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30.01.2010 | 19:07 | Promotionskollegs  

Promotion heute: Hohenheimer Rektor plädiert für Kooperation zwischen den Hochschularten

Stuttgart/Hohenheim - Kooperative Promotionskollegs zwischen Fachhochschulen und Universitäten - dafür sprach sich Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Peter Liebig aus.

Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Peter Liebig
(c) proplanta
Die Universität Hohenheim plane solche Kooperationen bereits für zwei Fakultäten. Rektoren und Dekane aus Kopenhagen, Heidelberg und Ulm sowie Wissenschaftsminister Dr. Peter Frankenberg waren die Redner des Kolloquiums „Das Wesen der Promotion“ im Balkonsaal der Universität Hohenheim am 25. Januar. Dabei kamen sowohl Befürworter als auch Gegner der Idee zu Wort, dass nicht nur Universitäten die Promotion verleihen dürfen.

Auch Absolventen, die nicht an einer Universität studiert hätten, solle die Promotion zugänglicher sein, so ein Fazit, dass Prof. Dr. Liebig zum Ende des Kolloquiums zog. Auf jeden Fall sei „für die Zukunft eine erneute Reflexion darüber notwendig, wem das Promotionsrecht zusteht“.

Konkret plädierte Prof. Dr. Liebig für kooperative Promotionskollegs zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Die Universität Hohenheim selbst plane Kollegs in den Bereichen Agrar- sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit den Fachhochschulen Nürtingen und Rottenburg aus der Hochschulregion.

Vorausgegangen war ein zweistündiges Kolloquium mit vier Rednern. „Was bringt junge Leute dazu, sich auf ein Stück Mittelalter einzulassen?“ war die provozierende Frage, mit der der moderierende Hohenheimer Prorektor für Lehre Prof. Dr. Martin Blum in den Kern des Kolloquiums zielte: Welchen Wert habe die Promotion noch im Zeitalter der Globalisierung.

Wissenschaftsminister Frankenberg stellte klar, dass eine Wissensgesellschaft mehr Doktoranden brauche. Der Dekan Prof. Dr. Per Holten-Andersen zeigte am Beispiel seiner Fakultät „Life Sciences“ der Universität Kopenhagen, wie Dänemark – dank deutlich höherem finanziellen Engagement des Landes - diesem Ziel schon wesentlich nähergekommen sei. Prof. Dr. Bernhard Eitel, der Rektor der Universität Heidelberg, verteidigte das exklusive Promotionsrecht der Universitäten. Der Rektor der Hochschule Ulm, Prof. Dr. Achim Bubenzer, forderte dagegen, dass mehr hochqualifizierten Fachhochschul-Absolventen die Promotion verliehen werden müsse.

 
Minister Frankenberg: „Wir brauchen höhere Promotionszahlen“

Mehr internationale Doktoranden, mehr strukturierte Angebote für Graduierte und diesen nach ihrem Abschluss auch mehr Verträge anbieten – diese Ziele brauche eine Wissensgesellschaft, betonte Minister Dr. Peter Frankenberg.

Die Dissertation gelte noch immer als erste eigenständige Leistung, die angehende Forscher weitgehend in wissenschaftlicher Unabhängigkeit ausführten. Es stelle sich für die Zukunft die Frage, ob die individuelle Promotion erhalten bleibe oder ob die Forscherinnen und Forscher zunehmend in Graduiertenkollegs eingebunden würden.

Die Vorteile von Kollegien waren für Dr. Frankenberg: Sie bänden die Promovierenden besser in die Forschungsthemen und Fakultäten ein, öffneten sie für nationale und internationale Zusammenhänge und förderten objektivere Auswahlverfahren.

Wichtig sei es auch, Promotionen von Frauen zu fördern, damit sich Beruf und „akademische Familie“ besser vereinbaren ließen. Doppelt so viele Frauen wie bisher sollten an ihrer Promotion arbeiten können. Auch seien Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Doktortiteln in Europa anzugleichen.

 
Dekan Holten-Andersen (Kopenhagen): „Dänemark ist weiter“

Dänemark als wissensbasierte Gesellschaft der Zukunft – für dieses Ziel nimmt das Land massiv Geld in die Hand. Der Dekan der Fakultät „Life Sciences“ der University of Kopenhagen, Prof. Dr. Per Holten-Andersen, stellte den dänischen PhD-Plan vor, mit dem das Land die Zahl der Promotionen in zehn Jahren verdoppeln will.

