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28.08.2022 | 13:36 | Getreideernte 2022 

Getreideaufkommen in Deutschland auf 43,2 Millionen Tonnen veranschlagt

Berlin / Ditzingen - Die bundesdeutsche Erntemenge an Getreide einschließlich Körnermais und Corn-Cob-Mix (CCM) beläuft sich nach dem aktuellen amtlichen Kenntnisstand auf rund 43,2 Mio. t; das sind etwa 2 % mehr als 2021.

Getreideaufkommen 2022 Deutschland
Langjähriges Mittel wird gemäß der ersten amtlichen Ernteschätzung um 0,2 Prozent übertroffen - Rapserzeugung mit fast 4,3 Millionen Tonnen „unerwartet gut“ ausgefallen. (c) proplanta
Das Mittel der Jahre 2016 bis 2021 wird demnach um 0,2 % übertroffen. Ohne Körnermais und CCM ergibt sich im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Plus von 4,8 % auf 39,7 Mio. t Halmgetreide. Das geht aus dem am Freitag (26.8.) veröffentlichten Erntebericht 2022 des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervor.

Die amtlich festgestellten Ergebnisse sind repräsentativ und basieren für die wichtigsten Feldfrüchte auf den tatsächlich ermittelten Ernteergebnissen von bis zu 10.000 Feldern, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. Die amtliche Ernteschätzung für Getreide deckt sich annähernd mit der des Deutschen Bauernverbandes (DBV), der das Aufkommen am Dienstag auf rund 43,3 Mio. t veranschlagte und liegt etwas über der des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), der zuletzt von 42,9 Mio. t ausgegangen war.

„Unerwartet gut“ fällt vor dem Hintergrund der Hitze und Trockenheit die amtliche Schätzung für die diesjährige Rapserzeugung mit 4,28 Mio. t aus. Dies sind laut Ministerium 22,3 % mehr als im vergangenen Jahr und 14,8 % mehr als im sechsjährigen Durchschnitt. Das Agrarressort liegt bei der schwarzen Ölfrucht damit auch deutlich über der Ernteschätzung des Bauernverbandes mit 4,08 Mio. t und der des Deutschen Raiffeisenverbandes mit nur 4 Mio. t.

Bauern stellen sich auf Klimawandel ein

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir stellte bei der Vorstellung des Berichts in Ditzingen fest, dass sich die Folgen der Klimakrise inzwischen auf den Äckern und Weiden ablesen ließen. „Unser Erntebericht wird immer mehr zum Zeugnis der Klimakrise: Fast überall wurde dieses Jahr früher gedroschen, gerodet oder gepflückt.

Was die Erträge angeht, sehen wir Licht und Schatten“, berichtete der Minister. Während für einige Regionen und für bestimmte Kulturen gute Erträge gemeldet worden seien, hätten Betriebe anderswo teils herbe Einbußen in Kauf nehmen müssen. Der Erntebericht 2022 zeige aber auch, dass einige Bauern schon jetzt zunehmend Sorten und Kulturen anbauten, die mit Hitze und Trockenheit besser umgehen könnten.

Höchste Produktionszuwächse in Norden

Dem Bericht zufolge sind die Zuwächse beim Getreide zum Vorjahr vorwiegend auf bessere Flächenerträge zurückzuführen. Im Durchschnitt aller Getreidearten ohne Körnermais liegt der bisher festgestellte Hektarertrag bei 70,2 dt/ha, womit der Vorjahreswert um 4,1 % übertroffen wurde.

Dabei sind bei den Getreide- und Rapserträgen aber auch in diesem Jahr große regionale Unterschiede festzustellen. Die höchsten Produktionszuwächse im mehrjährigen Vergleich weisen laut den amtlichen Zahlen Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen auf. Den mit Abstand stärksten Rückgang hat Bayern zu verbuchen.

Körnermaisertrag unter Niveau von 2018

Laut dem Agrarressort wurden an Winterweizen, der wichtigsten und zudem ertragreichsten Halmgetreidekultur in Deutschland, bundesweit insgesamt etwa 22,1 Mio. t gedroschen, nach 21,1 Mio. t im vergangenen Jahr. Die Erzeugung von Wintergerste wird von den Fachleuten auf 9,3 Mio. t taxiert; das wären 4,7 % mehr als 2021. Derweil dürfte die Triticaleproduktion um 2,2 % auf knapp 2 Mio. t zugelegt haben.

Mit Blick auf die Körnermaisernte rechnet das Bundeslandwirtschaftsministerium allerdings mit starken, dürrebedingten Einbußen. Nach derzeitigem Stand, der sich auf Schätzungen aus sieben Bundesländern stütze, zeichne sich ein durchschnittlicher Hektarertrag von lediglich rund 75 dt ab. Damit würde sogar der Ertrag aus dem Dürrejahr 2018 von 81,4 dt/ha noch unterschritten. Unter diesen Annahmen wäre eine Körnermaisernte von nur rund 3,5 Mio. t zu erwarten; das wären 21,5 % weniger als 2021 und 12,7 % weniger als im sechsjährigen Durchschnitt.

