Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.01.2013 | 06:14 | Mangelernährung 

Satt sein alleine hält nicht gesund

Stuttgart-Hohenheim - Sie „hungern“, obwohl sie jeden Tag satt werden. Weltweit sind 2,5 Milliarden Menschen vom sogenannten verborgenen Hunger betroffen – nicht nur in Entwicklungsländern.

Abwechslungsreiche Kost
(c) proplanta
Meist bleibt der Hunger unbemerkt, weil die Menschen nicht am Hungergefühl leiden. Reicht das Einkommen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung nicht aus, so können lebenswichtige Nährstoffe in der täglichen Kost fehlen.

Auch in Industrienationen gibt es den verborgenen Hunger besonders dort, wo Armut herrscht - alleinerziehende arbeitslose Mütter und ihre Kinder oder verarmte Senioren. „Das Thema ist offensichtlich nicht von öffentlichem Interesse, es ist eben verborgen", erklärt der Managing Direktor des Food Security Center Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim. Er hat dem verstörenden Phänomen ein ganzes Buch gewidmet. Am Montag, den 28. Januar 2013 um 13:00 Uhr stellt er es in einer Lesung im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz in Berlin vor.

„Armut und der sogenannte verborgene Hunger sind untrennbar miteinander verbunden", warnt Prof. Dr. Biesalski. „Mit dem Entwicklungsstand eines Landes hat dies nicht immer etwas zu tun, wie Studien aus Großbritannien und USA zeigen."

Die Folgen des verborgenen Hungers: eine oft chronische Unterversorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen wie zum Beispiel Vitamin A, Folsäure, Vitamin D, Eisen, Zink, Jod oder lebenswichtige Eiweißbausteine bzw. Fettsäuren . Besonders häufig betroffen sind Kinder aus armen Familien.

Eine solche Unterversorgung wird, weil sie sich lange nicht bemerkbar macht, auch als verborgener Hunger bezeichnet. Er hat bei Kindern in den ersten Lebensjahren erhebliche und oft unumkehrbare Folgen für deren körperliche und geistige Entwicklung.


Weltweit leiden 2,5 Milliarden Menschen an Hidden Hunger

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO warnen: Weltweit seien 2,5 Milliarden Menschen, vor allem Kinder, vom verborgenen Hunger betroffen. „Selbst eine nur kurzfristige Lebensmittelknappheit durch steigende Preise oder Dürren kann vor allem bei chronisch unterernährten Kindern fatal sein", sagt Prof. Dr. Biesalski.

Im Schnitt stürben alle 20 Minuten 130 Kinder weltweit an den direkten oder indirekten Folgen des verborgenen Hungers, noch vor dem fünften Lebensjahr. Oft werden die Kinder mangelernährt geboren, da bereits die Mutter an verborgenem Hunger leidet.


Armen fehlt es oft an Geld und Wissen für ausgewogene Ernährung

Bis zu 16 Millionen Menschen in Deutschland sind arm. Das hat der Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz kurz vor Weihnachten ermittelt. „Im Armutsbericht der Bundesregierung wird das Problem der ungesunden Ernährung von Kindern aus armen Familien zwar erwähnt, aber nicht weiter erörtert oder gar untersucht " bedauert Prof. Dr. Biesalski. „Diese Menschen haben in vielen Fällen nicht genug Mittel und auch Wissen, um sich ausgewogen und vielfältig zu ernähren", sagt der Ernährungsmediziner.

„Der verborgene Hunger wird übersehen, solange die Betroffenen scheinbar satt sind", warnt Prof. Dr. Biesalski. „Ob die Qualität der Ernährung für eine gesunde Entwicklung ausreichend ist, wird dabei oft kaum berücksichtigt", gibt er zu bedenken.


Lesung am 28. Januar 2013, 13:00 Uhr in Berlin

In seinem neuen Buch versucht der Wissenschaftler, diesen Hunger aus seiner Verborgenheit zu holen. „Der verborgene Hunger. Satt sein ist nicht genug" heißt sein Werk. Auf über 300 Seiten beschreibt und untersucht der Forscher das verstörende Phänomen, stellt die Ursachen (Biotreibstoffe, Preise, Spekulationen und Landraub) und die schwerwiegenden Folgen des verborgenen Hungers vor und erörtert, mit welchen Maßnahmen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hier aktiv werden müssten.

In einer Lesung stellt Prof. Dr. Biesalski am Montag, den 28. Januar 2013 sein Buch der Öffentlichkeit vor. Veranstaltungsort ist das Tagungszentrum der Bundespressekonferenz, Schiffbauerdamm 40 / Ecke Reinhardtstraße 55, 10117 Berlin. Beginn ist um 13:00 Uhr.


Weltweit erster internationaler Kongress über verborgenen Hunger

Von 6. bis 9. März 2013 findet an der Universität Hohenheim außerdem der weltweit erste internationale Kongress über verborgenen Hunger statt. Einige der weltweit führenden Wissenschaftler auf diesem Gebieten sind dann vor Ort. Das vorläufige Programm und weitere Informationen gibt es im Internet auf: www.hiddenhunger.uni-hohenheim.de


Hintergrund: Autor & Buch

Der Ernährungsmediziner Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, geboren in Marburg an der Lahn, ist Lehrstuhlinhaber und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft und Managing Direktor des Food Security Center an der Universität Hohenheim. Er ist Mitglied der Expertengruppe des Global Food Security Board (WHO/FAO), Mitglied der WHO Expertengruppen Nanotechnologie/Ernährung und Biomarker of Nutritional Deficiencies (BOND) sowie im wissenschaftlichen Beirat der U.S. Pharmacopeia.

Hans Konrad Biesalski: Der verborgene Hunger. Satt sein ist nicht genug, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013, gebunden, 307 Seiten, 24,90 Euro, ISBN 978-3-8274-2952-0. Auch als E-Book erhältlich. (PD)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Haushalte verschwenden jeden Tag eine Milliarde Mahlzeiten

  Kommentierte Artikel

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Union fordert Ergebnisse beim Bürokratieabbau