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13.07.2008 | 09:48 | Imagepflege 

«Brunello ist nicht nur ein Wein» - Nach dem Skandal die Imagepflege

Montalcino - Der Skandal schien die Grundfesten des südtoskanischen Städtchens hoch über dem Orcia-Tal erschüttern zu wollen.

Brunello
(c) proplanta
Die weltweit bekannte Hochburg eines der prestigeträchtigsten Rotweine stand als Hort von Betrügern dar, die den nach strengsten Regeln produzierten Brunello di Montalcino mit anderen Rebsorten verschnitten haben sollen. Ein Aufschrei ging durch die Welt der Weinfreunde. Die Ermittler beschlagnahmten mehr als eine Million Flaschen. Namhafte Weingüter wie Antinori, Frescobaldi oder Banfi gerieten in ein schiefes Licht. Ein gutes Vierteljahr später ist die Weinweltmacht Italien dabei, mit allen Mitteln den angekratzten Ruf des Brunello di Montalcino aufzupolieren. Es geht auch um viel Geld.

Unter strahlend blauem Himmel und umgeben von sanften toskanischen Hügeln versuchte der neue Landwirtschaftsminister Luca Zaia von der Lega Nord, in Montalcino die letzten Ausläufer dieses starken Unwetters zu vertreiben: «Brunello ist nicht nur ein Wein, er ist auch eine sehr wichtige Visitenkarte für das Made in Italy in der Welt», sagte der dynamische Agrarminister aus dem Norden des Landes.

Und stellte seinen bereits zweiten Erlass vor, mit dem das Image des kräftigen Roten aus dem 5.100-Einwohner-Städtchen aufpoliert und sein Export in die USA gesichert werden soll: Es geht um stark verschärfte Herkunftskontrollen des erlesenen Weines, der allein aus der Rebsorte Sangiovese produziert und erst nach fünf Jahren verkauft werden darf.

Als der aus Rom herbeigeeilte Minister im Schatten der Zypressen sein Dekret «als positives Zeichen und Schlusspunkt» unter die Affäre präsentierte, da schienen die Zikaden Zustimmung zu zirpen. Wichtiger war indessen das Wort des angereisten amerikanischen Botschafters in Italien, Ronald P. Spogli: «Diese Sache ist damit erledigt.» Denn es war die wirtschaftlich-politische Weltmacht USA, die dem kleinen Ort in der Toskana wegen der Betrugsaffäre mit einem Einfuhrstopp gedroht hatte. Und das wäre teuer geworden. Denn was die 256 Brunello-Winzer Jahr für Jahr auf etwa sieben Millionen Flaschen ziehen, macht einen Umsatz von mehr als 120 Millionen Euro aus - und jede vierte Flasche geht in die USA. Also musste das Kriegsbeil schnell begraben werden.

Und um die Vorlieben des amerikanischen Weintrinkers ging es auch in der Betrugsaffäre, in der noch ermittelt wird und in die auch nur ein halbes Dutzend der Brunello-Weingüter verwickelt sein soll. Etwas Merlot oder Cabernet mischten die Übeltäter in die Fässer, obwohl ihr Wein nach dem Gesetz zu 100 Prozent aus einem hochwertigen Sangiovese-Klon produziert werden muss. Das Verschneiden etwa mit Merlot rundet den «kantigen» Brunello geschmacklich ab, macht ihn gefälliger - und dahin schien doch der Trend der Zeit zu gehen. Als der Skandal um den verschnittenen Brunello aufflog, rollten Köpfe in der Winzerelite von Montalcino. Eine riesige Vertrauenskrise griff um sich. Das Städtchen mit dem Kultstatus unter Weintrinkern hätte wohl am liebsten halbmast geflaggt. Nun hat der Minister sie wieder aufgerichtet - hoffentlich.

Immerhin gehen fast zwei Drittel der Brunello-Produktion in den Export (und dabei jede zehnte Flasche nach Deutschland sowie sieben Prozent in die Schweiz). Sorgenvoll fragen sich manche, was denn noch aus den Kellern ans Tageslicht kommen könnte, wenn erst die folgenden Jahrgänge verkauft werden.

Der Landwirtschaftsminister jedenfalls hat sich ein hochkarätiges Berater-Trio zusammengestellt, das ihm für die Qualität des Brunello bürgen soll. Und er zeigt sich pragmatisch: Ist die geltende Sangiovese-Regel zu starr und nicht mehr zeitgemäß, kann man diese ändern. Das jedoch sollten die Winzer selbst und gemeinsam entscheiden. Vorausgesetzt, es dient der Visitenkarte Made in Italy. (dpa)
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