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13.12.2016 | 15:37 | Grüne Berufe 

Der internationale, digitalisierte Acker: Wie sich der Landwirtschaftsberuf verändert

Stuttgart - Natürlich, auch in Zeiten von satellitengesteuerten Traktoren, digitalisierten Melkmaschinen und computerisierter Vertriebswege ist der Beruf des Landwirts in all seinen Facetten immer noch genauso von der Vegetationsperiode und dem Wetter abhängig, wie in allen Jahrhunderten seit Beginn des Ackerbaus.

Deutz D5506
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Ein alter Deutz D5506 – außer Schleppen konnte dieser Traktor nicht viel. Und genau deshalb hat er mit seinen heutigen Nachkommen auch nicht mehr viel zu tun: Bei denen geht ohne Satellit nämlich nichts mehr. (c) schrempf2 - fotolia.com
Doch spurlos geht die neue Zeit eben nicht an den Bauern vorbei – und das hat vor allem Auswirkungen auf den Endverbraucher. Doch auch auf den Beruf selbst. Wie Globalisierung und Digitalisierung die Landwirtschaft von der Aussaat bis zum Konsum verändern, zeigt der folgende Artikel.

1. Das Wetter

Kaum ein Kind, das nicht in der Grundschule das alte Lied „Hejo, spann den Wagen an“ lernte. Und warum sollte der Wagen angespannt werden? Weil der Wind überraschend Regen übers Land trieb und das Korn eingeholt werden musste, damit es nicht verdarb. Heute sind solche Überraschungen samt und sonders passé, denn für jeden Landwirt beginnt der Tag meistens damit, dass er erst einmal einen Blick in den Wetterbericht am Computer wirft. Eine gute Handvoll Homepages hat sich auf Agrarwetter spezialisiert. Deren Berichte unterscheiden sich zwar nicht wesentlich vom klassischen Wetterbericht, doch es wird mehr auf Sonnenscheindauer, Wolkendichte und Regen eingegangen.
 
AgrarwetterBild vergrößern
Generell ermöglicht Digitalisierung genauere Wettervorhersagen. Doch gerade für die Landwirtschaft spielt das eine besonders große Rolle – weil so besser geplant werden kann. (c) Patrick J. - fotolia.com
2. Krankheiten

Was für ein Käfer sitzt denn da auf dem Blatt? Warum lässt der Mais die Blätter hängen? Um solche Fragen zu beantworten, mussten Bauern früher entweder Kollegenrat einholen, oder Bücher wälzen. Heute gibt es dafür mittlerweile sogar Apps. Darin findet der Landwirt anhand der Pflanze und des Schadensbildes nicht nur Krankheiten, Pilze und Schädlinge, sondern auch Möglichkeiten der Behandlung.

3. Internationalität

In früheren Zeiten war der Verkauf von bäuerlichen Waren von einer sehr begrenzten Verbreitung geprägt. Was irgendwo produziert wurde, landete bestenfalls 100 Kilometer entfernt auf dem Tisch des Verbrauchers. Heute hat sich das in ein dreigliedriges System aufgespalten:

Vor allem auf letzteres hatte die Digitalisierung große Auswirkungen. Pistazien aus dem Iran, Datteln aus Tunesien, Orangen aus Sizilien kannte man hier schon vor hunderten Jahren – sie zu bekommen war die Schwierigkeit. Heute reicht für den Kunden ein Mausklick und er bekommt den Ertrag sämtlicher spanischer Rebsorten ebenso direkt vor die Haustür geliefert wie Steaks aus Japan oder  Chakalaka-Soße aus Südafrika – wer das noch vor wenigen Jahren wollte, kam nur in exklusiven Restaurants oder dünn gesäten Feinkostläden auf seinen Geschmack.

4. Einteilungen

Knechte und Helfer bekamen einst ihre Arbeitsanweisungen für den Tag am frühen Morgen – wenn sie nicht sowieso aufgrund der Arbeitsroutine von selbst wussten, was zu tun war. Doch in einer Zeit, in der der Chef auch in anderen Berufen gern mal per SMS und WhatsApp kommuniziert, machen diese Wege natürlich auch vor der Landwirtschaft nicht Halt – abgesehen davon, dass das Handy sowieso auch ein guter Zeitvertreib ist, wenn etwa der Mähdrescher satellitengesteuert über das Feld fährt.

5. Fahrzeugsteuerungen

Noch im Frühjahr 2016 betitelte der Bayerische Rundfunk einen Beitrag futuristisch mit „Der Satellitenbauer“. Bloß: Was der Sender da zeigte, ist für viele Bauern in ganz Deutschland längst schon Realität:

  • Pflügen
  • Eggen
  • Aussähen
  • Kontrollieren
  • Ernten

Das alles erfolgt heute aus der unbestechlichen Sicherheit der Satellitensteuerung heraus. Damit wird es möglich, Traktoren und Geräte bis auf wenige Zentimeter genau zu steuern. Das ist alleine schon deshalb wichtig, weil es hilft, Schäden zu vermeiden. Gleichzeitig ermöglicht die Lenkung von oben aber auch noch mehr. Beispielsweise die Berechnung einer perfekten Fahrspur und die automatische Lenkung dorthin – mit zur Bodenlage und Gerät passender Geschwindigkeit. Der Traktor fährt also immer im optimalen Leistungsbereich und das so schnell wie möglich. Das spart Zeit und Betriebsstoffe.
 

