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24.02.2010 | 21:48 | Buchvorstellung  

Von Felsköpfen, Steppen und fetten Wiesen

Zürich - Der emeritierte ETH-Professor Frank Klötzli und vier Mitautoren beschreiben in einem monumentalen Buch die Offenlandvegetation Europas - von der arktischen Tundra über Fettwiesen des Schweizer Mittellands bis hin zur Felsflora der Mittelmeerküsten.

Buchvorstellung
(c) ETH Zürich
Biodiversität umfasst nicht nur die Vielfalt an Arten, sondern auch an Genen und Lebensräumen. Letzterem trägt - rechtzeitig zum «Jahr der Biodiversität» erschienen - das Werk «Vegetation Europas - das Offenland im vegetationskundlich-ökologischen Überblick» Rechnung. Auf fast 1.200 Seiten beschreiben Hauptautor Frank Klötzli, emeritierter Professor für Pflanzensoziologie und Pflanzenkunde an der ETH Zürich, und vier Mitautoren einen Teil der grossen Lebensraum-Vielfalt Europas.

Drei Jahrzehnte Arbeit



Dass das Buch nun vorliegt, grenzt beinahe an ein Wunder. Von der Idee bis zur Abgabe des Manuskriptes vergingen 28 Jahre. 1981 wollte der damalige ETH-Professor und Schüler des berühmten Pflanzensoziologen Heinz Ellenberg ein Buch über die Wälder Europas schreiben. Sein Wiener Kollege Hannes Mayer kam ihm jedoch zuvor und schlug ihm vor, ein Buch über die Vegetation des Offenlands zu verfassen. Klötzli versprach damals seinem Kollegen, dass das Manuskript in zwei Wochen bereit sein werde. Was sich angesichts der vielen weissen Flecken auf der Vegetationskarte Europas, insbesondere im Mittelmeerraum, als Utopie entpuppte. Ellenberg riet Klötzli denn auch davon ab, sich auf dieses Wagnis einzulassen. Doch dieser war nach eigenen Angaben «vom Vorhaben angestochen».

Aus zwei Wochen wurden fast drei Jahrzehnte Arbeit. Aus einem Autor wurden fünf, nicht mitgezählt sind diejenigen, die «unterwegs» aus dem Projekt wieder ausstiegen. Zwei der Autoren, Gian-Reto Walther und Karin Marti, promovierten bei Frank Klötzli, Cécile Schubiger-Bossard ist Inhaberin eines Ökobüros und Walter Dietl war an der ETH Zürich als Lehrbeauftragter beschäftigt.

Steiniger Weg



Dennoch konnte die Autorenschaft verschiedene Abgabetermine nicht einhalten. 1994 hätten die Arbeiten abgeschlossen werden sollen. Den zweiten Termin setzte der Verlag fünf Jahre später, den dritten im Jahr 2004. Schliesslich suchten Gesundheitsprobleme den heute 76-jährigen Hauptautoren heim, was die Herausgabe des Werkes weiter verzögerte. Erst kurz vor Weihnachten 2009 ging das Werk endlich in den Druck.  «Auf dem Weg zu diesem Buch ist so viel passiert, dass es ein Wunder ist, dass es nun vorliegt», sagte der emeritierte ETH-Professor und international anerkannte Pflanzenökologe an einer Buchpräsentation von Mitte Februar an der ETH. Klötzli schrieb seine Beiträge für das Buch von Hand, in einer Schrift und Weise, die nur seine langjährige Sekretärin entziffern und übertragen konnte.

Heiden, Moore, Dünen und mehr



Das Werk beschreibt alle Offenland-Vegetationstypen Europas, von der Gewässer- und Ufervegetation bis hin zur Felsvegetation an der Mittelmeerküste. Eines der grössten Kapitel gilt den Pflanzengesellschaften der europäischen Gebirge und der arktischen Tundren. Ein weiterer grosser Abschnitt haben die Autoren der Mittelmeer-Vegetation gewidmet und beschreiben damit vor allem die trockenen Buschlandschaften Südeuropas. Weiter deckt das Buch auch die Vegetation von Dünen oder Salzmarschen, von Mooren, Heiden oder Wiesen ab, und lässt selbst Felsköpfe und Mauern nicht aus. Das Buch beschreibt nicht nur natürliche Pflanzengesellschaften, sondern weitgehend auch menschgemachte. Die Autoren haben sogar zivilisationsbedingte Lebensräume wie Abraumhalden und Bergbaugebiete in ihre Betrachtungen mit einbezogen.

In jedem Kapitel finden sich eine Fülle von allgemeinen Informationen über die vorgestellten Vegetationstypen wie Angaben zu Geologie, Boden, Nährstoffe, Ökologie und Klima. Ferner enthalten die Kapitel Listen, mit deren Hilfe die Vegetationen pflanzensoziologisch beschrieben werden, sowie Aufzählungen von für einen Vegetationstypen charakteristischen Pflanzen.

Für Aha-Erlebnisse gesorgt



Die Autoren vergleichen zudem die Vegetation Europas mit derjenigen von anderen Kontinenten und runden ihr Werk ab mit einem Ausblick darauf, wie sich die Pflanzenwelt im Zuge des globalen Klimawandels entwickeln könnte. Als Beispiel dient die Ausbreitung immergrüner, exotischer Pflanzen im Tessin. Das Buch richtet sich an interessierte Laienbotaniker und Naturkundeinteressierte, aber auch an Fachleute, die sich einen Überblick über die Pflanzengesellschaften des europäischen Offenlands verschaffen möchten. Es ist ein Nachschlagewerk, das einem hilft, die auf Europareisen gesehene Pflanzenwelt einzuordnen. Manch einer dürfte beim Betrachten der vielen Farbbilder aus allen Ecken Europas Aha-Erlebnisse haben - und gelegentlich in Ferienerinnerungen schwelgen.

Literaturhinweis



Klötzli F. et al.: Vegetation Europas. Das Offenland im vegetationskundlich-ökologischen Überblick - unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. 2010. 1192 Seiten. Ott Verlag. ISBN-10:3-7225-0098-2

Quelle: ETH-Life / Autor: Peter Rüegg / Veröffentlicht: 19.02.10
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