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13.12.2013 | 14:21 | Grüne Gentechnik 

EU-Gericht untersagt Anbau und Vertrieb der Genkartoffel Amflora

Luxemburg/Brüssel - Viel Wirbel um eine Knolle: Erst lässt die EU die Genkartoffel Amflora zu. Kurz darauf stellt der Konzern BASF den Anbau ein. Und als alles schon vorbei ist, besiegelt nun das Gericht der EU das Aus für die Kartoffel.

Genkartoffel Amflora
(c) proplanta
Das EU-Gericht verbietet den Anbau und Vertrieb der umstrittenen Gentechnik-Kartoffel «Amflora». Die Knolle wird allerdings schon seit 2011 in Europa gar nicht mehr angebaut.

Hintergrund der Entscheidung sind Verfahrensfehler der EU-Kommission bei der Zulassung als Futtermittel und für die industrielle Verwendung durch den Chemiekonzern BASF, teilte das Gericht am Freitag in Luxemburg mit. Die ungarische Regierung hatte gegen den Beschluss der EU-Kommission zur Zulassung geklagt. Greenpeace zeigte sich begeistert von der Entscheidung gegen «die Kartoffel, die keiner wollte».

Die ungarische Regierung hatte gegen den Beschluss der EU-Kommission zur Zulassung von «Amflora» geklagt. Greenpeace zeigte sich begeistert von der Entscheidung gegen «die Kartoffel, die keiner wollte». BASF hält dagegen: «Es wurde keine Entscheidung gefällt hinsichtlich der wissenschaftlichen Bewertung unseres Produktes.» Sowohl die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als auch andere Gremien hätten immer wieder bestätigt, dass es sich um ein «sicheres Produkt» handele.

Die EU-Kommission habe bei der Entscheidung ein neueres Gutachten der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zwar berücksichtigt, erklärten die Richter. Die EU-Behörde habe dem zuständigen Ausschuss der EU-Staaten aber keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem neuen Gutachten der EFSA gegeben. Damit habe die Kommission die Verfahrenspflichten erheblich verletzt.

Nur zwei genetisch veränderte Pflanzen sind in der EU zum Anbau zugelassen: die Maissorte MON 810 und die Kartoffel «Amflora». Die Kartoffel kann wegen ihres hohen Stärkegehalts etwa in der Klebstoff- oder Garnproduktion genutzt werden.

Anfang 2012 hatte BASF angekündigt, den europäischen Markt für Pflanzenbiotechnologie weitgehend aufzugeben und den Sitz seines Tochterunternehmens aus der Nähe von Ludwigshafen in die USA zu verlegen. Zur Begründung hieß es, in weiten Teilen Europas fehle die Akzeptanz. Im Fall von «Amflora» hatte es immer wieder Proteste gegen den Anbau gegeben, auf einem Feld in Mecklenburg-Vorpommern mussten die Kartoffeln sogar von Polizisten bewacht werden. Zudem hatte etwa das Bundesverfassungsgericht der Gentechnik in der Landwirtschaft enge Grenzen gesetzt.

Die Umweltorganisation Greenpeace jubelte: «Die unrühmliche Geschichte der Gen-Kartoffel Amflora ist mit dem heutigen Urteil endgültig beendet. Die Kartoffel, die keiner wollte, war zu allem Überfluss noch nicht einmal legal zugelassen», kommentierte Dirk Zimmermann.

Die EFSA hatte die Zulassung von Amflora 2005 noch befürwortet. Die EU-Kommission schlug den Staaten daraufhin vor, grünes Licht zu geben. Am Ende hätte die Kommission auch selbst entscheiden können. Doch die Behörde zögerte und ließ die Kartoffel erst 2009 zu.

In der Zwischenzeit ließ die Kommission von der EFSA ein neues Gutachten erstellen, weil selbst die Experten zerstritten waren. In dem neuen Gutachten von 2009 empfahl die EFSA erneut die Zulassung und stellte fest, dass von der Kartoffelsorte keine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht. Doch einzelne Experten widersprachen ausdrücklich. Die EU-Kommission legte den Staaten daraufhin keinen neuen Vorschlag für oder gegen die Zulassung vor, sondern traf selbst die Entscheidung für die Kartoffel.

Darin sieht das Gericht einen Verstoß gegen die Verfahrensregeln. Da die Genkartoffel stets umstritten war, hätte die Entscheidung über die Zulassung ganz anders ausfallen können, wenn die EU-Kommission das neue Gutachten vorgelegt und den Staaten erneut Gelegenheit zur Entscheidung gegeben hätte.

Das EU-Gericht in Luxemburg ist unter anderem für Klagen gegen EU-Organe zuständig oder gegen bestimmte europäische Gesetze. EU-Staaten können dort auch gegen die Kommission klagen. Entscheidungen des Gerichts können vor dem Europäischen Gerichtshof als letzter Instanz angefochten werden.

Die Genkartoffel «Amflora»



Rein äußerlich unterschied die inzwischen nicht mehr angebaute BASF-Genkartoffel «Amflora» nichts von anderen Sorten. Das Geheimnis lag im Inneren: Laut BASF produzierte die Amflora im Gegensatz zu herkömmlichen Kartoffeln nur eine von zwei Stärkesorten, die sogenannte Amylopektinstärke. Vor der Verwendung etwa in der Papier- oder Klebstoffherstellung sollte damit keine aufwendige Trennung der beiden Stärkesorten mehr nötig sein, hatte die BASF damals erklärt.

Herkömmliche Kartoffeln produzieren ein Stärkegemisch aus den Bestandteilen Amylopektin und Amylose. Nach Angaben des Chemiekonzerns wird in vielen technischen Anwendungen, etwa bei der Klebstoff- oder Garnproduktion, aber nur Amylopektin gebraucht. (dpa)

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