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24.11.2010 | 12:54 | Gentechnik 

Karlsruhe setzt Gentechnik in Landwirtschaft Grenzen

Karlsruhe - Gentechnik-Befürworter wollten Erleichterungen für Gen- Bauern erreichen - und bewirkten das Gegenteil: Das Verfassungsgericht stellte sich auf die Seite der Skeptiker.

Genmais
(c) proplanta
Das Bundesverfassungsgericht hat der Gentechnik in der Landwirtschaft enge Grenzen gesetzt. In einer am Mittwoch verkündeten Entscheidung bestätigten die Richter das geltende Gentechnikgesetz. Sowohl das Standortregister für Gentechnikfelder wie auch die weitreichende Haftungsregelung seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Danach müssen Gentechnik-Landwirte zahlen, wenn veränderte Pollen ein Nachbarfeld verunreinigen - und zwar unabhängig davon, ob sich der konkrete Verursacher nachweisen lässt (Az.: 1 BvF 2/05).

Die Umweltverbände feierten die Entscheidung als Sieg. «Ich kann gar nicht so viel strahlen, wie ich mich freue», sagte Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Das Gericht treffe die Meinung von mehr als 85 Prozent der Deutschen. Entscheidend ist für sie der Hinweis der Richter, dass die Gentechnik die natürlichen Lebensgrundlagen bedroht und die Politik deshalb besondere Sorgfalt walten lassen muss. «Das kann man gar nicht stark genug herausstellen», pflichtete Felix Prinz zu Löwenstein bei, Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologische Landwirtschaft.

Staatssekretär Robert Kloos vom Verbraucherschutzministerium sieht die Vorgaben der Bundesregierung bestätigt. «Bei der anstehenden Novellierung des Gesetzes müssen wir an der Stelle keine großen Änderungen vornehmen.» Die schwarz-gelbe Koalition plant, den Ländern bei den Genehmigungen für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen mehr Gestaltungsspielräume zu geben. Nach Ansicht des Geschäftsführers der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie, Ricardo Gent, herrscht jetzt wenigstens Rechtssicherheit. «Eine weitere Verschärfung ist damit ausgeschlossen.»

Kleinlaut reagierte Andreas Schaper aus dem Wirtschaftsministerium in Sachsen-Anhalt auf den Richterspruch. Die damalige schwarz-gelbe Landesregierung hatte die Klage angestoßen, um den Forschungsinstituten im Land die wirtschaftliche Verbreitung ihrer Gentechnik-Produkte zu erleichtern. Jetzt müssten die Institute eben unter den strengen Bedingungen weiterarbeiten, sagte er. «Ich bin überzeugt, dass wir trotzdem die qualifizierte Forschung an unseren Standorten halten können.»

Die Verfassungsrichter ermahnten die Politiker, sie dürften es beim Thema Gentechnik nicht bei einer einfachen Kosten-Nutzen- Rechnung belassen. Sie seien auch «in der Verantwortung, für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen». Mehrfach verwiesen sie darauf, dass die Gentechnik in die elementaren Strukturen des Lebens eingreife, und die Folgen wohl nur schwer wieder rückgängig zu machen seien. Deshalb müsse beim Aussäen und Vermarkten gentechnisch veränderter Produkte «größtmögliche Vorsorge» getroffen werden.

Dazu zählen die Richter auch das umstrittene Standortregister, mit dem sich die Öffentlichkeit gezielt über die Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen informieren kann. Den Einwand, dass Gentechnik-Gegner die Felder dadurch schnell finden und zerstören könnten, ließen sie nicht gelten. Solche Aktionen habe es bereits vor dem Register gegeben; die Verfolgung dieser Straftaten sei Sache der Polizei. Industrie-Vertreter Gent forderte daraufhin, dass die Politik diese Zerstörungen endlich ernst nehmen müsse. «Bislang hat sie meist weggesehen.»

Auch die sogenannte verschuldungsunabhängige Störerhaftung ist nach Auffassung des Gerichts angemessen. Demnach haften Gentechnik- Landwirte auch dann für Verunreinigungen auf benachbarten Feldern - etwa durch herumfliegende Pollen -, wenn sie alle Sorgfaltspflichten eingehalten haben. Die Haftungsregelung sei eine Grundlage für ein «verträgliches Nebeneinander konventioneller, ökologischer und mit dem Einsatz von Gentechnik arbeitender Produktionsmethoden». Zudem garantiere diese Regelung, dass sowohl Landwirte als auch Verbraucher wirklich wählen könnten zwischen gentechnisch veränderten und naturbelassenen Produkten.(dpa)

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Gentechnikgesetz
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