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16.08.2020 | 10:13 | Saatgut  
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Bundesregierung erteilt freiem Nachbau eine Absage

Berlin - Die Bundesregierung unterstützt die Forderung nach einem uneingeschränkten Recht auf freien Nachbau von Saatgut nicht.

Getreidenachbau
Recht auf freien Nachbau würde Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Züchtungsunternehmen gefährden. (c) proplanta
Das stellt sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag klar. Die Züchtung einer neuen Pflanzensorte dauere je nach Kulturart mindestens zehn bis 15 Jahre, heißt es zur Begründung. Während dieser Zeit investiere der Züchter enorme Summen. Die einzige Möglichkeit zur Refinanzierung bestehe im Verkauf von Saatgut.

Laut der Bundesregierung würde ein uneingeschränktes Recht auf freien Nachbau auf lange Sicht die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Pflanzenzüchtungswirtschaft schwächen. In der Folge wäre es für internationale Saatgutkonzerne leichter, die entstehenden Marktlücken zu besetzen. Um den Herausforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft unter sich weiter ändernden Klimabedingungen begegnen zu können, müsse dafür Sorge getragen werden, dass die mittelständischen Pflanzenzüchter auch weiterhin in der Lage seien, widerstandsfähige, innovative und klimaangepasste Pflanzensorten zu entwickeln.

Die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Dr. Kirsten Tackmann, warnte in diesem Zusammenhang vor einem Verlust der genetischen Vielfalt von Nutzpflanzen. „Dieser negative Trend muss dringend gestoppt werden“, erklärte Tackmann am Montag, 10.8., als Reaktion auf die Antwort der Bundesregierung. Eine wichtige Rolle schreibt sie dabei der Saatgutgewinnung durch Klein- und Hobbygärtner zu. Ein „fatales Zeichen“ sei es, dass die Bundesregierung diesen Sachverhalt bisher nicht anerkenne. Ursache des Rückgangs der genetischen Vielfalt sei die „Fokussierung des Regelwerks auf Hochleistungssorten“.

Teil der Daseinsvorsorge

Nach Ansicht der Linken-Politikerin liegt die Verfügbarkeit von vielfältigem Saatgut im Gemeinwohlinteresse, da die genetische Vielfalt die Grundlage der Ernährungssouveränität sei. Damit sei zumindest der Erhalt oder die Verbesserung der Saatgutvielfalt Teil der Daseinsvorsorge. Für die Sicherung von mehr Saatgutvielfalt auf den Äckern und in den Gärten müssten neue Formen zum Schutz und zur Vermehrung von Saatgut unterstützt werden, forderte Tackmann.

Gleichzeitig müsse die Finanzierung der Zucht gewerblich genutzter Pflanzensorten endlich auf solide, solidarische Füße gestellt und auf Gemeinwohlinteressen ausgerichtet werden. Anders könnten die Herausforderungen an einen nachhaltigen und klimaangepassten Pflanzenbau nicht gelöst werden.

Staatliche Pflanzenzüchtung unzureichend

In Deutschland wird die Pflanzenzüchtungsforschung der Bundesregierung zufolge im Interesse der Allgemeinheit durch eine begleitende öffentliche Grundlagenforschung unterstützt. Auch die seit Jahren erfolgreiche Kooperation von öffentlicher und privatwirtschaftlicher Förderung in der angewandten Züchtungsforschung leiste einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche.

Zudem wird laut Bundesregierung die züchterische Bearbeitung von derzeit wirtschaftlich unbedeutenden Kulturarten für eine mögliche zukünftige Nutzung gesichert. Wirtschaftssysteme mit rein staatlicher Pflanzenzüchtungsstruktur wie beispielsweise die Getreidezüchtung in den USA hätten gezeigt, dass auf längere Sicht und je nach Wirtschaftslage und Prioritätensetzung mangels ausreichender staatlicher Unterstützung die Vielfalt und Ertragsleistung der züchterisch bearbeiteten Pflanzenarten rückläufig sei.

Nach Angaben der Bundesregierung wird bei selbstbefruchtenden Pflanzenarten nur etwa die Hälfte des verwendeten Saatgutes bei Züchtern erworben. Das bedeute, dass nur 50 % der Landwirte und Gärtner bereit seien, den Züchtungsfortschritt mit zu finanzieren. Die andere Hälfte betreibe Nachbau und entziehe sich damit der Finanzierung des Züchtungsfortschritts, von dem sie auch durch den Einsatz von Nachbausaatgut profitiere.

Forschung an Gemeinwohlausrichtung

Mit den von Tackmann aufgeworfenen Fragen beschäftigt sich nach Angaben der Bundesregierung die vom Bildungsministerium geförderte Nachwuchsforschungsgruppe „RightSeeds“, ein Verbundprojekt der Universitäten Oldenburg und Göttingen sowie des Instituts für ökologische Wirtschaftsförderung (IÖW). Untersucht werde, ob eine Gemeingüterorientierung in der Sortenzüchtung und im Saatgutsektor „in bestimmten Fällen die bessere Lösung sein kann“.

Unter Gemeingüterorientierung versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, dass die Sorten für die Weiterzüchtung und Vermehrung offen gehalten und nicht geschützt werden. Ferner soll das Verbundprojekt untersuchen, wie gemeingüterbasierte Sortenzüchtung und Saatgutproduktion den Pflanzenbau sozial und ökologisch verändern können. Zu klären sei auch die Frage nach der Finanzierung.
AgE
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Kommentare 
Horst schrieb am 16.08.2020 10:39 Uhrzustimmen(0) widersprechen(0)
Liebe Redaktion, bitte prüft, ob dieser Satz so gemeint ist "Wirtschaftssysteme mit rein staatlicher Pflanzenzüchtungsstruktur wie beispielsweise die Getreidezüchtung in den USA hätten gezeigt, dass auf längere Sicht und je nach Wirtschaftslage und Prioritätensetzung mangels ausreichender staatlicher Unterstützung die Vielfalt und Ertragsleistung der züchterisch bearbeiteten Pflanzenarten rückläufig sei."
Aus meiner Sicht ist der Satz grob falsch, bitte korrigieren.
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