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13.07.2011 | 10:56 | Saatgutbehandlung  

Strengere Vorschriften für neonicotinoidhaltige Saatgutbehandlungsmittel

Braunschweig - Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat die Zulassungen von Saatgutbehandlungsmitteln mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonicotinoide für Raps und Zuckerrüben geändert.

Rapssaatgut
(c) proplanta

Aus dieser Wirkstoffgruppe sind aktuell Mittel mit Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zur Behandlung von Raps- und Zuckerrübensaatgut zugelassen.

Um die Emission von Stäuben zu reduzieren, gelten nun strengere Vorschriften für die Behandlung des Raps- und Zuckerrübensaatguts und für die Aussaat. Die Zulassungen neonicotinoidhaltiger Saatgutbehandlungsmittel für Mais ruhen dagegen weiter. Eine Verordnung regelt, dass auch entsprechend behandeltes Maissaatgut aus dem Ausland weder eingeführt noch ausgesät werden darf.


Neue Auflagen und Anwendungsbestimmungen

Für alle Pflanzenschutzmittel, die Clothianidin, Imidacloprid oder Thiamethoxam enthalten und zur Behandlung von Raps- und Zuckerrübensaatgut vorgesehen sind, hat das BVL die folgende Anwendungsbestimmung festgesetzt:

  • Die Anwendung des Mittels auf Saatgut darf nur in professionellen Saatgutbehandlungseinrichtungen vorgenommen werden, die in der Liste „Saatgutbehandlungseinrichtungen mit Qualitätssicherungssystemen zur Staubminderung“ des Julius Kühn-Instituts aufgeführt sind (einzusehen auf der Homepage des Julius Kühn-Instituts).

Weiterhin gelten für die Aussaat folgende Auflagen:

  • Keine Ausbringung des behandelten Saatgutes bei Wind mit Geschwindigkeiten über 5 m/s.

  • Das behandelte Saatgut einschließlich enthaltener oder beim Sävorgang entstehender Stäube vollständig in den Boden einbringen.

Die Aussaat von behandeltem Saatgut darf nur dann mit einem pneumatischen Gerät, das mit Unterdruck arbeitet, erfolgen, wenn dieses in der „Liste der abdriftmindernden Sägeräte“ des Julius Kühn-Instituts aufgeführt ist (einzusehen auf der Homepage des Julius Kühn-Instituts).

Nur für Rapssaatgut gilt zusätzlich:

  • Der Betriebsleiter ist verpflichtet, die zur Aussaat des behandelten Saatgutes vorgesehenen Flächen mindestens 48 Stunden vor der Aussaat Imkern bekannt zu geben, deren Bienenstände sich im Umkreis von 60 m um die Aussaatflächen befinden.

Diese Hinweise müssen auf den Saatgutpackungen abgedruckt werden.


Stäube werden schon bei der Saatgutbehandlung reduziert

In Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut und dem Bundesverband der Deutschen Pflanzenzüchter wurde seit dem Jahr 2009 ein Pilotprojekt zur Qualitätssicherung bei der Saatgutbehandlung durchgeführt. Im Rahmen dieses Pilotprojektes konnte für Rapssaatgut die Prozess- und Produktqualität in den Saatgutbehandlungsanlagen optimiert werden, so dass das Saatgut den niedrigen Abriebgrenzwert von 0,5 g pro 700.000 Korn einhält.

Im Jahr 2011 ist eine erste offizielle Zertifizierung dieser Anlagen durch ein unabhängiges Zertifizierungsunternehmen erfolgt. Im Frühjahr 2011 konnte auch für die Behandlung von Zuckerrübensaatgut eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden - hier mit einem Grenzwert von 0,25 g pro 100.000 Korn.

Das BVL schreibt nun vor, dass neonicotinoidhaltige Saatgutbehandlungsmittel nur noch in professionellen Einrichtungen, die diese Grenzwerte einhalten, angewendet werden dürfen. Damit wird bereits bei der Saatgutbehandlung eine weitestgehende Staubfreiheit gewährleistet. Technisch nicht vermeidbare Stäube müssen in den Boden eingearbeitet werden. Dass Stäube in benachbarte Flächen verweht werden, wird durch die Beschränkung auf abdriftmindernde Sägeräte und eine maximale Windgeschwindigkeit während des Sävorgangs zusätzlich reduziert.


Wirkung von Guttationswasser wird weiter untersucht

Pflanzen scheiden Wasser an den Blatträndern bzw. -spitzen aus. Dieses Phänomen wird als Guttation bezeichnet. Die Guttationsflüssigkeit ist ein möglicher Pfad, über den Bienen mit Pflanzenschutzmitteln belastet werden können. Guttation wurde bei Mais und anderen Gräsern sowie weiteren Kulturen wie Raps und Zuckerrübe, aber auch bei Ackerkräutern beobachtet. Verschiedene aktuelle Studien haben den Übergang systemischer Wirkstoffe aus der Saatgutbehandlung in Guttationstropfen bestätigt.

Betrachtet man die Häufigkeit und Dauer der Guttation, den Zeitpunkt der Guttation und die Konzentration der Wirkstoffe in den Guttationstropfen, so ergibt sich im Vergleich der verschiedenen Kulturpflanzen bei Mais das höchste Gefährdungspotential für Bienen. Deutlich geringer ist das Gefährdungspotential bei Getreide, gefolgt von Winterraps, Kartoffeln und Zuckerrüben, einzuordnen. Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass Honigbienen in der Regel in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, nur wenige Meter von ihren Völkern entfernt, Wasser sammeln.

So konnte beobachtet werden, dass bei direkter Aufstellung von Bienenvölkern an den Feldrändern behandelter Pflanzen einzelne Bienen geschädigt werden können, unvertretbare Schäden für Bienenvölker durch die Aufnahme von Guttationswasser aber nicht zu befürchten sind. Schon bei einer Entfernung von wenigen Metern wird die Attraktivität behandelter Kulturpflanzen gegenüber alternativen Wasser- einschließlich Guttationsquellen als vernachlässigbar eingeschätzt. Daher sollen Landwirte die Imker zukünftig über die Aussaat von behandeltem Saatgut frühzeitig informieren.

Zur abschließenden Klärung der Relevanz dieses Expositionspfades werden im Julius Kühn-Institut auch im Jahr 2011 umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Von den Ergebnissen hängt es ab, ob und ggf. unter welchen Bedingungen die Saatgutbehandlung von Mais mit neonicotinoidhaltigen Mitteln wieder in Kraft gesetzt werden kann. (bvl)

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