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05.07.2021 | 11:17 | Obstklau 

Obstdiebstahl: Haben die Fälle in der Pandemie zugenommen?

Mainz - Der unerlaubte Griff zum Obstbaum ist für manche Menschen ein Kavaliersdelikt, Landwirte hingegen schimpfen über Gelegenheitstäter oder organisierte Banden.

Obstdiebstahl?
Die Polizei spricht von einem jährlich wiederkehrenden Phänomen: Obstklau. Großangelegte Raubzüge sehen Bauernverbände inzwischen seltener, doch vermehrt wird im Vorbeigehen zugegriffen. Vereinzelt verschwinden aber auch ganze Bäumchen. (c) proplanta
Wie Ludwig Schmitt, Vorsitzender des Kreisverbands Mainz-Bingen im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd, sagte, haben sich seit Beginn der Corona-Pandemie hier zwei unterschiedliche Tendenzen herausgebildet.

«Zum einen registrieren wir einen Rückgang großangelegter Raubzüge auf Wiesen und Feldern», meinte der 70 Jahre alte Landwirt. Das liege vor allem an der Polizei, die etwa in Vororten und Nachbargemeinden von Mainz wesentlich stärker präsent sei als früher. Insbesondere wirke es sich positiv aus, wenn Polizeistreifen mit Hunden auf Wirtschaftswegen patrouillieren. Eine Frau oder ein Mann in Uniform würden viele Menschen davon abhalten, Obst in größerem Stil zu stehlen. Das zeige die Erfahrung.

Die Polizei sprach von einem «jährlich wiederkehrenden Phänomen». «Die Dienststellen haben ein besonderes Augenmerk darauf und beziehen die Felder in ihre Streifentätigkeit mit ein», sagte eine Sprecherin.

Auch Mitarbeiter von Ordnungsämtern patrouillieren zu Erntezeiten in Obstplantagen, wie der Vorsitzende des Obstrings Koblenz, Thomas Kreuter, berichtete. Oder auch Landwirte selbst - ein Kollege von ihm sei abends unterwegs. Hilfreich sei überdies zum Beispiel, dass sein Heimatstädtchen Mülheim-Kärlich bei Koblenz in der Erntezeit mit Pflanzenkübeln einen Hauptweg zu Obstplantagen für Autos sperre.

Gleichwohl werde eigentlich «jeden Tag irgendwo Obst geklaut». In Rucksäcken, Plastiktüten, Eimern und Motorrollerkoffern transportierten die Diebe ihre Beute ab. «Bei Äpfeln haben sie uns schon den Zaun aufgeschnitten und sie rausgeklaut», berichtete Kreuter. Noch dreister: «Aus einer neu gepflanzten Plantage sind uns fünf Zwetschgenbäumchen geklaut worden. Mit den Wurzeln.» Die Täter? «Die sind nie ermittelt worden. Wie wollen Sie das machen?»

Landwirt Schmitt sagte, eine bestimmte Form des Obstdiebstahls habe sich während der Corona-Pandemie eher verschlimmert: Es gebe zunehmend Fälle, in denen Diebe im Vorbeigehen nach Früchten am Wegesrand greifen.

Das Problem habe schon in vergangenen Jahren für Ärger bei Bauern gesorgt. Doch diese Form des Diebstahls habe zugenommen, weil viele Menschen wegen der coronabedingten Einschränkungen verstärkt Ausflüge unternommen hätten. «Seither haben sich die Meldungen über solche Diebstähle gehäuft», sagte Schmitt. Dabei handle es sich um keine Bagatelle. Für Obstbauern sei es auch ein finanzielles Problem, wenn sich Ausflügler zum Nulltarif an Kirsch- oder Apfelbäumen bedienten.

Auch wenn der Verlust im Einzelfall nur bei einigen Cent liege, könne sich dies heutzutage kein Bauer mehr erlauben. Auffällig sei, dass dieses Verhalten in sämtlichen gesellschaftlichen Gruppen zu beobachten sei. Weder arme Menschen noch vermeintlich wohlhabende Passanten zeigten Skrupel beim Obstdiebstahl. «Ich habe schon beobachtet, wie ein Mann mit einem teuren Wagen unter einen Kirschbaum gefahren ist und sich bedient hat», sagte Schmitt.

Obstdieben kommt auch ein Trend zupass: Gern haben Obstbauern heute niedrigere Bäume, weil diese Ernte und Pflanzenschutz erleichtern. Nicht ein wie einst 15, sondern lieber nur vier Meter hoher Kirschbaum zum Beispiel ist laut dem Vorsitzenden des Obstrings Koblenz, Kreuter, gefragt: «Da kannst du auf dem Boden liegen und die Kirschen in den Mund fallen lassen.» Was allerdings auch Dieben die Arbeit erleichtere: «Gerade am Wegrand sieht man dann manchmal nur noch die Stiele hängen.»
dpa/lrs
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