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08.10.2022 | 10:40 | Aktueller Rat Pflanzenschutz 

Getreide ab jetzt unbedingt im Visier halten

Karlsruhe - „Ein Teil der Wintergerstensaat ist bereits in den letzten trockenen Septembertag in den Boden gekommen,“ so der renommierte Pflanzenschutzberater und Anbau Experte M. Kreh im Vorfeld seiner kulturspezifischen Regionalempfehlungen.

Herbizidbehandlung
(c) proplanta
Oft ist die erste Herbizidbehandlung schon gelaufen, bzw. in manchen Flächen steht sie jetzt an. Für Betriebe, die noch säen müssen ergeben sich diese Woche unter abgetrockneten Böden gute Saatbedingungen, Befahrbarkeit geht vor Saatzeitpunkt.

Auch die Winterweizenaussaat wird diese Woche schon starten. Für die Ungräser- bzw. Unkräuterbehandlung gelten die Grundsätze, die im Warndienst KW 38 angesprochen wurden: eine Bekämpfung vor allem der Ungräser im Herbst ist immens wichtig. Dadurch kann der Druck von den Frühjahrsbehandlungen genommen werden, oder diese können sogar auf eine reine Behandlung der Unkräuter beschränkt werden. Außerdem sind die Frühjahrsbehandlungen weitaus resistenzgefährdeter.

Durch eine mechanische Maßnahme mittels Striegel kann bei passenden Bodenbedingungen der Herbizideinsatz unterstützt bzw. reduziert oder im idealen Falle sogar ausgelassen werden, wenn das falsche Saatbett und der mechanische Einsatz vor der Saat gewirkt haben. Auch diese mechanischen Maßnahmen sollten möglichst im Herbst getätigt werden, da im Frühjahr die Ungräser für eine Bekämpfung schon zu weit entwickelt sind.

Auf gewissen Problemstandorten helfen nur noch diese Maßnahmen, um in Kombination mit der chemischen Bekämpfung dem Ackerfuchsschwanz in Schach zu halten. Hierzu zählen insbesondere die tonigeren Böden, hier wird tendenziell früher gesät, um die trockeneren Bodenbedingungen zu nutzen, gleichzeitig ist der Striegeleinsatz erschwert möglich, der Ackerfuchsschwanz fühlt sich dort eher wohl. Bei sehr späten Saatterminen ist es beim Winterweizen besser die Herbstbehandlung auszulassen und den Fokus auf eine effektive Frühjahrsbehandlung zu legen.

Praxistipps: Zur chemischen Bekämpfung ist es im Herbst angeraten im Vorauflauf oder frühen Nachauflauf, als besten Zeitpunkt, den Wirkstoff Flufenacet einzusetzen. Dieser ist unabhängig vom Mittel in einer Dosis von 240g/ha einzusetzen, enthalten in Cadou SC, Franzi, Sunfire. Vorauflaufbehandlungen sind den frühen Nachauflaufbehandlungen aufgrund der besseren Wirkung vorzuziehen.

Zusätzlich stehen noch die Wirkstoffe Prosulfocarb (Boxer) und Pendimethalin (Stomp Aqua, Activus SC) zur Verfügung. Um die Wirkung der besagten Wirkstoffe zu unterstützen werden diese meist in Mischungen bzw. Packs vertrieben, so z.B. Boxer Cadou SC Pack. Bewährte Mischungen sind auch Herold SC 0,6 l/ha + Boxer 3,0 l/ha.

Neu seit letztem Jahr ist das Produkt Mateno Duo, das die Wirkstoffe Aclonifen und Diflufenican enthält. Hier bieten sich Mischungen von Mateno Duo und Cadou SC an. In der höheren Aufwandmenge von Mateno Duo 0,7 l/ha nur in Winterweizen und Triticale, in der Höhe von 0,35 l/ha aus Verträglichkeitsgründen auch in Wintergerste und Winterroggen. Hiermit ist eine gute Ackerfuchsschwanzwirkung gesichert.

