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20.01.2013 | 14:43 | Heilpflanzen-Steckbrief 

Holunder - Arzneipflanze mit mythischer Vergangenheit

Stuttgart/Hohenheim - Holunder ist in Europa, außer im hohen Norden, überall weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Hecken und Wäldern, an Bachufern und in vielen Gärten.

Schwarzer Holunder
Schwarzer Holunder Sambucus nigra (c) proplanta
Der prachtvolle Schwarze Holunder (Sambucus nigra L.) betört nicht nur durch seinen Duft, sondern schenkt im Herbst gesunde und vielseitig verwendbare Beeren.

Holunder wurde schon im Altertum als Heilpflanze geschätzt. Hippokrates und Plinius der Ältere beschrieben die Pflanze und ihre Wirkungen. Bei den Germanen galt Holunder als heiliger Baum, in dem die Schutzgöttin Holda und die guten Hausgeister wohnen. Er durfte daher möglichst nicht gefällt werden.

Vielleicht wegen dieser heidnischen Vergangenheit geriet Holunder mit der Christianisierung in Verruf und wurde zum "Baum des Teufels". Hildegard von Bingen hielt daher nicht viel von seiner Heilwirkung - eine Meinung, die andere Autoren wie Thomas von Aquin, Paracelsus, Leonhart Fuchs oder Sebastian Kneipp jedoch gar nicht teilten.

Holunderblüten werden gerne als Tee für Schwitzkuren bei Fieber und Erkältung eingesetzt. Die dunklen Beeren enthalten sehr viel Vitamin C. Beides findet daher sowohl in der Heilkunde als auch in der Küche vielseitige Verwendung.

Die Vielfalt der Rezepte mit Holunder ist riesig. Im Juni haben die Blüten Saison. Für Holunderblütensirup werden etwa 10-15 Dolden in voller Blüte auf 1 Liter Wasser angesetzt und 24 Stunden ziehen gelassen. Durch ein Sieb abseihen und mit 1 kg Zucker sowie ca. 2 g Zitronensäure aufkochen. Den Sirup noch heiß in saubere Flaschen füllen. Ein Spritzer Holunderblütensirup verfeinert jedes Mineralwasser. Mit Prosecco, Limette und Minze hat Holunderblütensirup auch als Zutat des erfrischenden Sommergetränkes "Hugo" Karriere gemacht.

Auch für Holunderblütensekt kursieren zahlreiche Rezeptvorschläge. Man kann zum Beispiel 10 Blütendolden auf 5 Liter Wasser, 100 ml Weinessig, 600 g Zucker und 1 in Scheiben geschnittene Zitrone in einem Topf ansetzen. Mit einem Tuch abdecken, nach 3-4 Tagen an der Sonne in Flaschen abfüllen und kühl stellen, um die "Explosionsgefahr" zu minimieren.

Holunderbeeren müssen immer heiß entsaftet werden. Der rohe Saft ist giftig und kann zu Übelkeit und Erbrechen führen. Aus dem Holundersaft wiederum lassen sich köstliche Gelees bereiten.

Auch für Holunderlikör wird der Saft verwendet. Man gibt 1 Liter Holundersaft und 750 g braunen Kandiszucker in einen Topf und erwärmt, bis sich der Zucker gelöst hat. Etwas abkühlen lassen und in den noch warmen Saft 1,5 Flaschen Korn und 1 Fläschchen Bittermandelöl gießen. Abfüllen und im Dunkeln noch mindestens 3 Monate ziehen lassen.

In Norddeutschland ist Fliederbeersuppe vor allem in der Erkältungszeit begehrt. Dazu werden die Beeren mit etwa gleich viel Wasser aufgekocht, ein halbe Stunde gegart und anschließend durch ein Sieb gegeben. Der heiße Saft wird mit Zitrone, Zimt und Zucker abgeschmeckt und dann mit etwas Stärke gebunden. Als Suppeneinlage sind Grießnockern oder leicht gesüßte Eischneeklöße beliebt.