Erntemenge „unterdurchschnittlich“

Im Gegensatz zum Bundeslandwirtschaftsministerium berichtete der Deutsche Bauernverband von einem „nur unterdurchschnittlichen“ Getreideaufkommen. Als Referenzzeitraum zog der DBV dabei das Mittel der Jahre 2014 bis 2021 ohne das extreme Dürrejahr 2018 heran und kam hier auf 45,8 Mio t Getreide, während er die diesjährige Ernte auf 43,3 Mio. t schätzt.

Ein großer Unsicherheitsfaktor ist in diesem Jahr laut Bauernverband die Ernte von Körnermais. Dieser habe in vielen Regionen massiv unter der Trockenheit der vergangenen Wochen gelitten. Die diesjährige Getreideernte falle quantitativ gesehen im Gegensatz zu 2021 etwas besser aus, die Qualitäten speziell beim Weizen ließen aber vielfach zu wünschen übrig, berichtete Bauernpräsident Joachim Rukwied bei der Erntepressekonferenz.

Die regionalen Unterschiede seien dabei noch stärker ausgeprägt als in den Vorjahren. Bei Winterweizen, der wichtigsten Kultur, geht der Bauernverband von einer Erntemenge von fast 21,9 Mio. t aus; das wären rund 800.000 t mehr als im Vorjahr, aber gut 2 Mio. t weniger als im mehrjährigen Mittel. Die Winterrapsernte beziffert der DBV auf annähernd 4,1 Mio. t.

Klimawandel direkt zu spüren

„Die in vielen Regionen des Landes lang anhaltende Trockenheit zeigt erneut, dass die Landwirte die Auswirkungen des Klimawandels sehr direkt zu spüren bekommen“, stellte Rukwied fest. Schaue man sich die Erträge in den letzten Jahren an, werde deutlich, dass es keinen Spielraum für weitere flächendeckende Einschränkungen bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln geben dürfe.

Die von der EU-Kommission geplanten pauschalen Anwendungsverbote von Pflanzenschutzmitteln seien „unverantwortlich“ und würden die Lebensmittelversorgung in Europa gefährden. Im Unterschied zu 2021, als die Getreideernte zum „Wettlauf mit dem nächsten Schauer“ wurde, konnten die Mähdrescher dieses Jahr Rukwied zufolge ungestört laufen, so dass vielerorts die Ernte bis zu drei Wochen früher als üblich beendet wurde.

In den Dürregebieten litten aber die Herbstkulturen wie etwa Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben inzwischen massiv, so dass auch hier regional mit erheblichen Ertragseinbußen gerechnet werden müsse. Für die anstehende Raps- und Zwischenfruchtaussaat sei es mancherorts ebenfalls viel zu trocken. „Außerdem trifft die Dürre auch die Tierhalter“, so der DBV-Präsident. Zum Teil müssten bereits die Wintervorräte angebrochen werden, um die Futterversorgung sicherzustellen.

Globale Unterversorgung bei Mais

Der Raiffeisenverband sah seine Einschätzungen zur Ernte durch die amtlichen Zahlen bestätigt. „Auch wir gehen von einer Ernte in vergleichbarer Höhe aus. Die schlechten Erträge beim Körnermais, die dürrebedingt weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, belasten das Gesamtergebnis“, sagte DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler.

Auch in anderen wichtigen Anbaugebieten Europas und der Welt leide diese Getreideart unter widrigen Wetterbedingungen. „Wir gehen beim Mais weltweit von einer Unterversorgung aus: Die Erntemenge liegt unter der Nachfrage“, so Seedler. Mais sei für die Versorgung von Mensch und Tier von immenser Bedeutung; sein Anteil an der globalen Getreideernte liege bei mehr als 50 %.

Der DRV warnte vor zusätzlichen, transportbedingten Versorgungsengpässen in den kommenden Monaten, insbesondere beim Mais. Um dies zu verhindern, sei eine leistungsfähige Logistik erforderlich, die weiterhin knapp und teuer sei. Binnenschiffe würden wegen der extrem niedrigen Wasserstände in Mitteleuropa kaum noch fahren.

Die Getreidelager könnten nur dann wieder gefüllt werden, wenn die nächste Ernte gute Ergebnisse bringe. Vor diesem Hintergrund begrüßte der Verband, dass Minister Özdemir die EU-Regelung zur verpflichtenden Stilllegung von 4 % der Ackerflächen im Jahr 2023 aussetzen will. „Dadurch können knapp 500.000 ha mit einem Ertragspotential von mehr als 3 Mio. t in der Produktion bleiben“, stellte Seedler fest. Dies sei für die Sicherung der Versorgung „uneingeschränkt sinnvoll“.
AgE
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