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23.04.2010 | 16:16 | Chianti-Skandal 

«Katastrophe vermieden» - Die Crux mit dem Chianti

Rom/Verona - Monate nach der Razzia der Finanzpolizei in dutzenden toskanischen Weinkellern hat sich die Aufregung um den jüngsten Chianti-Skandal kaum gelegt.

«Katastrophe vermieden» - Die Crux mit dem Chianti
In der anmutig-hügeligen Gegend rund um Siena beschlagnahmten Suchtrupps nahezu zehn Millionen Liter Tafelwein. In teuren Flaschen mit dem Güte-Etikett Chianti-DOCG (also mit kontrolliertem und garantiertem Ursprung) sollte er in den Export gehen. Und wieder einmal stand der Ruf des weltberühmten Chianti auf dem Spiel. Zu groß scheint die Versuchung, das rasche Geld zu machen.

«Wir haben eine Katastrophe vermieden, vor allem in dem wichtigen Abnehmerland USA», kam Italiens Landwirtschaftsminister Luca Zaia jetzt auf der Frühjahrsmesse Vinitaly in Verona auf den Coup zurück: Gegen nicht weniger als 42 Weinbaubetriebe wird noch ermittelt. Und das in Zeiten, in denen die einst verwöhnte Zunft aus der Krise will.

Im internationalen Flautenjahr 2009 gingen die Verkäufe etwa für den «Chianti Classico» bei einem Jahresumsatz von rund einer halben Milliarde Euro um 15 Prozent zurück. Erst gegen Jahresende gab es wieder die ersten Lichtblicke für das Aushängeschild italienischer Winzerkunst, zumal gerade die Deutschen das feine Sangiovese-Produkt der Toskana immer mehr mögen. Klar, dass all den ehrlichen Winzern in der heiklen Phase ihres Geschäfts die «schwarze Schafe» nicht passten - 17 Personen sind wegen Betrügerei angeklagt.

Kein Wunder, dass Marco Pallanti und Giuseppe Liberatore, die Chefs des «Chanti-Classico»-Konsortiums, nun nicht müde werden zu betonen: «Unser Chianti Classico hat damit rein gar nichts zu tun.»

«Dieser beschlagnahmte Wein war ungefährlich für die Gesundheit, aber ein ekeliges Produkt, das als Chianti mit dem Gütesiegel DOCG verkauft werden sollte», erläuterte der auf Qualität bedachte Zaia: Gegen jedes Winzerregelwerk nahmen Betrüger vor allem in der Toskana und in den Abruzzen auch minderwertigen Tafelwein und machten alles zu einem angeblich wertvollen Chianti. Ausgangspunkt der Ermittlungen war der knapp zwei Jahre zurückliegende Skandal um den weltbekannten Brunello di Montalcino. Um dem Geschmackstrend hin zum weichen und schweren Roten mit einfachen Mitteln Rechnung zu tragen, umgingen manche Winzer die strengen Vorschriften des puren Super-Sangiovese.

«Glücklicherweise gibt es noch viele Winzer, die dem Anbau herausragender Weine die Treue halten», meint bei aller Kritik an den «schwarzen Schafen» der anerkannte römische Weinfachmann Gian Luca Mazzella. Da sind nicht zuletzt die unzähligen kleinen Winzer, die eben keine «Supertoskaner» produzieren wollen, sondern schlicht auf die Tradition und die Qualität ihrer Sangiovese-Trauben setzen.

Und es gibt die «Neuerer» im positiven Sinn, die dafür auf die Geschichte des toskanischen Weinanbaus zurückgreifen und gegen die Industrialisierung des Weins im großen Stil sind. Sie wollen, etwa in Lamolo im Val di Greve, dem Chianti-Gebiet das Gesicht früherer Zeiten zurückgeben und die Weinstöcke wieder etwas «unordentlicher» rein horizontal terrassieren. Das ist zwar unbequemer für die Lese, schützt aber vor Erosion und war einst typisch toskanisch. (dpa)
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