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14.09.2019 | 13:18 | Landfraueng 

Liebe, Landluft, Lebensträume - Was Frauen aufs Land zieht

Schwabhausen - Wenn man Walburga Loock auf ihr Leben als Landfrau anspricht, gerät sie ins Schwärmen: Ein «Riesenglück» sei das, eine «Riesenchance».

Frauen auf dem Land
Mit mehr als 6.700 ehrenamtlich Engagierten ist die Landfrauengruppe einer der größten Frauenverbände in Bayern. Ein Thema immer häufiger auch für Junge. Doch was macht das Leben als Landfrau aus, wo liegen Risiken und was kann man dagegen machen? (c) proplanta
Der Papa sitze immer mit am Tisch, sei Miterzieher. «Andere sehen ihren Vater nur am Wochenende», listet sie auf. Zudem sei die Arbeit auf dem Hof wie Sport: «Ich brauche nicht joggen gehen.» Kinder lernten von Klein auf die Natur kennen. «Das haben Sie nicht, wenn Sie im achten Stock aufwachsen.»

Die Kleinen wüssten, was es heißt, mit anzupacken. «Bauernkinder haben gelernt, dass man nicht auf die Uhr schaut. Die Arbeit wird fertiggemacht.» Und sie lernten das Leben in der Großfamilie: Elf Leute leben auf dem Hofgut Sickertshofen in Schwabhausen, drei Generationen. Die Loocks verdienen ihr Geld mit Bullen, Schweinen und Biogas. Hinzu kommen Events und Hochzeiten, für die man die idyllisch gelegene und liebevoll gestaltete, historische Anlage mieten kann.

Doch die 61-Jährige räumt auch ein: «Man muss sehr dafür arbeiten, dass sich alle verstehen. Auf vielen Höfen ist der Wurm drin.» Da sei Kommunikation ganz wichtig. Auch Landesbäuerin Anneliese Göller räumt ein, dass es beim Zusammenleben nicht überall gut laufe.

Loock stammt zwar aus einer Bauernfamilie, wollte aber eigentlich selbst nie in die Landwirtschaft. Doch als sie als Französisch- und Religionslehrerin gerade anfangen wollte, machte ihr die Liebe einen Strich durch die Rechnung. Sie zog auf den Hof, machte eine Lehre und die Meisterprüfung.

«Da lernst du, strukturiert zu arbeiten.» Das sei enorm wichtig: «Du hast den Hof, Kinder, musst vielleicht jemanden pflegen. Dann kommt es darauf an, das Ganze ineinander reinzubringen, ohne durchzudrehen.» Eine besondere Situation sei es, in einen Hof einzuheiraten: «Da heirate ich ja eine ganze Familie mit.»

Eine Situation, die Familientherapeutin Margret Hospach oft erlebt: «Dann geht es um die Rolle: Wer bin ich dort, was darf ich dort?» Früher sei die Frau das Anhängsel des Mannes gewesen, hatte sich zu fügen. «Heutige Landfrauen haben andere Beziehungsvorstellungen und andere Prioritäten», sagt Hospach. «Sie heiraten in erster Linie den Mann und dann den Bauern.» Wichtig sei, das zu kommunizieren - nur sei das nicht geübt, manchmal seien die Probleme nicht mal bewusst.

«Die Schlüsselfigur ist der Mann», erklärt die Expertin. Er müsse sich aus der Kinderrolle lösen und den Eltern deutlich machen: «Meine Frau gehört an meine Seite.» Wenn das gelinge und akzeptiert werde, habe das Zusammenleben gute Chance. Falls nicht, können Berater oder Mediatoren helfen. «Das ist immer verbreiteter und geschieht nicht mehr nur heimlich», sagt Hospach. Sie zeige dann zum Beispiel, wie wichtig es ist, einander Wertschätzung auszudrücken.

Das scheint immer häufiger gut zu gehen: Laut BBV entscheiden sich mehr Frauen zum Leben auf dem Hof. Und das Interesse vor allem junger Landfrauen habe zugenommen, sich zu engagieren und zu vernetzen.

Im Landkreis Forchheim etwa gebe es einen Stammtisch, in Erlangen-Höchstadt Kochkurse mit Themen wie «Superfood», bei denen Pestos aus Kräutern wie Löwenzahn und Bärlauch zubereitet werden. Die Veranstaltungen würden über WhatsApp beworben und seien ruckzuck ausgebucht, erklärt eine Sprecherin. «Das läuft, weil die Bewegung «Zurück zur Natur» gerade bei jungen Leuten sehr im Trend liegt.»

Gegründet wurde die Landfrauengruppe beim Bayerischen Bauernverband im Jahr 1948. Mehr als 6.700 ehrenamtlich engagierte Frauen zählt sie, organisiert in Orts-, Kreis- und Bezirksverbänden. 

Landesbäuerin Göller sagt, auf dem Land könne man sich freier bewegen als in der Stadt. «Das schätzen die jungen Frauen. Sie können sich die Arbeit einteilen.» Zudem sei hier mehr Platz, beispielsweise um einen Garten anzulegen - «das, was viele Frauen in der Stadt sich wünschen».

Auch könnten sie ein zweites Standbein aufbauen, das ihrer Ausbildung entspricht wie Urlaubsangebote oder Direktverkauf. In Oberfranken hätten viele Betriebe eine Biogasanlage, sagt Göller. Die könnten Frauen gut betreiben: «Das Füttern der Biogasanlage ist oft einfacher als das Versorgen von Tieren im Stall.»

Und Göller sieht einen weiteren Vorteil: Das Vernetzen auf dem Land sei einfacher, weil die Wege kürzer sind. «Man trifft sich in Vereinen, zum Austausch. Wenn es darauf ankommt, kann ich auch mal die Nachbarin fragen.» Gerade junge Mütter organisierten sich zum Beispiel in Krabbelgruppen oder Mutter-Kind-Gymnastikgruppen.

2018 hat der Bauernverband erstmals ein Seminar für junge Frauen, die auf Höfen leben, gemacht: «Ladies.Landluft.Lebensträume». Ausgebucht. Ende September findet es wieder statt. Hospach referiert und die Teilnehmerinnen besuchen auch das Hofgut von Walburga Loock.

Die wird dann allerdings kaum Zeit haben, weil dort parallel die Ausstellung «Kunst & Kürbis 2019» stattfindet. Auch wenn das stressig klingt, gönnt sich Loock hin und wieder eine Auszeit: «Bei mir bleibt auch mal eine Schubkarre mitten auf dem Hof stehen», sagt sie.

«So viel Selbstbewusstsein musst du haben, zu sagen: Ich muss jetzt mal zwei Stunden für mich haben.» Das rät sie auch anderen - und verweist auf ihren Garten: «Der Liegestuhl ist nicht als Dekoration da.»
dpa/lby
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