Im Südwesten Deutschland serviert man gerne Hollerküchle aus den aromatischen Blüten des Holunders. Die Blütendolden werden in einen zähflüssigen Teig aus 2 Eiern, 2 EL Wasser, 1 EL Zucker und 4 EL Mehl mit 1 Msp. Backpulver sowie 3 EL Milch getaucht und in heißem Fett schwimmend ausgebacken. Köstlich mit Puderzucker bestäubt oder mit Vanillesoße.

Wichtigste Inhaltsstoffe
Blüten: Ätherische Öle, Tannine, Glykoside (Sambunigrin), Flavonoide
Blätter und Rinde: Blausäure abspaltendes Glykosid
Beeren: Viele Vitamine, v.a. Vitamin C, und Mineralstoffe.

Ernte
Die Holunderblüten werden von April bis Juni/Juli als ganze Dolden abgeschnitten, frisch verwendet oder getrocknet. Nach dem Trocknen leicht ausklopfen, um die Blüten von den Stilen abzuschütteln. Die Früchte reifen im August/September und werden frisch verwertet.

Heilwirkung
Ein Tee aus Holunderblüten wirkt schweißtreibend, regt die Harnausscheidung an, lindert Rheuma und wird als Heilmittel bei Erkältungen, Grippe und Husten geschätzt. Äußerlich angewandt helfen die getrockneten Blüten bei Furunkeln, Verbrennungen und Hämorrhoiden. Blätter und Rinde finden vergleichsweise wenig Verwendung. Die Früchte wirken abführend und können zudem bei Trigeminusschmerzen eingesetzt werden. Der hohe Vitamin C-Gehalt sorgt für eine Stärkung der Abwehrkräfte in der Erkältungszeit.

Anwendung
Holunderblüten-Tee bereitet man aus 2 gehäuften TL Blüten auf 1/4 l kochendem Wasser. 10 Minuten ziehen lassen. Als Schwitztee trinkt man davon 1/2 l sehr warm. Kurmäßig bei rheumatischen Beschwerden nimmt man 1mal täglich 1 Tasse über 3 Wochen zu sich. Zur äußerlichen Anwendung gießt man 5 g Blüten mit 100 ml kochendem Wasser auf und verwendet den Aufguss für Waschungen und Kompressen. Vom Saft nimmt man 1-2 TL oder EL zu sich, wobei er esslöffelweise abführend wirkt.

Gegenanzeigen und Warnhinweise
Blätter und Rinde des Holunders können gelegentlich Magen-Darm-Reizungen hervorrufen. Die rohen Früchte bzw. Saft daraus ist giftig, daher nur gekocht einnehmen.

Allgemeine Warnhinweise
1. Die hier vorgestellten Rezepte und Hinweise entbinden nicht davon, bei entsprechenden Beschwerden einen Arzt aufzusuchen.
2. Dies gilt insbesondere für akute Krisenfälle, in denen unverzüglich medizinischer Rat eingeholt werden muss, und für länger andauernde Beschwerden.
3. Vor einer Dauerbehandlung mit Heilpflanzen ist unbedingt fachkundige Beratung nötig.
4. Vorsicht bei Allergien - sprechen Sie im Zweifelsfall mit Ihrem Arzt.
5. Die vorgestellten Kräuterarten nicht im Übermaß verzehren. Halten Sie sich bei der Einnahme an die angegebene Dosierung.
6. Das Sammeln in freier Natur sollten Sie fachkundigen Personen überlassen. Wenn eine Pflanze nicht eindeutig identifizierbar ist, darf sie nicht als Heilpflanze oder Lebensmittel verwendet werden.
7. Kräuter aus der freien Natur können Verunreinigungen aufweisen. Im Zweifelsfall lieber in der Apotheke kaufen. (proplanta)

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