Dafür bekomme seine Fakultät jährlich ca. 30 Mio. Euro, mit denen es 550 Forscher mit je 50.000 Euro pro Jahr zu PhDs ausbilde. Die Ausbildung vollziehe sich nach einem exakten Plan. Er lege fest, wie viel Zeit die Promovierenden für Forschung, Lehre, aber auch für die Unterstützung durch einen Supervisor hätten.

Dabei sprächen sich Supervisor und Doktorand über das Budget und darüber ab, wie sich die Ausbildung entwickeln solle und welche Leistungen zu erbringen seien. Exakte Planung, halbjährliche Bewertung und ein früher Beginn der Abschlussarbeit stellten sicher, dass die gesamte akademische Ausbildung einschließlich Promotion nach acht Jahren abgeschlossen sei.

 
Rektor Eitel (Uni Heidelberg): „Nur Universitäten sollten promovieren dürfen“

Der Einrichtung Universität das exklusive Recht zu belassen, den Doktortitel zu verleihen – dafür warb der Rektor der Universität Heidelberg Prof. Dr. Bernhard Eitel. Keine Einrichtung wie die Universität stehe so stark für Unabhängigkeit, Nachhaltigkeit, Forschungsbezogenheit und fachliche Breite.

Der höchste akademische Grad sei getragen durch den Kreis der Forscher und Zeichen der Aufnahme in die wissenschaftliche Gemeinschaft. Denn die Promotion würde nur denjenigen verliehen, die gezeigt hätten, dass sie die wissenschaftlichen Methoden beherrschten, mit Wissen verantwortlich gegenüber Mensch, Gesellschaft und Umwelt umgehen könnten und somit Teil einer akademisch sozialisierten wissenschaftlichen Elite seien.

Die Promotion sei das Kernstück jeder Universität. Das unterscheide sie von allen anderen Einrichtungen. Ohne sie könne die Universität sich wissenschaftlich nicht regenerieren. Die Promotion sei zentraler Bestandteil der Identität der Universität. Auch kulturelle und politische Diskussionen fänden in der Universität statt. Deshalb bezeichne der Wissenschaftsrat sie mit Recht als „kulturelle Institution“.

Diese Besonderheit habe jede Universität auch bei globalisierter Konkurrenz zu verteidigen. Dabei werde der Wettbewerb zeigen, wer Universität bleibe oder werde, denn auch Universitäten könnten entstehen und vergehen.

 
Rektor Bubenzer (FH Ulm): „FH-Absolventen gehören zur Elite“

Der Rektor der Hochschule Ulm, Prof. Dr. Achim Bubenzer, sah die Universitäten in der Verantwortung: Von 2006-2008 promovierten in Baden-Württemberg lediglich 48 FH-Absolventen. Das sei weniger als eine Promotion pro Fachhochschule und Jahr.

Das liege nicht am Einsatz der FH-Absolventen oder den Rahmenbedingungen. Vielmehr liege es an mangelndem Engagement der Universitätsfakultäten und Lehrenden. Die jetzige Situation führe dazu, dass vermehrt hochqualifizierte FH-Absolventen aus Baden-Württemberg in die neuen Länder abwanderten. Dadurch entstehe volkswirtschaftlicher Schaden.

Denn die Fachhochschulen seien besonders mit Technologien befasst, die dem Klimawandel begegneten. Der Gesellschaft stünde nur ein begrenzter Pool an herausragenden Köpfen zur Verfügung: „Wir können uns nicht leisten, FH-Absolventen davon auszuschließen.“

Bestimmte Professoren und Einrichtungen mit hinreichender Qualifikation sollten das Recht haben, Promotionen abzunehmen. Außerdem plädierte Prof. Dr. Bubenzer für gemeinsame Promotionskollegs zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Das sei keine Forderung nach einem allgemeinen Promotionsrecht der Fachhochschulen.


200 Festgäste

Das Kolloquium mit rund 200 Gästen hatte sich Herr Prof. Dr. Liebig aus Anlass seines 65. Geburtstags gewünscht. Daher fand es feierlich mit musikalischer Umrahmung durch die Mezzosopranistin Eva Wenniges und die Pianistin Izumi Kawakatsu statt. (PD)
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