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29.07.2010 | 07:15 | Hilfe aus dem Orbit für punktgenauen Ressourceneinsatz 
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Der Hightech-Bauer

Monheim - Neue Technologien erobern die Ackerflächen. Sie sollen der Landwirtschaft helfen, die Herausforderungen einer wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels zu meistern.

Der Hightech-Bauer
Dank innovativer Agrartechnik werden Anbau und Ernte von Kulturpflanzen umweltfreundlicher, effizienter und nachhaltiger.

Bei innovativen Technologien denken die meisten an Schlüsselloch-Chirurgie, Nanoroboter oder Brennstoffzelle. Dabei finden sich Hightech-Geräte heute längst auch schon in der Landwirtschaft. Die Agrarbranche wartet mit hochinnovativen Technologien auf- und hängt sogar die Automobilindustrie ab: Nicht nur der onlinebasierte Handel von Ernteerzeugnissen und Rohstoffen via Internetbörse gehört zum Alltag vieler Landwirte.


Produktivitätssteigerungen sind für die künftige Ernährungssicherung unerlässlich

Auch satellitengestützte Informationssysteme erobern weltweit zunehmend die Agrarbetriebe. Dank der Hilfe aus dem Orbit können Landmaschinen beispielsweise zentimetergenau ihre Bahnen über die Felder ziehen. Die GPS-gesteuerten Maschinen erleichtern die Arbeit der Landwirte und sorgen für mehr Effizienz auf dem Acker: Je präziser beispielsweise Spritzaggregate mit Pflanzenschutzmitteln oder hochmoderne Sämaschinen durch die Furche gelenkt werden, desto geringer sind die Verluste beim Ausbringen. Die moderne Landtechnik hat sich eindeutig zur High-Tech-Branche entwickelt- und rangiert in Sachen Innovationen direkt hinter der Luft- und Raumfahrt. In Zukunft wird es noch stärker als bisher um effizientere Technologien bei Energieeinsatz, Rohstoffeinsatz und Ernte gehen. Das spiegelt sich in den Steigerungsraten wider: 1950 ernährte ein Bauer 40 Menschen, heute sind es bereits 147. Setzt sich der Trend so fort, wird im Jahr 2050 ein Bauer 186 Menschen satt machen können.

„Die Landwirtschaft befindet sich im Umbruch und muss sich zunehmend den globalen Herausforderungen stellen“, sagt Prof. Dr. Thomas Jungbluth, Präsident des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft. „Eine steigende Weltbevölkerung, die Folgen des Klimawandels und ein wachsender Bedarf an Biokraftstoffen werden die Agrarwirtschaft stark beeinflussen und verändern.“ Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen lassen sich kaum ausdehnen, im Gegenteil: Durch die Auswirkungen des Klimawandels versteppen weltweit immer mehr Flächen, die Niederschläge werden zunehmend unkalkulierbarer.

Nach Angaben der Vereinten Nationen und der FAO stehen bis zum Jahr 2050 pro Mensch nur noch etwa 1.800 m2 für den Ackerbau taugliche Flächen zur Verfügung- im Jahr 1950 waren es mit 5.100 m2 fast drei Mal so viel. Wie viele andere Agrar-Experten ist auch Jungbluth der Ansicht: „Produktivitätssteigerungen bezogen auf die Fläche sind für die künftige Ernährungssicherung unerlässlich.“

Um die Landwirtschaft in Sachen Effizienz noch weiter zu trimmen, haben Maschinenhersteller Hochleistungs-Apparate für alle Bereiche der Landwirtschaft entwickelt: Längst setzt man beispielsweise in der Viehzucht auf maschinelle Hilfe- beim Füttern der Tiere oder dem Entmisten der Ställe. Computer gestützte Milchanalysen liefern jederzeit Informationen über ihr Vieh, Spezialsoftware erstellt daraus die individuelle Kraftfutterrezeptur. Immer mehr Melkroboter werden in den Viehställen installiert. Auf dem Feld prägen Hightech-Mähdrescher, -Traktoren und -Häcksler das Bild der modernen Landwirtschaft. Die Branche ist nach Verteidigung, Rettung und Sicherheit der zweitwichtigste Markt für Serviceroboter, so das Statistical Department der International Federation of Robotics (IFR). Und die Automatisierung schreitet weiter voran: Der Einsatz von Robotern, Sensoren, neuen Medien und Maschinen wird zu einem dramatischen technischen Umbruch führen und den Landwirt der Zukunft vor neue Herausforderungen stellen.


