Deshalb gilt es, diese Wildpflanzen in ihrem natürlichen Lebensraum (
in situ) wirkungsvoll und dauerhaft zu schützen und damit zu erhalten. Das vom Julius Kühn-Institut (JKI) koordinierte EU-Projekt AEGRO hat genau diese Aufgabe zum Ziel. Ab heute (18. September) beraten sich 20 Wissenschaftler aus 10 europäischen Ländern anlässlich der AEGRO-Arbeitstagung am
JKI in Quedlinburg. Denn in Genbanken allein können schon aus Kapazitätsgründen nicht alle potenziell nutzbaren Pflanzenarten tiefgefroren für die Zukunft gelagert werden. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Europäischen Strategie zur Erhaltung der Pflanzen.
„Die zum Beispiel in den 1960er Jahren begonnene und erfolgreiche Züchtung von Zuckerrübensorten mit Nematoden- oder Rizomania-Resistenz wäre ohne bestimmte Gene aus den Wildarten nicht möglich gewesen“, so Lothar Frese vom JKI. Die Nematoden-Resistenz stammt aus spanischen Wildarten, die Rizomania-Resistenz aus einer am Strand von Kalundborg in Dänemark vorkommenden Art. Frese und seine Mitstreiter gehen davon aus, dass sich Kulturpflanzen schneller und unvorhersehbarer als bisher an Klimaveränderungen und neue Schaderreger anpassen müssen. „Wir benötigen künftig mehr denn je die genetische Vielfalt der Wildarten und dies angesichts eines unverminderten Artenverlustes weltweit“, warnt Frese. Das unterstreicht die Bedeutung der Tagung, schon heute Vorkehrungen zum Schutz züchterisch wichtiger Wildarten zu treffen.
Die AEGRO-Projektpartner konzentrieren sich zunächst auf solche Wildarten, die bereits heute sehr selten oder stark gefährdet sind. Bis zum Jahr 2010 soll der Aufbau so genannter genetischer Schutzgebiete innerhalb bereits bestehender Naturschutzgebiete (Natura 2000 Gebiete) zum Beispiel für eine Rüben-Wildart (
Beta patula) auf Madeira und für eine Kohl-Wildart (
Brassica insularis) auf Sizilien abgeschlossen sein.
Auf der Arbeitstagung geht es darum, geeignete Standorte für genetische Schutzgebiete zu finden und auszuwählen und für die wichtigsten Arten Managementpläne zu erarbeiten. Die Umsetzung muss dann in enger Kooperation mit den nationalen Umweltbehörden erfolgen. Seine britischen Kollegen arbeiten bereits an einem solchen europäischen Folgeprojekt in Kooperation mit Naturschutzbehörden.
Auch wenn die meisten der schutzwürdigen Wildarten in Europa im Mittelmeerraum zu finden sind (so genanntes Biodiversitätszentrum), finden sich gefährdete Wildarten auch vor unserer Haustür. So der Wildsellerie, der für die Stangensellerie-Züchtung als potenzieller Spender von neuen Resistenz- und Qualitätseigenschaften eine ökonomisch wichtige Ressource darstellt. (JKI)