Der Verband rechnet in seiner ersten Prognose zur diesjährigen
Getreideernte mit einem Aufkommen von 45,4 Mio. t. Damit liegt die Erwartung geringfügig unter dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 von 45,6 Mio. t, aber um rund 5 % über dem Vorjahresergebnis von 43,2 Mio. t.
„Wir erwarten eine durchschnittliche Ernte bei regionalen Unterschieden“, erklärte DBV-Präsident Joachim Ruwkied beim Ernteauftakt 2021 am Mittwoch (7.7.) im brandenburgischen Nauen.
Nach den ersten heißen Tagen des Jahres habe sich die Lage durch die Niederschläge der vergangenen zwei Wochen in vielen Regionen entspannt. In Teilen Norddeutschlands hat die Hitze laut
Rukwied jedoch in den Feldbeständen Schäden verursacht, so dass die Ertragserwartungen dort erneut unter dem langjährigen Mittel liegen. In vielen Regionen rechneten die
Betriebe aber mit einer ordentlichen Ernte.
Für die Herbstkulturen ist dem DBV-Präsidenten zufolge der weitere
Witterungsverlauf in den Sommermonaten entscheidend. Derzeit präsentierten sich diese „in einem guten Zustand“, sagte Rukwied. Wie den Meldungen aus den einzelnen Bundesländern zu entnehmen war, hatte die Wintergerstenernte in den Frühdruschgebieten in der vergangenen Woche oder schon Ende Juni begonnen, musste aber aufgrund von Niederschlägen verbreitet wieder unterbrochen werden.
Da die wechselhafte Witterung weiter anhalten sollte, rechneten Praktiker erst frühestens Mitte dieser Woche mit dem Fortgang der Erntearbeiten. Der Agrarsprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Friedrich Ostendorff, sieht in den
Wetterkapriolen der letzten Zeit einen Beleg für die „fortschreitende Klimakrise“, die Veränderungen bei den Sorten und Anbausystemen nötig mache.
Anbauumfang kaum verändertAm Umfang des Getreideanbaus hat sich nach Angaben des Bauernverbandes im Vergleich zu 2020 kaum etwas geändert, allerdings an der Zusammensetzung. So wurde die mit
Sommerweizen bestellte Fläche um 36 % und die von
Sommergerste um 17 % eingeschränkt, während der Haferanbau um fast 17 % ausgedehnt worden ist.
Beim Hafer scheine sich damit die gestiegene Rohstoffnachfrage widerzuspiegeln, die durch den verstärkten Absatz von Haferdrinks und ähnlichen Produkten entstanden sei, erläuterte Rukwied. Preislich gebe es aber beim Hafer noch
Luft nach oben. Den sieht der
Bauernpräsident auch bei den übrigen Kulturen.
Er wies in Nauen darauf hin, dass beispielsweise der
Erzeugerpreis für Brotweizen Mitte der 80er Jahre in Westdeutschland bei rund 240 Euro/t gelegen habe. Seitdem habe sich bei den Preisen im direkten Vergleich wenig getan, während die Kosten regelrecht explodiert seien. Er sehe deshalb die zwischenzeitlich auf deutlich über 200 Euro/t gestiegenen Weizenpreise nicht als hoch, sondern vielmehr als erforderlich für eine kostendeckende Produktion an, erklärte Rukwied.
Sommerungen erholtMit Blick auf das flächenmäßig dominierende Wintergetreide stellte der
Bauernverband fest, dass sich die im Herbst verzeichnete, gute
Bestandsentwicklung im Frühjahr fortgesetzt habe. Im Gegensatz zu den Wintergetreidearten hätten die Frühjahresaussaaten stärker unter den tiefen Temperaturen gelitten. Dies habe neben dem Sommerhalmgetreide auch den Mais, die Zuckerrüben, die Kartoffeln und den Aufwuchs auf dem Grünland betroffen.
