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29.03.2015 | 13:00 | Risikobewertung 
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Grüne fordern sofortiges Verbot von Glyphosat

Berlin/Brüssel - Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht vorerst keinen Grund, seine Einschätzung zu ändern, dass das Breitbandherbizid Glyphosat nicht krebserzeugend ist. Das hat das BfR diese Woche in Reaktion auf einen Bericht der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) bekräftigt.

Risikobewertung-Glyphosat
IARC-Forscher stufen Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ ein. (c) proplanta
Die IARC ist Teil der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichten IARC-Wissenschaftler am 20. März eine Neubewertung von insgesamt vier Wirkstoffen, wobei Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ klassifiziert wurde. Nach IARC-Einschätzung liefern Studien, die seit 2001 in den USA, Kanada und Schweden erschienen sind, begrenzte Hinweise auf eine krebsauslösende Wirkung beim Menschen und ausreichende Belege für eine Kanzerogenität im Tierversuch.

Dem BfR erscheint das IARC-Papier „auf Basis der vorliegenden Informationen wissenschaftlich schlecht nachvollziehbar und offenbar nur mit wenigen Studien belegt“. Die Entscheidung der IARC könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, da ausführliche Begründungen noch nicht vorlägen.

„Dass verschiedene Gremien aufgrund unterschiedlicher Informationen und Einschätzungen von experimentellen Daten Sachverhalte unterschiedlich bewerten, gehört zum Alltag in der Risikobewertung“, erläuterte das BfR. Man werde die IARC-Monografie nach Erscheinen gründlich prüfen.

Relativ geringe Toxizität

Die EU-Zulassung für Glyphosat läuft Ende 2015 aus; deshalb befindet sich der Wirkstoff derzeit in einem Überprüfungsverfahren. Deutschland ist dabei der federführende Mitgliedstaat. Das BfR bescheinigte dem Herbizid vergangenen Sommer bei einer Expertenanhörung eine relativ geringe Toxizität und legte dem Bundestag mittlerweile auch einen entsprechenden Bericht vor.

Die Europäische Kommission lehnt Schnellschüsse in Bezug auf das Risiko von Glyphosat ab. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) führe eine Befragung von Experten aus sämtlichen Mitgliedstaaten durch, um ein Gutachten zur Risikobewertung des Wirkstoffs Glyphosat zu erstellen, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Die Kommission selbst werde dem Antrag auf Wiederzulassung auf dieser Grundlage, aber eben erst nach Abschluss des EFSA-Verfahrens begegnen.

Zulassung aussetzen

Bündnis 90/Die Grünen sehen durch die IARC-Veröffentlichung ihre Bedenken gegenüber Glyphosat bestätigt. Für die Bundestagsfraktion forderte Harald Ebner Konsequenzen. „Das allgegenwärtige Allzweck-Ackergift ist eben nicht harmlos“, so Ebner. Die Bundesregierung dürfe sich an der Neubewertung nicht „vorbeimogeln“. Sie müsse die Zulassung umgehend aussetzen und die Risiken gründlich untersuchen. Gerade die Folgen der Glyphosatbelastung von Nahrungsmitteln seien immer noch zu wenig untersucht.Anwendungen kurz vor der Ernte, auf Grünflächen und in Privatgärten müssten sofort die Zulassungen entzogen werden.

Ähnlich äußerten sich die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Gisela Sengl, sowie ihr Amtskollege im Europaparlament, Martin Häusling. Die Kommission müsse dafür sorgen, dass die EFSA „die wissenschaftlich einseitig zustande gekommene Bewertung aus Deutschland“ kritisch überprüfe und sämtliche aktuellen Studien zu Glyphosat in ihre Bewertung miteinbeziehe.

Methodische Mängel

Die Glyphosate Task Force (GTF) lehnt indes die IARC-Klassifikation ab. „DieAuswertung, die zu diesem Schluss gekommen ist, weist erhebliche methodische Mängel auf, und die daraus gezogene Schlussfolgerung steht im Widerspruch zu sämtlichen regulatorischen Sicherheitsbewertungen von Glyphosat“, hieß es von Seiten der Arbeitsgemeinschaft Glyphosat, einem Verbund von sieben Unternehmen der deutschen Pflanzenschutzindustrie.

Die IARC habe lediglich eine Auswahl öffentlich zugänglicher Informationen in Betracht gezogen, nicht jedoch die vorliegende, umfangreiche Datengrundlage zu Glyphosat, die bereits von den Zulassungsbehörden der westlichen Industrieländer evaluiert worden sei.

Die von der IARC nicht berücksichtigten Studien seien unter Einhaltung validierter Testverfahren und höchsten Qualitätsstandards in behördlich kontrollierten Laboratorien durchgeführt worden. Diese Studien lieferten den eindeutigen Nachweis, dass Glyphosat kein genotoxisches oder karzinogenes Potential besitze. Nach eingehender Prüfung sämtlicher Daten seien die zuständigen Behörden wiederholt zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat weder bei Menschen noch bei Tieren Krebs auslöse.

Die US-Zentrale des Saatgutkonzerns Monsanto zeigte sich über das IARC-Gutachten empört und sprach von „Pseudowissenschaft“. Sicherheit habe für sämtliche Monsanto-Mitarbeiter oberste Priorität. (AgE)
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Kommentare 
Do schrieb am 09.05.2015 17:08 Uhrzustimmen(56) widersprechen(57)
Wenn wenigstens die geltenden Gesetze mal eingehalten würden,was nutzt es denn,wenn das Versprühen auf Gehwegen verboten ist und in vielen noch so kleinen Dörfern sowohl von der Gemeindeseite als auch von den Bewohnern Glyphosathaltige Mittel auf die Gehwege,Straßenränder und selbst auf Wiesenränder gesprüht oder wie selber gesehen,sogar mit der Gießkanne aufgebracht werden.Man kann es in großen Kanistern im Internet in jeder beliebigen Menge einfach bestellen,es fragt keiner danach,was man damit macht. Ausserdem verstehe ich nicht,dass es geduldet wird,wenn in allem konverntionell produziertem Backwerk Glyphosat enthalten sein muss.Es kann doch nicht sein,dass vor der Ernte das gesamte Getreide erstmal vergiftet wird???????? Ich glaube nicht,dass die Grünen es schaffen,dagegen vorzugehen,sie schaffen es leider in anderen Bereichen auch nicht,sie haben keine Alternativen und die Lobbygruppen sind viel zu stark.Und ob die WHO sich da durchsetzen kann,wird sich noch zeigen.
Andreas schrieb am 31.03.2015 22:52 Uhrzustimmen(89) widersprechen(121)
um unsere Zukunft muss man sich wirklich Sorgen machen. Die Industrie hat das BfR voll im Griff. Konsequenzen bei einem Supergau? Weder Industrie noch Verantwortliche des BfR haben etwas zu befürchten.
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