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19.05.2016 | 10:52 | Weinbau-Roboter 

Roboter sollen Winzer unterstützen

Stuttgart - Geht es nach Hans-Peter Schwarz, bekommen deutsche Winzer bald Begleitung bei ihrer Arbeit.

Mühsame Weinlese
Wer einmal bei einer Weinlese mitgemacht hat, der weiß: Winzerei ist eine anstrengende Sache. Künftig könnten ein paar Schweißperlen weniger vergossen werden - der Technik sei Dank. (c) proplanta
Ob Drohnen oder Roboterfahrzeuge - aus Sicht des Agrarprofessors der Hochschule Geisenheim in Hessen führt an einer massiven technischen Unterstützung im Weinbau kein Weg vorbei.

Noch sind Roboter mehr oder minder in der Entwicklungsphase, und auch Kameras an Minifliegern sind kaum präsent in deutschen Weingebieten. Doch Schwarz ist sicher, der Robotik gehört die Zukunft. «Das Potenzial ist groß», sagte Schwarz kürzlich bei einer Präsentation der Technik auf einem Weinberg in Stuttgart.

Die Idee ist simpel: Der Weinbau ist nicht nur eine großteils händische Arbeit mit hohem Personaleinsatz, sondern auch sehr witterungsabhängig. Läuft es schlecht, vertrocknen die Trauben oder Pilz- und Schädlingsbefall verderben die Ernte. Um solche Gefahren abzuschätzen, machen die Winzer bislang Stichproben - sie schneiden Blätter ab oder begutachten einige Rebstöcke mit dem bloßen Auge.

Künftig könnte solch Arbeit teilweise per Knopfdruck erfolgen. Der Roboter Phenobot beispielsweise fährt automatisch programmiert an Pflanzen vorbei und macht dabei Aufnahmen. Bisher wird das Gefährt nur zu Züchtungszwecken genutzt, möglich ist der Einsatz laut Professor Schwarz aber auch in normalen Betrieben. Aus der Größe der Beeren und der Farbe könne der beste Erntezeitpunkt erkannt werden.

Der ebenfalls von der Hochschule Geisenheim mitentwickelte Roboter Geisi wiederum kommt in Steillagen zum Einsatz. Der Geisi ist ein raupenähnliches Gefährt mit stachligen Ketten, welche den Boden auflockern und zum Versprühen von Pflanzenschutzmitteln benutzt werden kann. Auch der Abtransport von geernteten Trauben ist möglich.

Die Weinlese an den steilen Hängen ist nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich. «Jährlich stirbt in deutschen Steillagen im Schnitt ein Mensch», sagt Fachmann Schwarz. Häufig reißen Stricke, an denen die Erntehelfer abgesichert waren. Der Geisi, so Schwarz, könne die Lese sicherer machen. Derzeit sind Schwarz und Kollegen noch daran, den Roboter rein elektrisch betreiben zu können, bis 2018 soll das klappen - danach könnte das Gefährt auf den breiten Markt kommen.

Die Preisfrage dürfte der Knackpunkt sein, ob Robotik im großen Stil von der Weinbranche angenommen wird. Roboter Geisi sollte nicht mehr kosten als konventionelle Fahrzeuge, die bisher mit Menschen am Steuer die Aufgaben erledigten - also etwa 150.000 Euro, so Schwarz.

Manuel Becker von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau im schwäbischen Weinsberg ist der Mann für die Lüfte - er steuert Drohnen, um deren Möglichkeiten im Weinbau zu erkunden. Das Wort Drohne hört er ungern - das klinge so negativ. «Multicopter» sei besser, so Becker. Ähnliche Fluggeräte sind längst für jedermann in großen Technikmärkten zu haben, für Becker geht es nun vor allem um die Aufrüstung solcher Flieger mit Sensoren und Software zur Auswertung von Fotos. Kostenpunkt für eine Weinbau-Drohne: Etwa 4.000 Euro. Auch hier ist man eher noch in der Findungsphase.

Die Fluggeräte können beispielsweise «Trockenstress» erkennen, wenn also Trockenheit den Reben zusetzt - verhindert man dies, ist das gut für die Qualität der Trauben. Bei der Stuttgarter Präsentation stand neben Becker auch Professor Schwarz, dieser nickte. «Das muss das Endziel sein: die Steigerung der Weinqualität», sagte Schwarz.

Allerdings hat die Technik noch ihre Grenzen, wie bei der Vorführung deutlich wurde: Als es leicht nieselte, konnte der Phenobot nicht wie vorgesehen im Weinberg vorgeführt werden - nur ein kleiner Schlepper mit menschlichem Fahrer am Steuer und GPS-gesteuerter Saatgut-Automatikfunktion konnte raus. Auch die Multicopter-Fluggeräte durften nicht ins Freie, nur in einer Halle wurde ein kleines Exemplar vorgeführt. Ohne Erfolg: Es flog etwas zu hoch, stieß gegen die Decke, stürzte zu Boden und brach auseinander.

Mit dabei war auch Norbert Weber, Präsident des Deutschen Weinbauverbandes. Daumen rauf, signalisierte er. «Durch die Robotertechnik sparen wir Arbeitsstunden, sie hilft, die Arbeiten exakter und beim Pflanzenschutz Einsparungen zu machen», sagte Weber.

Das könne «eine wesentliche Verbesserung für die Effizienz im Weinbau» sein. Etwas skeptisch war der Winzer vom badischen Kaiserstuhl dennoch. Als Wissenschaftler Schwarz davon schwärmte, wie anhand der durch Roboter-Fotos erkannten Beerengröße das Gewicht und der spätere Weinlese-Ertrag abgeschätzt werden könne, sagte Weber trocken: «Winzer können das selber mit ihren Augen.» Und fügte dann hastig hinzu: «Aber technische Hilfe ist immer gut.»
dpa
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