Bei über 70 Prozent von mehr als 2.000 untersuchten Arten sind demnach in den vergangenen 60 Jahren deutschlandweit Rückgänge zu beobachten. Seit den 1960er Jahren hätten die rückläufigen Arten Einbußen von durchschnittlich 15 Prozent zu verzeichnen, teilte am Mittwoch das
Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn mit.
«Es wird einmal mehr deutlich, dass wir in unserem Umgang mit Natur und
Landschaft zu einem Umdenken kommen müssen», sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel. Man müsse breit in der Fläche an der Land- und Forstwirtschaft ansetzen, die zusammen 80 Prozent der Flächen in Deutschland einnähmen. «Naturverträglichere Nutzungsformen seien dringend geboten.» Albert Wotke von der Umweltstiftung
WWF sagte: «Der große Artenschwund ist menschengemacht. Ein Hauptgrund für den dramatische Rückgang der Pflanzenarten in Deutschland ist die immer intensivere Land- und Forstwirtschaft.»
Die im Fachjournal «Global Change Biology» veröffentlichte Auswertung sei die bisher umfassendste Analyse von Pflanzendaten aus Deutschland überhaupt, hieß es vom BfN. 29 Millionen Daten zur Verbreitung von Gefäßpflanzen seien eingeflossen. Zu den Verlierern zählen demnach insbesondere Arten, die durch den Menschen nach Deutschland gelangten, aber bereits vor der Entdeckung Amerikas. Dazu gehören laut
BfN zum Beispiel die Saat-Wucherblume, der Echte Frauenspiegel, der Große Klappertopf und der Gute Heinrich.
Dagegen konnten sich viele Arten, die Deutschland erst nach 1492 erreichten, ausbreiten. Beispiele seien das Drüsige Springkraut oder das Schmalblättrige Greiskraut. Einer der Autoren der Studie, David Eichenberg, sagte, die Ergebnisse hätten die Wissenschaftler in dieser Deutlichkeit überrascht. «Sie zeichnen ein sehr düsteres Bild des Zustandes der Pflanzenvielfalt in Deutschland.
Dabei wurde bestätigt, dass die Rückgänge nicht auf die ohnehin seltenen oder besonders gefährdeten Arten beschränkt sind, sondern offensichtlich schon seit längerem ein schleichender Biodiversitätsverlust der Mehrzahl der Pflanzenarten in Deutschland stattfindet.» Die Studie habe auch gezeigt, dass die Datenlage verbessert werden müsse. Im Gegensatz zu seltenen Arten, deren Bestände oft gut untersucht seien, fielen Verluste bei den mittelhäufigen bis häufigen Arten mit den gegenwärtigen Erfassungsmethoden erst spät oder gar nicht auf.