Mit dem Einsetzen höherer Temperaturen Mitte Mai hätten die meisten Kulturen jedoch begonnen, den Rückstand bei der Wuchsentwicklung aufzuholen. Zum Raps berichtete der
DBV, dass die Anbaufläche erneut leicht ausgeweitet worden sei, und zwar auf 991.500 ha; das seien aber weiterhin gut 250.000 ha weniger als im langjährigen Mittel.
Die derzeit guten Rapspreise ließen jedoch hoffen, dass sich der Aufwärtstrend bei der diesjährigen
Herbstaussaat fortsetzen werde. Dies wäre nicht nur im Sinne der Auflockerung getreidebetonter Fruchtfolgen eine gute Nachricht, sondern würde auch weniger Importe von Soja- und Palmöl notwendig machen, hob der Bauernverband hervor.
Prognosen immer schwierigerLaut
Ostendorff werden zuverlässige Ernteprognosen wegen der Auswirkungen des Klimawandels immer schwieriger. Die Bauern müssten zudem gegen immer extremer werdende Bedingungen ankämpfen. Vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Kulturen würden deshalb immer wichtiger.
„Wir wollen, dass Pflanzenzüchter endlich ihre Zuchtziele anpassen und stärker auf Trocken- und Stresstoleranz ausrichten“, erklärte der Grünen-Politiker. Ertragsstabilität sicherzustellen, werde sonst auch in den hiesigen Breitengraden immer schwerer. Über die Anreizsysteme der Gemeinsamen
Agrarpolitik bestehen laut Ostendorff gute Möglichkeiten, nachhaltigere Anbaumethoden zu fördern. Bauern sollten sich aktiv am
Klimaschutz beteiligen können. Wer beispielsweise Moore wiedervernässe und Grünland erhalte, sollte mehr Agrarfördergelder bekommen.
Durchschnittsernte in BrandenburgIn Brandenburg geht der
Landesbauernverband (LBV) in diesem Jahr nach ersten Schätzungen von einer insgesamt durchschnittlichen Ernte aus, wobei die Erträge der Gerste sehr unterschiedlich und regional aufgrund von Wassermangel unterdurchschnittlich ausfallen sollen.
Insgesamt erwartet der
LBV für Brandenburg bei der
Wintergerste im Durchschnitt ein Druschergebnis von 55 dt/ha nach rund 57 dt/ha im Jahr zuvor. Für den
Winterraps rechnet der Verband mit einem landesweiten Durchschnittsertrag von 31 dt/ha, was in etwa dem Vorjahresergebnis entsprechen würde. In der Hauptanbaukultur Roggen könnten nach Einschätzung des LBV Erträge von 50 dt/ha und beim Winterweizen von 62 dt/ha zusammenkommen.
An neue Düngeauflagen anpassenIm Nachbarland Sachsen ist der dortige Landesbauernverband (LBV) mit dem bisherigen Witterungsverlauf zufrieden, verweist aber auf die noch unwägbaren wirtschaftlichen Auswirkungen der seit 1. Januar 2021 geltenden strengeren Düngeauflagen. Laut dem Verbandspräsidenten Torsten Krawczyk ist deshalb nur schwer abzuschätzen, welche Ergebnisse im Anbau von Kulturen in Sachsen langfristig erzielt werden könnten.
Jedes Agrarunternehmen müsse deshalb Anpassungsstrategien für ein wirtschaftlich tragfähiges
Betriebsergebnis entwickeln. Die sächsischen Landwirte bestellten in diesem Wirtschaftsjahr nach Angaben des LBV rund 703.000 ha Ackerland. Davon entfallen etwa 355.000 ha auf den
Getreideanbau, 106.000 ha auf Winterraps, 123.000 ha auf Hackfrüchte sowie 6 700 ha auf Hülsenfrüchte.
