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10.04.2016 | 09:02 | Spargelsaison 2016 
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Die mühsame Arbeit der Spargelstecher

Geldern - Flink sind sie, relativ entspannt ziehen sie von einer Reihe zur nächsten. Spargelernte am Niederrhein, ein halbes Dutzend Frauen bückt sich über die kleinen Erdwälle auf dem Feld.

Mühsame Spargelernte
Endlich wieder frischer Spargel. Die Ernte beginnt. Wie anstrengend die Ernte ist, das wissen nur die Spargel-Stecherinnen. (c) proplanta
Bei ihnen geht alles wie am Schnürchen: Spargelkopf auf dem Erdwall freilegen, Spargelstechmesser in den Boden, Spargelstange leicht anhebeln, präziser Schnitt unter der Erde und raus damit.

Der Morgen ist grau. Es regnet. 7.00 Uhr auf dem Spargelhof Allofs in Geldern. Die Spargelsaison in Nordrhein-Westfalen beginnt zwar offiziell erst am 12. April, aber auf dem Hof ist die Ernte schon angelaufen. In ausgedienten Treibhäusern einer Gärtnerei ist das Gemüse schon weiter als im Freiland.

Das Wetter war in den letzten Wochen einfach zu dunkel, zu nass, zu kalt. Der Spargel braucht mehr Wärme und Sonne. Aber das will jetzt noch nichts heißen, sagt Seniorchef Franz Allofs: «Es kann übermorgen die Sonne scheinen und 25 Grad werden, dann haben wir Spargel ohne Ende. Wenn es warm wird, dann schießt der Spargel aus dem Boden.» 20 oder 23 Grad wären ganz gut.

Zu warm darf es auch wieder nicht werden, sonst ist zu viel Spargel auf dem Markt und die Preise stürzen ab. Derzeit bekommt der Familienbetrieb 12 bis 15 Euro pro Kilo. Die Zeit bis Mitte Mai ist jetzt entscheidend: «Wenn wir bis dahin kein gutes Wetter haben, wird es auch keine guten Erträge mehr geben», sagte er.

Die Spargelstecherinnen in der Halle tragen feste Schuhe. Da kriecht der feine sandige Boden nicht rein. Und sie tragen bequeme Hosen. Wäre auch schlecht, wenn beim Bücken ständig was kneift.

Das ständige Bücken bei der Ernte geht in den Rücken. «Die Rückenmuskeln sind das nicht gewöhnt. Aber das gibt sich nach ein paar Tagen», meint der Chef. Theresa, die daneben steht, verdreht vielsagend die Augen und lacht. Seit zwölf Jahren kommt sie zur Ernte auf den Hof. Ihre mittlerweile erwachsenen Töchter waren auch schon mit dabei. Bei ihr zuhause in Polen gibt es auch Spargel. Es fällt ihr auch schwer, wochenlang von der Familie getrennt zu sein. Aber hier in Deutschland verdient sie mehr.

Seit vergangenem Jahr gilt für die Spargel-Stecher der Mindestlohn. Der liegt im Westen bei 8 Euro pro Stunde. Das ist so schwer verdientes Geld, wie kaum bei einer anderen Ernte, meint Spargelbauer Allofs. Seine Leute arbeiten im Akkord. Sie werden pro Stange bezahlt und nicht pro Kilo, «weil das gerechter ist», sagt er. Im Schnitt sind das 3,5 Cent. Nach einer Anlaufzeit von zwei Wochen sollte auch ein Neuling so schnell sein, dass er im Akkord auf den Mindestlohn kommt. In der Regel klappe das auch.

Agnieszka ist Anfängerin, hat aber schon ein paar Tage hinter sich. Der entscheidende Schnitt, der die Spargelstange von der Wurzelkrone trennt, findet quasi blind unter der Erde statt. Einfacher gesagt als getan. Sie stochert mit dem langen Spargelstechmesser, das am unteren Ende die Schneide hat, in der Erde herum, ohne die Stange zu treffen.

«Wir sind doch keine Erdarbeiter, sondern Spargelstecher», sagt Allofs schmunzelnd und zeigt noch mal, wie sie das Messer oben richtig ansetzt. «Man muss das immer wieder zeigen und erklären», sagt er geduldig. Agnieszka seufzt.

Gleich hat sie es überstanden. In der Vorlaufzeit wird morgens nur zwei Stunden geerntet. In der heißen Phase geht es im Schichtsystem vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang: Vier Stunden Ernte, vier Stunden Pause, vier Stunden Arbeit. «Die körperliche Kraft lässt nach vier Stunden nach», sagt der Chef. Mit den langen Pausen schaffen die Erntehelfer 50 Prozent mehr als in den langen Acht-Stunden-Schichten. Das hatten sie ihm zuerst nicht geglaubt.

Franz Allofs könnte auch seufzen - wenn er an den ganzen Papierkram denkt, den «Frau Nahles» (Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles) den Betrieben mit dem Mindestlohn aufgebrummt hat. Aber er ist kein Typ, der jammert. Er ist Pragmatiker. Darum lässt er den Papierkram jetzt machen. 

Ortswechsel ins Büro. Zeit für einen Kaffee. Da sitzt sein Sohn Michael. Auch er arbeitet mit seiner Frau im Familienbetrieb. Die ersten Bestellungen gehen ein: Die Sorten haben so schöne Namen wie Schneeweißchen, Spargelkinder, Königsklasse. Und was liebt Franz Allofs? «Die Spitzen!» Er grinst breit.
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 10.04.2016 09:10 Uhrzustimmen(221) widersprechen(188)
so wie es erdbeerfelder zum selbsternten gibt, könnte man ja auch spargelfelder zum selbsternten anbieten, dann würde sich die wirbelsäulenbelastung auf mehrere verteilen
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