Darüber hinaus muss der Sachverhalt anerkannt werden, dass keine Alternativen zur Verfügung stehen. Flächenspritzungen können mangels Wirksamkeit bei relevanten Schädlingen die insektizide Beizung nicht ersetzen.
Anfang Februar hatte die
EU-Kommission in Brüssel Pläne für ein Verbot der neonicotinoiden Wirkstoffe
Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid in für
Bienen attraktiven Kulturen vorgelegt. Dabei stützt sie sich auf eine Mitte Januar bekannt gewordene Risikoabschätzung zur Bienensicherheit der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA), die von Expertenseite massiv kritisiert wird.
Demnach hat die
EFSA auf der Grundlage eines noch nicht zwischen den EU-Mitgliedsstaaten endabgestimmten Prozedere im Wesentlichen Labordaten bewertet. Ebenfalls vorliegende Monitoringdaten sowie Daten zu Risikominderungsmaßnahmen beim Einsatz der Wirkstoffe in der Praxis, die in Deutschland eine sichere Anwendung bei der Rapsbeizung belegen, sind von der EFSA nicht berücksichtigt worden. Die Beratungen über den Kommissionsvorschlag sollen Mitte März in Brüssel fortgesetzt werden.
In Deutschland gelten seit dem Unfall mit
Maissaatgut 2008 im Rheingraben für die neonicotinoiden Beizwirkstoffe ausschließlich Zulassungen mit strengen Bestimmungen auf der Grundlage einer Risikobewertung durch die deutschen Zulassungsbehörden. Diese berücksichtigen bei Raps umfangreiche und aktuelle Daten zu den Wirkstoffrückständen in Pollen sowie Nektar und zu Exposition durch Beizstaubabrieb und Guttation.
Weiterhin wurde in einem Pilotprojekt der Rapszüchter in Zusammenarbeit mit den Zulassungsbehörden seit 2008 die Beizqualität erheblich verbessert und der Staubabrieb auf ein Minimum reduziert. Hieraus resultiert die Zertifizierte Rapsbeizstelle, bei der alle deutschen Anlagen durch die SeedGuard Gesellschaft für Saatgutqualität mbH als Voraussetzung für den Einsatz neonicotinoider Wirkstoffe auditiert und zertifiziert werden. Darüber hinaus konnten in einem von der
UFOP unterstützten mehrjährigen Forschungsvorhaben jüngst ebenfalls Daten vorgelegt werden, die keinen Einfluss auf die Entwicklung von Bienenvölkern durch die Aufnahme von Guttationstropfen an gebeizten Rapspflanzen erkennen lassen.
Flächenspritzungen im Herbst nach der Aussaat des Rapses sind keine Alternative zur insektiziden Beizung. Die Kleine
Kohlfliege ist ohne neonicotinoide Saatgutbeizung nicht mehr bekämpfbar. Gegen den
Rapserdfloh sind zwar Behandlungen mit Pyrethroiden zugelassen, werden jedoch wegen fortschreitender Resistenz gegen diese Wirkstoffklasse zunehmend unwirksam. Zusätzliche Flächenspritzungen als zwangsläufige Folge eines Verbotes der insektiziden Rapsbeizung würden die Resistenzentwicklung beschleunigen. Beide
Schädlinge können bei ungeschützten Rapsbeständen zu massiven Schäden und zum völligen Pflanzenverlust führen. Erhebliche Ertragseinbußen bis hin zu Umbrüchen wären die Folge. (ufop)