Mit im Schnitt 7,20 Euro pro Kilogramm weißen deutschen Spargel kosteten die Stangen diese Saison so viel wie wohl nie zuvor.
Das Edelgemüse scheint damit eine ähnliche Entwicklung zu nehmen wie die Maß Bier auf dem Oktoberfest. Aber: Für die Spargelbauern brachte die Saison 2016 trotz der hohen Preise eben keine Bestmarken. Erntemengen und Witterung machten den Erzeugern einen Strich durch die Rechnung.
«Aus Erzeugersicht gilt: Der Markt hat sich nach Pfingsten enorm gedreht», sagt Michael Koch, Marktexperte bei der Bonner
Agrarmarkt Informations-Gesellschaft, die Spargelpreise bundesweit beobachtet. Bis zu Pfingsten Mitte Mai hätten ein eher knappes Angebot und hohe Preise geherrscht, an Pfingsten selber - stets ein Höhepunkt der Saison - flossen große Mengen ab.
«Danach hat die Nachfrage dann deutlich nachgelassen», sagt Koch. «Problematisch war: Es blieb ruhig, obwohl große Mengen vorhanden waren. Die Preise gingen dann auch für die Verbraucher herunter.» Unter dem Strich habe das aber nichts daran geändert, dass die Preise ein Zehnjahreshoch erreichten. Seitdem erhebt die
AMI Daten auf einer vergleichbar großen Basis.
Nach 6,69 Euro im Vorjahr bedeuten die aktuellen 7,20 Euro ein Plus von 51 Cent oder umgerechnet 8 Prozent. Im Schnitt der vergangenen Jahre habe der Preis für das Kilo weißen deutschen Spargel bei unter 6,00 Euro gelegen. Für viele Spargelfans war das Jahr 2016 damit also teuer.
Fachmann Koch gibt aber zu bedenken: Je nach Anbaugebiet und Woche schwankte die Lage. In der Tendenz hätten es der Süden und der Osten besser gehabt als der Westen und der Norden mit den wichtigen Anbaugebieten in Nordrhein-Westfalen und vor allem in Niedersachsen.
Auch Branchenexperte Jochen Winkhoff von der Bundesfachgruppe Gemüsebau warnt: Es habe regional große Unterschiede gegeben und Pfingsten habe die Saison zweigeteilt, so dass sich auch für die Verbraucher nur schwer ein einheitliches Bild zeichnen lasse. Für die Spargelbauern gelte die Faustformel: «Nach Pfingsten war es eine Katastrophe.» Doch auch hier müsse je nach Anbauart und Region unterschieden werden.
In Niedersachsen etwa - von dort kommt gut jede fünfte inländische Stange - habe der Saisonstart witterungsbedingt sehr lange gebraucht. Betriebe ohne einen teuren Tunnelanbau, der für Treibhauseffekte sorgt, hätten so bis Pfingsten weniger Zeit gehabt, gute Geschäfte zu machen. Die großen Gewinner seien daher die Betriebe mit Tunnelanbau und einer Dreifachabdeckung durch Folie gewesen. «Spargelverfrühung» heißt das im Branchenjargon.
Mit Blick auf die Kapriolen der Saison berichtet Winkhoff sogar von teils drastischen Maßnahmen. So hätten manche Betriebe schon Anfang Juni - also rund drei Wochen vor dem traditionellen Saisonende am
Johannistag diesen Freitag (24. Juni) - die Ernte eingestellt und die Pflanzen für die nächste Saison geschont. «Sie haben das Geschäft vorzeitig beendet, weil der Warenabfluss einfach nicht da war», berichtet der Fachmann. Teilweise seien sogar die Kühlhäuser nicht recht leer geworden. «Im Vergleich zu den letzten Jahren war es eine eher schlechte Saison.»
Dieser Trend stehe schon fest, auch wenn erst die endgültige Bilanz in den Tagen nach Johanni Gewissheit bringe. Doch auch erste regionale Schätzungen passen zum Bild, etwa aus dem Südwesten. Die Spargelbauern dort hatten viel weniger zu ernten als im Vorjahr, meldeten etwa die Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden oder der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE). Auch von dort heißt es, dass die Preise nach anfänglichen Hochs wegen geringer Erntemengen zum Anfang der Saison zuletzt deutlich sanken.
Ein Problem sei aber auch der wetterabhängige Appetit der Kunden gewesen, heißt es bei der VSSE. 2016 habe mildes Frühjahrswetter oft gefehlt. An heißen Tagen grillen laut VSSE die Leute lieber, an den vielen kalten Tagen ziehen sie rustikaleres Essen vor.
Trotz des in Deutschland über die Jahre wachsenden Spargelhungers und der Ausweitung von Anbauflächen bleibt daher das Geschäft mit dem edlen Gemüse auch riskant. Manche Bauern wie Carsten Bolte aus dem Kreis Nienburg in der Spargelhochburg Niedersachsen heizen daher ihre Felder - Bolte stach diesmal schon Anfang März erste Stangen. «Und die finden ihren Markt», sagt Branchenkenner Winkhoff. Doch der ganz frühe Spargel bleibe absehbar eine Nische. Am Ende helfe Bauern und Verbrauchern eigentlich nur eines: ein konstant heiteres Frühjahr.