Man erkenne die «Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen
Gentechnik an», haben Union und
SPD im Koalitionsvertrag festgehalten. Der
Gesetzentwurf von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) zu Anbauverboten in Deutschland, den das Kabinett an diesem Mittwoch auf den Weg bringt, erntet trotzdem Kritik von vielen Seiten.
Warum wollen Gentechnik-Gegner den Anbau überhaupt verbieten?Naturschützer fürchten, dass die neuen Züchtungen das natürliche Gleichgewicht stören. Außerdem sind die Langzeitrisiken für die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie für die Natur ihrer Meinung nach nicht ausreichend erforscht. Die Vorteile von Genpflanzen, etwa höhere Erträge und Resistenz gegen
Schädlinge, rechtfertigen den Anbau in den Augen der Gegner nicht, zumal die Versprechungen oft gar nicht der Wahrheit entsprächen.
Wie ist der Anbau von Genpflanzen in der EU geregelt?Wer eine gentechnisch veränderte Pflanzensorte anbauen will, braucht dafür eine Zulassung auf EU-Ebene. Einzelne Mitgliedsstaaten können den Anbau bei sich aber verbieten oder einschränken, indem sie den Antragsteller während des Zulassungsverfahrens bitten, ihr Gebiet von der Zulassung auszunehmen. Wenn der Antragsteller das nicht will, kann ein Mitgliedsstaat den Anbau innerhalb seiner Landesgrenzen selbst untersagen, braucht dafür aber «zwingende Gründe».
Werden gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland angebaut?Nein, jedenfalls nicht kommerziell. Für sechs verschiedene Sorten Genmais ist Deutschland als Anbaufläche ausgenommen. Die Antragsteller waren damit einem Ersuchen der Bundesregierung nachgekommen. Deutschland steht damit nicht alleine da, es gibt in 19 von 28 Staaten verschiedenen Anbau-Beschränkungen und -verbote. Jetzt will die Bundesregierung eine rechtssichere Regelung für Ausnahmen von künftigen EU-Anbauzulassungen schaffen.
Und wie soll das in Zukunft laufen?Wenn die Mehrheit der Bundesländer es will und sechs Bundesministerien einverstanden sind, soll der Bund beim Antragsteller darum bitten, Deutschland auszunehmen. Klappt das nicht, sollen Bund und Länder sogenannte zwingende Gründe für ein Verbot zusammentragen und der Bund per Rechtsverordnung den Anbau verbieten. Auch die einzelnen Bundesländer können den Anbau innerhalb ihrer Grenzen untersagen.
Wieso gab es darüber so lange Streit?Die Bundesländer befürchten, dass die Verantwortung für die Verbote an ihnen hängen bleibt und es einen «Flickenteppich» von Ausnahmen geben könnte, so dass Wind und
Bienen die Züchtungen auch über die Grenzen tragen. Erst Mitte Oktober kritisierten Minister aus zehn Ländern in einem Brief an Schmidt noch einmal, dass die Begründung für die Ausnahme der geplanten Regelung zufolge aus den Ländern kommen muss. Außerdem fürchten sie, dass künftig nicht schon die Antragsteller Deutschland als Anbaugebiet ausschließen, weil dem sechs Bundesressorts zustimmen müssen - Agar, Forschung, Wirtschaft, Arbeit, Gesundheit und Umwelt. Sie sehen darin eine hohe Hürde.
Werden die Bundesländer das Gesetz im Bundesrat stoppen?Kritik wird es geben, aber ein Stopp ist unwahrscheinlich. Es handelt sich um ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Das bedeutet, dass der Bundesrat den Prozess zwar verzögern kann, das letzte Wort hat aber der Bundestag.
Was sagt die Opposition zu Schmidts Plänen?Mit seinem Gesetz stoße Schmidt die Bundesländer vor den Kopf, sagt der zuständige Sprecher der Grünen im Bundestag, Harald Ebner. Der Minister sei «nur zum Schein» auf Kritik eingegangen und habe «Schlupflöcher» eingebaut, die bundesweite Anbauverbote erschwerten. Die Linke sieht es ähnlich: «Die Hürden sind so hoch, dass ein
Anbauverbot nicht ermöglicht, sondern eher verhindert wird», sagt die agrarpolitische Sprecherin Kirsten Tackmann. Die SPD müsse helfen, das Gesetz im
Bundestag zu korrigieren.