Precision Farming: Erntehelfer aus dem Orbit

Allen Hightech-Entwicklungen in der Landwirtschaft ist gemeinsam: Sie sollen Kosten senken, umweltschonender sein und für höhere Erträge sorgen. Dabei helfen mittlerweile auch moderne Technologien wie die satellitengestützte Positionierung, kurz GPS. Für das sogenannte „Precision Farming“, also die Präzisionslandwirtschaft, sind Sensoren und GPS wichtige Instrumente: So können Mähdrescher und Traktoren ihre Bahnen mit einer Genauigkeit von bis zu zwei Zentimetern über die Äcker ziehen.

Verschiedene Sensoren erfassen zudem Bodenbeschaffenheit, Pflanzenbestände und Schädlingsbefall, so dass sich auf Karten mehrere Wachstumsperioden vergleichen lassen. Dadurch kann der Landwirt präzise aussäen und Pflanzenschutzmittel gezielter einsetzen. „Mobile Spritzcomputer regeln automatisch die Menge an Pflanzenschutzmittel“, sagt Dr. Reinhard Friessleben, Applikationstechniker bei Bayer CropScience in Monheim. Durch Computer gestützte Übertragung können die Informationen über Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, Bodengüte oder Ernteerträge in der sogenannten Ackerschlagdatei gesammelt werden. So sind die Feldarbeiten immer nachvollziehbar.

„An der Schnittstelle zwischen Technik und Landwirtschaft arbeiten wir mit Landmaschinenherstellern eng zusammen und unterstützen diese beispielsweise bei der Entwicklung umweltgerechter Spritztechnologien“, so der Bayer-Experte. Hier kann die GPS-Technologie hilfreiche Impulse liefern: „Die Felder sind in seltenen Fällen exakt rechteckig“, erklärt Friessleben. „Die Düsen der teilweise bis zu 36 Meter langen Spritzgestänge lassen sich dank GPS an den Feldgrenzen besser ausrichten, so dass nur die Nutzpflanzen mit dem Pflanzenschutzmittel in Kontakt kommen.“ Auch beim Befüllen und Reinigen der Systeme kommt Hightech zum Einsatz, um die Belastung für Mensch und Umwelt möglichst gering zu halten.

Zudem ist die Bodenqualität nicht überall identisch. Sensoren können solche Unterschiede feststellen oder auch den Grünanteil der Pflanzen bestimmen. Dadurch lassen sich Düngemittel für ein gleichmäßiges Pflanzenwachstum gezielt ausbringen. „Nicht zuletzt muss die Landwirtschaft der Zukunft so nachhaltig wie möglich sein“, sagt Dr. Thomas Engel, Manager des Landmaschinenherstellers John Deere ISG Europe. „Der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln soll punktgenau und nur exakt in der Menge erfolgen, die für das optimale Pflanzenwachstum nötig ist.“


Roboterschwärme für die Feldarbeit

Um noch effizienter und ressourcenschonender zu wirtschaften, wird auch an Robotern gearbeitet, die möglichst selbständig Bereiche der Feldbearbeitung übernehmen können. Diese müssen besonders leicht sein. Denn schwere Maschinen haben den Nachteil, dass sie viel Energie verbrauchen und den Boden verdichten- was weiteren Energieaufwand erfordert, um die Erde anschließend wieder zu lockern. Wissenschaftler forschen bereits an kleinen, leichten Feldrobotern und Roboterschwärmen: Diese könnten rund um die Uhr auf großen und kleinen Flächen ihre Arbeit verrichten. Durch optische Sensoren machen sie sich ein Bild von der Nutzpflanze und messen die Dichte der Pflanzenmasse. Sie können Schadinsekten, Pilzerreger oder Unkräuter ausfindig machen und diese dann gezielt mit spezifischen Pflanzenschutzmitteln bekämpfen.

