Das zeigt eine Studie, die von der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 im Auftrag der EU-Gruppe der Internationalen Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen (IFOAM - Organics Europe) angefertigt wurde. Verglichen wurden 134 für den Ökolandbau genehmigte Substanzen mit 256 zugelassenen Mitteln aus der konventionellen Landwirtschaft, wobei nur der Anbau im Freiland betrachtet wurde.
Basis des Vergleichs waren das Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) sowie die im Zulassungsverfahren festgelegten Vorgaben für den Gesundheitsschutz. Laut der Studie sind 55 % der für die konventionelle Produktion genehmigten Wirkstoffe mit Hinweisen auf Gesundheits- oder Umweltgefahren versehen; demgegenüber stehen 3 % der Wirkstoffe für die Biobauern.
Warnungen vor potentiellen Schäden an ungeborenen Kindern, Verdacht auf Kanzerogenität oder Lebensgefahr durch akute Vergiftung waren bei 16 % der konventionellen Wirkstoffe zu finden, bei den Substanzen für den Ökolandbau hingegen gar nicht. Ernährungs- und arbeitsmedizinische Vorgaben wurden im Zulassungsprozess von 93 % der untersuchten Pflanzenschutzmittel für die konventionelle Landwirtschaft zur Auflage gemacht; im Ökolandbau betraf dies nur 7 % der Wirkstoffe.
Auf Effizienz getrimmtDer Umweltchemiker von Global 2000, Dr. Helmut Burtscher-Schaden, bezeichnete die Ergebnisse als „ebenso signifikant wie wenig überraschend“. Rund 90 % der konventionellen Wirkstoffe seien chemisch-synthetischen Ursprungs und hätten Screening-Programme durchlaufen, um die Substanzen mit der höchsten Toxizität gegenüber den Zielorganismen zu identifizieren, erläuterte der Erstautor der Studie.
Demgegenüber handele es sich beim Großteil der Substanzen für den Ökolandbau „nicht um Stoffe im eigentlichen Sinn, sondern um lebende Mikroorganismen“. Laut Burtscher-Schaden sind zudem 19 % der „Bio-Pestizide“ als „Wirkstoffe mit geringem Risiko“ eingestuft oder als Grundstoffe zugelassen; in diese Kategorien fallen etwa Backpulver oder Essig.
Kupfer als letzter Ausweg„Es ist klar, dass die in der konventionellen Landwirtschaft zugelassenen synthetischen Wirkstoffe weitaus gefährlicher und problematischer sind als die in der Biolandwirtschaft zugelassenen natürlichen Wirkstoffe“, kommentierte IFOAM-Präsident Jan Plagge die Studienergebnisse. Biobetriebe konzentrierten sich auf vorbeugende Maßnahmen wie die Verwendung robuster Sorten, sinnvolle Fruchtfolgen, die Erhaltung der Bodengesundheit und die Erhöhung der
Artenvielfalt auf dem Feld, um den Einsatz von externen Betriebsmitteln zu vermeiden.
Aus diesem Grund werden laut Plagge auf rund 90 % der Ökoflächen keinerlei Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Sollten die Schädlinge dennoch überhand nehmen, sei der Einsatz von Nützlingen, Mikroorganismen, Pheromonen oder Abschreckungsmitteln die zweite Wahl der Biobauern, erläuterte der IFOAM-Präsident. Natürliche Pflanzenschutzmittel wie die Mineralien Kupfer oder Schwefel oder pflanzliche Öle seien „der letzte Ausweg“ für Spezialkulturen wie Obst und Wein. (doi.org/10.3390/toxics10120753)