Bis 2006 war die Ölfrucht im Norden nach dem Winterweizen noch zweitstärkste Kultur; mittlerweile fiel sie auf Platz vier zurück. Sie wird längst klar überholt vom Mais und mittlerweile auch von der Wintergerste. Dies ergeben Übersichten des Statistikamtes Nord für die Deutsche Presse-Agentur.
Wie erklärt sich die deutliche Verringerung der Raps-Anbaufläche von 120.000 Hektar im Jahr 2007 und noch 100.000 Hektar 2014 auf jetzt nur noch 65.000 Hektar?
«Die Gründe sind vielfältig», sagt Marktexperte Karsten Hoeck von der Landwirtschaftskammer. Unter dem Strich läuft es darauf hinaus, dass die Erträge deutlich gesunken sind. Dazu kommen hohe Schwankungen der Erzeugerpreise. Der Bedarf an Raps für hochwertiges Speiseöl und die geforderte Beimischung in Benzin und Diesel hatten über die Jahre hinweg zur Vergrößerung der Anbaufläche geführt.
Dann aber die Ertragsrückgänge: Das Verbot von Pflanzenschutzmitteln, zu enge Fruchtfolgen und viele nasse Herbstperioden sowie weitere
Wetterkapriolen nennt Hoeck als wichtige Gründe. 2014/15 gab es noch Spitzenerträge von 50 Dezitonnen je Hektar; im vergangenen Jahr fuhren die
Bauern noch 38 Dezitonnen ein und im Dürrejahr davor sogar nur 30 Dezitonnen.
Seit einigen Jahren hat der Raps immer schlechtere Karten. Zum einen waren die Startbedingungen häufig wegen Trockenheit zur Aussaat schlecht, es folgten nasse Winter. «Raps braucht gute Saatbedingungen und reagiert sehr empfindlich auf sogenannte Staunässe», sagt Hoeck.
Milde Winter verursachten außerdem zunehmend, dass sich Rapskrankheiten ausbreiten können und Schadtiere wie die Kleine
Kohlfliege und der
Rapserdfloh, die die Pflanzen schädigen. «Diese können durch das Verbot der Insektizidbeizung im Raps nicht mehr ausreichend bekämpft werden oder weisen
Resistenzen gegenüber den gängigen Pflanzenschutzmitteln auf.»
So führe eine Summe von Einflüssen zu deutlich geringeren Erträgen. Da die Rapsanbaufläche nicht nur in Deutschland, sondern auch EU-weit verringert wurde, steigt der Importbedarf. So nahmen die Einfuhren aus der Ukraine, Australien und Kanada zu.
Die Erzeugerpreise lagen laut
Landwirtschaftskammer zum Jahresbeginn noch bei knapp 40 Euro je Dezitonne. Mit der Corona-Krise gerieten die
Rohölpreise unter Druck und damit auch die Notierungen für pflanzliche Öle.
Für
Rapsöl sanken sie der Kammer zufolge zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit 30 Jahren, erholten sich zuletzt aber etwas. Derzeit bekämen die Landwirte für Raps der alten Ernte etwa 35 Euro je Dezitonne. Gebote für die neue Ernte liegen etwas höher, aber die Kammer rechnet auch mit möglichen kurzfristigen Änderungen.
«Gewinner» der letzten zwei Jahrzehnte ist der Mais, der im Norden meist als
Silomais angebaut wird, nicht als Körnermais. Von 79.000 Hektar im Jahr 2000 auf 178.000 im vorigen Jahr wuchs die Anbaufläche; zwischendurch betrug sie sogar noch mehr, 194.000 Hektar waren es 2011. Für Futter sei der Mais eine sehr wirtschaftliche Kultur, sagt Hoeck. «Und dann kam noch der Biogas-Boom in den 2000er Jahren.»
Mittlerweile hat Mais sogar dem Winterweizen den Rang als anbaustärkste Frucht abgelaufen. Etwa je zur Hälfte wird Mais als Tierfutter und für Biogas genutzt. Seit 2012 werden zwar kaum noch neue Biogasanlagen gebaut, aber bestehende laufen weiter.
Höher im Kurs als früher stehen im Norden Hülsenfrüchte, besonders Ackerbohnen. Im Jahr 2000 betrug die gesamte Anbaufläche noch 2.500 Hektar. Jetzt sind es 9.200 Hektar, damit allerdings wieder etwas weniger als im Spitzenjahr 2019 (13.100).
Für den tendenziellen Anstieg nennt Hoeck zwei Gründe: Zum Einen seien Bohnen eine wichtige Vorfrucht für andere Kulturen, weil sie die
Bodenqualität verbesserten. Damit spielten sie eine größere Rolle in der Fruchtfolge. Zum Zweiten ersetzten sie beim Futter zunehmend Sojaschrot. «Es ist ja politisch gewollt, Soja-Importe zu verringern.» Darüber hinaus ersetze Bohnenschrot Soja auch in Nahrungsmitteln für Menschen, zum Beispiel in Toastbrot.
Im Anbau selbst spielt Soja in Schleswig-Holstein bisher kaum eine Rolle, eher in südlicheren Gefilden. Die Anbaufläche umfasste 2019 im Norden nur etwa 100 Hektar. «Inwieweit es gelingen wird, Schleswig-Holstein-taugliche Sorten zu entwickeln, ist offen», sagt Landwirtschaftskammer-Sprecherin Daniela Rixen. «Doch vor vielen Jahren hatte hier auch noch niemand an den Anbau von Mais gedacht, der ja aus Südamerika stammt. Die wärmeliebende Pflanze gedeiht dank angepasster Sorten hier gut.»