In Zukunft sollen große Maschinen und kleine Feldroboter in einer Art Flotte zusammenarbeiten. „Allerdings müssen die Maschinen dazu miteinander kommunizieren“, sagt Jungbluth. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler an intelligenten Computerprogrammen und Datenstandards, damit sich künftig Arbeitsprozesse aufeinander abstimmen lassen und reibungslos ineinander greifen.


Exakte Messergebnisse auch bei 200 Stundenkilometern

Auch die Landmaschinen selbst werden immer mehr zu Hightech-Gefährten. Vor allem aufgrund der stärkeren Bedeutung der nachwachsenden Rohstoffe für Biogas-Anlagen mussten die Feldmaschinen weiter entwickelt werden. So sind beispielsweise sogenannte Feldhäcksler vielseitiger und komplexer geworden. Es kommt nicht mehr nur darauf an, dass Erntegut wie Gras, Mais oder Luzerne (Schneckenklee) geerntet und zerkleinert wird. „Neben dem Erntezeitpunkt und einer gleichmäßigen Schnittlänge ist vor allem eine exakte und verlässliche Feuchtemessung Basis für mehr Wirtschaftlichkeit“, so John Deere Manager Thomas Engel. „Die steigende Anlagenzahl und der höhere Flächenbedarf für die Produktion von Biomasse fordern ein Umdenken in der Bewertung von Erntestrategien. Gerade vor dem Hintergrund der Flächenverknappung und dem zunehmenden Druck, pro Fläche einen höheren Ertrag und damit mehr Energie produzieren zu wollen.“

Bereits während der Ernte lässt sich die Silagequalität mit dem sogenannten HarvestLab testen: Mit Nahinfrarotlicht, das je nach Feuchtigkeit des Ernteguts unterschiedlich reflektiert wird, lässt sich der Trockenmasse-Gehalt direkt bestimmt. Etwa 17 Mal pro Sekunde nimmt das mobile Pflanzenlabor die geernteten Schnipsel unter die Lupe. Selbst bei einer hohen Durchlaufgeschwindigkeit von über 200 Kilometer pro Stunde liefert der Sensor exakte Messungen. Und dank kabelloser Datenübertragung, abrufbar über das Internet, weiß der Landwirt immer genau, wo seine Maschinen gerade sind - und kann so seine Flotten effizient auslasten.


Robuste Pflanzen gegen Klimastress

Für eine produktivere Landwirtschaft sind moderne Landmaschinen allein nicht ausreichend. Auch die Nutzpflanzen selbst müssen immer höhere Erträge bringen und immer besser mit widrigen Bedingungen umgehen können: Sie sollen lange Trockenperioden und Überschwemmungen überstehen, aber auch starke Temperaturschwankungen und extreme Sonneneinstrahlung aushalten können. Mit modernen Züchtungsmethoden versetzen Wissenschaftler Pflanzen in die Lage, trotz schwankender Umweltbedingungen langfristig stabile Erträge auf einem hohen Niveau zu liefern. Die Pflanzenschutz-Experten wollen zudem auch Resistenzen bei Insekten oder Unkräutern vorbeugen. „Durch ein intelligentes Resistenzmanagement ist es möglich, die Sensibilität der Schädlinge auf verschiedene Wirkstoffe lange zu erhalten“, erklärt Dr. Ralf Nauen, Biologe in der Produktbegleitenden Forschung von Bayer CropScience in Monheim. Wichtig ist dabei, möglichst verschiedene Angriffspunkte des Schädlings zu attackieren, konsequentes Schädlingsmonitoring durchzuführen und länderübergreifende Resistenzlandkarten zu erstellen. Der Landwirt selbst kann bestimmten Schädlingen beispielsweise durch wechselnde Fruchtfolgen vorbeugen.

All diese Veränderungen prägen heute die moderne Agrarwirtschaft: Um künftig bestehen zu können, wird der Landwirt verstärkt auch die Trends in der Informationstechnologie und der Landtechnik im Auge behalten müssen. (Pd)
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Kommentare 
lisa schrieb am 22.05.2014 18:39 Uhrzustimmen(143) widersprechen(90)
also ich hab nichts verstanden bitte machen sie den text verständlicher und das man es versteht
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