Die mit der Prüfung der Sicherheit beauftragte Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) gab am Donnerstag in Parma keine einstimmige Meinung ab. Negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt seien «den derzeitigen Erkenntnissen zufolge unwahrscheinlich», hieß es zwar in der Stellungnahme der EFSA. Zwei hochrangige EFSA-Wissenschaftler widersprachen dem aber. Damit zeichnet sich ab, dass BASF eine EU- weite Zulassung für
Amflora erhalten könnte. Die Unstimmigkeit der EFSA-Experten gibt jedoch Gentechnik-Gegnern neue Nahrung.
Kern des Streits ist ein in Amflora enthaltenes Antibiotika-Resistenz-Markergens. Es geht um die Frage, ob das Gen auf Bakterien übertragen werden könnte und welche Folgen dies hätte. Zwar sei der Transfer «unwahrscheinlich», erklärte EFSA-Experte Christophe Nguyen-Thé. Sollte er aber doch stattfinden, wären die Folgen «bislang unabsehbar». «Es wäre unklug, anzunehmen, die Resistenz gegenüber
Antibiotika habe keine oder wenig Bedeutung für die menschliche Gesundheit». Nach Einschätzung von EFSA-Experte Ivar Vågsholm liegt darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit insgesamt eines Transfers in einer Spanne von «unwahrscheinlich bis hoch». Die Folgen seien schlicht noch «nicht abschätzbar».
Dagegen sah sich der Chemiekonzern BASF in seiner Einschätzung bestätigt, dass Amflora sicher und eine weitere wissenschaftliche Untersuchung nicht notwendig ist. «Die heutige Stellungnahme gibt der gesamten
EU-Kommission die abschließende wissenschaftliche Klarheit, um Amflora zuzulassen», sagte Vorstandsmitglied Stefan Marcinowski in Limburgerhof. Als nächstes muss die Europäische Kommission über die EU-weite Zulassung entscheiden. Bislang hat sich die Behörde für die grüne
Gentechnik ausgesprochen. «Wir müssen uns das jetzt erst einmal ansehen», sagte eine Sprecherin. Ein Zeitplan sei nicht abzusehen.
Der EU-Zulassungsprozess zieht sich bereits seit 1996 hin. BASF will Amflora eigentlich nur zur Stärkegewinnung für Kleber oder Papier nutzen und hatte dafür einen Zulassungsantrag gestellt. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass Spuren in den Nahrungskreislauf gelangen, verlangten die EU-Staaten vor zwei Jahren eine erneute Prüfung.
Die Umweltorganisation
Greenpeace rief dagegen die Kommission auf, Amflora nicht zuzulassen. Das Resistenz-Gen gefährde «die Wirksamkeit von wichtigen Antibiotika, die in der Human- und Tiermedizin benötigt werden», warnte Gentechnik-Expertin Stephanie Töwe und warf der
EFSA Verantwortungslosigkeit vor. «Die EFSA ist das erste Mal zu keiner einstimmigen Meinung über die Sicherheit einer Gen-Pflanze gekommen.» Ungeachtet der Zweifel habe die Behörde dennoch grünes Licht gegeben.
Die «grüne Gentechnik» ist in der EU heftig umstritten. Grundsätzlich macht die EU-Kommission auf Grundlage der EFSA- Empfehlungen einen Vorschlag für oder gegen die Zulassung einer Genpflanze. Die Minister müssen den Vorschlag mit qualifizierter Mehrheit ablehnen oder zurückweisen. Üblicherweise reichen die Stimmen weder für die eine noch für die andere Seite, sodass die Kommission entscheiden kann - die eher gentechnik-freundlich eingestellt ist. Die EU-Staaten können einzelne Verbote aussprechen, müssen sie aber begründen. Die Kommission kann dies dann anfechten.
Die grüne Gentechnik ist auch in der Bundesregierung und unter Deutschlands Spitzenpolitikern allgemein umstritten. Während CDU- Politiker wie Forschungsministerin Annette Schavan positiv eingestellt sind, sind Umweltminister Sigmar Gabriel (
SPD) ebenso wie Bayerns Ministerpräsident Horst
Seehofer (CSU) skeptisch. (dpa)