«Von manchen Sorten haben nur noch ein oder zwei Bäume existiert», sagt der Projektleiter des Verbands, Nico Melchior, der Deutschen Presse-Agentur. Um so wichtiger, dass ein sogenannter Sortengarten in Filsen am Rhein mit nachgepflanzten Kirschbäumen nun in die Deutsche Genbank Obst aufgenommen worden sei. Dieses bundesweite Netzwerk von Sortengärten wird wissenschaftlich begleitet und im
Julius Kühn-Institut in Dresden koordiniert.
«Wer weiß, was kommt mit
Klimawandel und Schädlingen», sagt Melchior. Seltene Mittelrhein-Kirschsorten sollten vor dem Aussterben bewahrt und für künftige Generationen gesichert werden. Laut dem Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal ist erstmals ein rheinland-pfälzischer Sortengarten in die Deutsche Genbank Obst aufgenommen worden.
Melchior erklärt: «Vor zehn bis zwölf Jahren gab es in Filsen eine Flurbereinigung von sehr kleinen Parzellen. Dabei fielen supertolle alte Kirschanlagen auf.» Eine Expertin - eine sogenannte Pomologin - habe daraufhin alleine mehr als 80 Süßkirschsorten im Oberen Mittelrheintal ausfindig gemacht. Manche trügen ungewöhnliche Namen wie «Perle von Filsen», «Bopparder Krächer» und «Geisepitter».
Das burgengesäumte Welterbegebiet blickt auf eine lange Kirschtradition zurück. Laut Melchior wurden die Früchte schon im 19. Jahrhundert auf Dampfschiffen bis nach England exportiert. Als aber bald die Reblaus den Weinanbau attackierte, stiegen viele
Winzer auf Kirschen und anderes Obst um. In der Nachkriegszeit blühte der Kirschanbau am Mittelrhein auf, sogar Marmeladenfabriken entstanden.
In den sechziger Jahre verlangte der Handel jedoch zunehmend große Mengen mit einheitlicher Qualität. Zudem wuchs die südeuropäische Konkurrenz. Viele Kirschanbauflächen am Mittelrhein wurden daher aufgegeben. Inzwischen bemühen sich Filsen und andere Gemeinden um eine Wiederbelebung mit Pflanz-, Info- und Verkaufsveranstaltungen. Beim Filsener Sortengarten informieren Schilder über Details. Das Modell einer riesigen roten Doppel-Kirsche lädt zum Sitzen ein.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Obstbau des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau, Norbert Schäfer, sagt, es sei gut, alte Kirschsorten in Projekten zu erhalten. «Sie können auch helfen, neue Sorten zu züchten», ergänzt der Obstbauer. «Das Abendland werden alte Sorten aber nicht retten.» Manche von ihnen seien sehr anfällig für Krankheiten oder hätten einen ungünstigen Wuchs für die Ernte.