SatellitensteuerungBild vergrößern
Ob Schlepper oder Mähdrescher: Ohne Multifunktionsdisplay mit Satellitenverbindung sowie genauester Überwachung der Pflanzen geht heute nichts mehr. Das senkt Verbräuche und steigert gleichermaßen die Erträge. (c) A - fotolia.com
6. Düngen

Natürlich spielt die Digitalisierung auch beim Düngen eine gewichtige Rolle. Denn so, wie man zu wenig düngen kann, ist es eben auch möglich, zu überdüngen – mit weitreichenden Folgen. Und weil auch Dünger als Verbrauchsmaterial Geld kostet, liegt es im Interesse des Bauern, diesen optimal einzusetzen nach der Devise „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Auch hier spielen die Satelliten wieder mit, denn sie steuern die Geräte, die hinten am Traktor hängen. Sie werfen nur so viel ab, wie für den Wachstumsstand der Pflanze nötig ist, stoppen, wenn gewendet wird und geben automatisch Alarm, wenn der Vorrat zur Neige geht.

7. Melken Die Zeiten, in denen sich der Bauer oder wenigstens sein Melker in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett quälen mussten, um die Kühe von ihrem quälend dicken Euter zu erlösen, sind ebenfalls vorbei. Melkmaschinen gibt es zwar schon länger, die Zukunft gehört aber dem Melkroboter. Der arbeitet völlig automatisch:  
  • In einer Box wird Futter bereitgestellt
  • Das lockt die einzelne Kuh hinein
  • Der Automat setzt die Melkbecher automatisch an die Zitzen.
  • Das Absaugen beginnt
Bis zu 65 Kühe können so pro Tag autonom gemolken werden. Allerdings: Bis es soweit ist, müssen die Tiere oft per Hand in die Box getrieben werden oder dem Roboter beim Ansetzen geholfen werden – hier setzt die Natur in Form der Kuh der Technik noch ihre Grenzen. Aber: Dafür reinigt der Melkroboter nicht nur das Euter, sondern misst auch einige dutzend Daten der Milch. Das wiederum hilft, die Tiere gesund zu halten und reduziert die Notwendigkeit der medizinischen Behandlung der Tiere.
 
MelkroboterBild vergrößern
Laser, Ultraschall oder Wärmebildkameras vermessen das Euter und sagen dem Melkroboter so milimetergenau, wo er die Melkbecher ansetzen muss. Das „Abzapfen“ wird stressfreier für die Tiere und auch für ihren Besitzer – obgleich die Geräte über 100.000 Euro kosten. (c) gaisburger - fotolia.com
8. Unkrautbekämpfung

Ein immer wieder laut werdender Kritikpunkt moderner Landwirtschaft ist die Verwendung von zu vielen Pestiziden. Doch auch damit wird auf dem digitalisierten Acker bald Schluss sein. Geht es nach Elektronik-Gigant Bosch, übernimmt bald sein „BoniRob“ unter anderem das Entfernen von Unkraut – nach alter Väter Sitte ganz mechanisch. Der kleine Roboter fährt dazu – natürlich satellitengesteuert – die Pflanzenreihen ab und erkennt selbstständig, wo etwas wächst, das dort nicht hingehört. Mittels eines Bolzens wird dieses Unkraut nun ganz einfach in die Erde gedrückt. Doch nicht nur das: Der Roboter nutzt seine Sensorpakete auch dazu, um dem Bauern genauere Rückschlüsse über die Entwicklung der Pflanzen zu geben und so den Wachstumsverlauf zu beobachten und den Ertrag zu maximieren.

Fazit

In vielen Branchen geht die Angst vor der Digitalisierung und der Internationalisierung um, die Jobs wegnehmen. In der Landwirtschaft geht man jedoch den umgekehrten Weg: Hier hilft die Internationalisierung, seine Produkte einem wesentlich größeren Markt offerieren zu können. Und die Digitalisierung sorgt dafür, dass ein Betrieb nicht nur kostenoptimierter arbeiten kann, sondern dass auch die vielkritisierten Dünger und Pestizide auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. In Zahlen: 1950 ernährte ein Landwirt bloß zehn Menschen – heute spricht der Bauernverband von über 131. Und angesichts des weiterhin ungebremsten Bevölkerungswachstums wird diese Tendenz auch sicher nicht abnehmen. Es muss also sogar im Stall und auf dem Acker noch mehr piepsen, blinken und surren.
Pd
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