlichem Wasserstoff oder Ammoniak genutzt werden könnten.

«Die in Deutschland geschaffene LNG-Importinfrastruktur bietet lediglich die Option zur Einfuhr von LNG, sofern der Bedarf besteht», heißt es in dem Papier des Ministeriums. «Sie ist nicht gleichzusetzen mit tatsächlichen, physischen Importen und Verbräuchen in der Größenordnung der verfügbaren Regasifizierungskapazität.» Wegen der Versorgungssicherheit werde das Risiko einer Unterauslastung eingegangen. Außerdem seien für den Klimaschutz alle Bestrebungen auf die Senkung des Verbrauchs fossiler Energien ausgerichtet.

Der Bund hat fünf schwimmende Terminals gechartert: Eines ist seit Jahresbeginn in Wilhelmshaven in Betrieb. In Brunsbüttel an der Elbmündung kam vor kurzem eine erste Lieferung an. Drei weitere schwimmende Terminals sollen bis zum Winter in Wilhelmshaven, in Stade bei Hamburg sowie im vorpommerschen Lubmin dazu kommen.

Bis 2025 sollen nach aktueller Planung alle fünf vom Bund betriebenen Terminals in Betrieb sein und laut Ministerium bis zu 27 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr umschlagen können. Die Kapazität eines privat betriebenen Terminals in Lubmin soll bis zum kommenden Jahr auf etwa 10 Milliarden Kubikmeter aufgestockt werden. 2026 und 2027 sollen drei weitere feste Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven in Betrieb gehen.

Wenn alles läuft wie geplant, stiege die LNG-Importkapazität bis 2027 auf etwa 54 Milliarden Kubikmeter im Jahr, wobei noch endgültige Investitionsentscheidungen fehlen. Zum Vergleich: Die russisch-deutsche Pipeline Nord Stream 1 hatte eine Kapazität von jährlich etwa 55 Milliarden Kubikmeter. Das Ministerium plant für 2022 bis 2038 mit Kosten für den LNG-Import von rund 9,8 Milliarden Euro.
dpa
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