Allerdings können gewisse Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen (Prosulfocarb in Boxer und Chlortoluron in Trinity, Carmina 640, Lentipur 700, CTU 700) speziell bei der Wintergerste zu starken Blattaufhellungen oder zu stärkeren Schäden führen.

Auf Windhalm-Flächen, die keine Ackerfuchsschwanz-Problematik haben, können die Chlortoluron-Produkte, wie Carmina 640, Lentipur 700, CTU 700 und Trinity verwendet werden. Hier aber unbedingt beachten, dass nicht alle Weizensorten diesen Wirkstoff vertragen. Es gilt, unbedingt in der Sortenbeschreibung des Züchters nachzuschlagen!

Achtung: Wird dieser Termin verpasst kann gegebenenfalls noch zu Vegetationsende mit anderen Wirkstoffen nachbehandelt werden. Dazu mehr in einem der nächsten Warndienste. Weitere Informationen erhalten Sie in der IP-Broschüre Seite 52, Tabelle 19. Zu beachten sind unbedingt die aufgeführten Auflagen bezüglich drainierten Flächen für den Wirkstoff Chlortoluron und die Gewässerabstandsauflagen für alle Produkte, die zum Teil bis zu 10m bei 90% Abdriftminderung reichen.

Für einzelne Produkte gelten Auflagen, dass diese auf drainierten Flächen nur bis 31. Oktober angewendet werden dürfen. Diese Einhaltung dieser Auflagen wird stichprobenweise kontrolliert. Weiterhin gelten für die oben beschriebenen Pendimethalin- und Prosulfocarb-Produkte Anwendungsbestimmungen für die Ausbringung: mind. 90% Abdriftminderung, mind. 300 l/ha Brühemenge, max. 7,5 km/h Fahrgeschwindigkeit und max. 3m/sec. Windgeschwindigkeit.

Allgemein gilt hier auch, dass der Boden fein, gut abgesetzt, fein krümelig und feucht sein muss, um eine gute Wirkung der Bodenherbizide sicherzustellen. Um die Belagsbildung auf der Bodenoberfläche zu optimieren ist es vorteilhaft durch eine Walze zu grobe Kluten, z.B. auf schweren Boden, zu zerdrücken. Je früher nach der Saat die Vorauflaufbehandlung durchgeführt wird, desto besser ist die Wirkung, besonders auf Fuchsschwanzstandorten.

Für Flächen in Schutzgebieten (Landschaftsschutz, FFH, Vogelschutz) gelten die verbindlichen Auflagen von IPS+, nachzulesen unter: https://ltz.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/Integrierter+Pflanzenschutz .Hierzu zählt unter anderem die Anlage eines Spritzfenster, 10m vom Feldrand entfernt mit mind. 10m Länge und 5m Breite zur Erfolgskontrolle der Maßnahmen.

Speziell bei früh gesäter und bereits aufgelaufener Wintergerste gilt es die Blattläuse und Zikaden als Virusüberträger im Blick zu halten. Der frühe Saattermin und ein evtl. lange stehen gebliebenes (gelbes) Ausfallgetreide der Vorfrucht führen tendenziell zu höherer Belastung. Das noch vorhandene warme Wetter begünstigt den Blattlausflug ebenso, lückige schwache Bestände, aber auch übermäßig gedüngte Bestände sind anfälliger für Befall. Ab dem 2-Blatt-Stadium müssen die Bestände regelmäßig auf Schädlingsbefall kontrolliert.

Da insektizide Saatgutbeizen nicht mehr zugelassen sind, kann ein Befall nach Überschreiten der Schadschwelle (mehr als 20% der Gerstepflanzen mit Blattläusen besiedelt) nur noch mit den gängigen Produkten, in IP-Broschüre Seite 48, Tabelle 18, eingedämmt werden. Auch hier gilt der Apell, vorbeugende Behandlungen bei weitaus geringerem Befall aus Gründen des Resistenzmanagements zu unterlassen. Auf dem Saatgutmarkt sind bereits mehrzeilige Wintergerstensorten (Sensation und LG Caiman) mit genetisch vorhandenen Resistenzen gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus verfügbar.

(Informationen des Landkreis Ravensburg vom 07.10.2022)
LTZ Augustenberg
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