Im Freistaat Thüringen haben sich die Kulturen nach Einschätzung des Thüringer Bauernverbandes (TBV) in den meisten Landesteilen gut entwickeln können. Er wies vorige Woche jedoch darauf hin, dass die diesjährigen Niederschläge bisher nicht ausgereicht hätten, das Defizit beim Bodenwasser zu kompensieren, das infolge der letzten beiden Dürrejahre entstanden sei.
Sachsen-Anhalt mit optimistischer PrognoseLaut einer Bestandsaufnahme des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt brachten die Niederschläge der vergangenen Monate zwar weniger Wasser als erhofft, wegen der milden Witterung im April bis in den Mai seien die meisten Pflanzenbestände bis dahin aber relativ gut durchgekommen.
Der Großteil der an betrieblichen Prognosen beteiligten Landwirtschaftsbetriebe gehe deshalb davon aus, dass sie nach den vergangenen, sehr schwierigen Jahren erstmals seit 2018 wieder eine quantitativ bessere Ernte erzielen könnten. Bei der Wintergerste, deren Ernte in Sachsen-Anhalt schon Ende Juni begonnen hat, rechnet der Bauernverband mit Erträgen zwischen 60 dt/ha und 80 dt/ha. An Winterraps erwarten die Landwirte im
Schnitt 37 dt/ha und beim Winterweizen gut 72 dt/ha.
Mehr Wasser im RheinlandIm Rheinland hat sich die über drei Jahre hinweg meist prekäre Situation bei der Wasserversorgung nach Darstellung des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (
RLV) in diesem Frühjahr in vielen Regionen entspannt. Der Verband rechnet bei der Wintergerste mit durchschnittlichen Erträgen.
In Nordrhein-Westfalen waren nach Angaben der dortigen
Landwirtschaftskammer in der vergangenen Woche die ersten
Mähdrescher im Einsatz. Die Prognosen für die Getreideernte in dem Bundesland sind der Kammer zufolge überwiegend optimistisch. Die heißen Temperaturen Mitte Juni könnten jedoch zu Trockenstress bei den Pflanzen geführt haben. Hier bleibe abzuwarten, wie sich die Hitze auf den Ertrag ausgewirkt habe.
Wenig KrankheitsbefallFür Niedersachsen stellen die Pflanzenbaufachleute der dortigen Landwirtschaftskammer fest, dass sich die Wintergetreidebestände dank der kühlen Temperaturen im Frühjahr bei gleichzeitig ausreichender Wasserversorgung insgesamt gut hätten entwickeln können. Die kühlen Temperaturen hätten oftmals auch einen erhöhten frühen Krankheitsbefall verhindert.
Die Bestände von Sommerweizen, -gerste und -hafer sowie Leguminosen präsentierten sich derzeit ebenfalls durchweg gut und ließen entsprechend hohe Ertragserwartungen zu, so die Kammer. Da sich die Anbaufläche beim Weizen gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich erhöht habe, werde sich die
Erntemenge hier dank der guten Ertragsprognosen insgesamt spürbar erhöhen. Die Rapsfläche wurde laut den Angaben der Kammer 2021 nochmals spürbar auf rund 85.000 ha ausgeweitet. Die Bestandsentwicklung verspreche hier ebenfalls insgesamt gute Leistungen.
Rücksicht im StraßenverkehrUnterdessen rief der Bundesverband
Lohnunternehmen (BLU) angesichts der nun anlaufenden Erntearbeiten Bürger und Landwirte gleichermaßen zur Rücksichtnahme im Straßenverkehr auf. Der Verband wies darauf hin, dass Drusch und Transport von Ackerfrüchten Arbeiten an den Wochenenden und bis spät in die Abendstunden nicht ausschließe.
Genau zu diesen Zeiten seien auch andere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger, Reiter und Radfahrer vermehrt auf den Wirtschaftswegen unterwegs, wo mitunter enge und auch gefährliche Verkehrssituationen entstünden. „Nur gemeinsam, mit Rücksicht und Verständnis können wir Unfälle vermeiden“, betonte BLU-Geschäftsführer Dr. Martin Wesenberg.