«Die Voraussetzungen für einen guten Jahrgang sind gegeben», sagte Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut beim Lesestart in Lörzweiler (Kreis Mainz-Bingen). Hoffnung gibt es für die
Winzer an der Ahr: Nach der Hochwasserkatastrophe stehen die Chancen dank vieler Hilfsangebote gut, die Weinernte an Ort und Stelle in Kelter und Fass zu bekommen.
Zusammen mit mehreren Helfern schnitt Winzer Mathias Wolf am Montagmorgen in der Lage Hohberg in Lörzweiler Trauben der früh reifenden Rebsorte Solaris für die Federweißer-Produktion von den Reben. «Wir hatten viel Regen, aber wenn wir jetzt noch einen schönen Altweibersommer bekommen, ist alles gut», sagte der Winzer.
Am Montag flossen rund 1.700 Liter Most aus der Kelter - mit diesem Ergebnis zeigte sich Wolf zufrieden. Über einen Stand in Mainz und den
Lebensmitteleinzelhandel vermarktet sein Weingut etwa 20.000 Flaschen Federweißen - «dieses wichtige Standbein ist für mich nicht mehr wegzudenken».
Wegen der hohen Feuchtigkeit sei in diesem Jahr verbreitet mit Ertragsverlusten durch die Pilzerkrankung Falscher
Mehltau zu rechnen, sagte Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Es sei aber noch zu früh für eine
Ernteprognose in den 13 deutschen Weinanbaugebieten. «Die Winzer sind gar nicht böse darum, nach den sehr warmen und trockenen Jahren von 2018 bis 2020 wieder ein normales Jahr zu haben.»
Viel Regen hat das Wachstum der Reben beschleunigt. «Es war ein Formel-1-Austrieb», sagte die rheinhessische
Weinkönigin Eva Müller. «Alle Winzer waren deswegen ganz schön am Rödeln.» Da die Triebe immer wieder geheftet, in ihrem Wachstum gebändigt werden mussten, fiel für die Winzer mehr Arbeit im Weinberg an als sonst. Nach coronabedingt zwei Jahren als Botschafterin für den Wein ist die Winzerin froh, demnächst wieder mehr Zeit für den
Familienbetrieb in Wöllstein zu haben.
Im vergangenen Jahr wurden die ersten Trauben für den jungen Wein schon am 10. August in der pfälzischen Gemeinde Weisenheim am Sand (Kreis Bad Dürkheim) gelesen. Der bislang früheste Beginn der Lese für den Federweißen war 2018 am 6. August.
In den vergangenen 20 Jahren sei der Beginn der Lese für die Federweißer-Produktion nur 2013 später gewesen als in diesem Jahr, sagte Büscher. Die Hauptlese mit den Rebsorten für Qualitätsweine beginnt je nach
Witterungsverlauf Mitte bis Ende September.
Entgegen erster Befürchtungen nach der
Flutkatastrophe an der Ahr können auch die Winzer dort ihre Ernte voraussichtlich in der Region keltern und im Fass ausbauen. Mit Hilfe von Kollegen auch aus anderen Weinanbaugebieten seien die Voraussetzungen geschaffen worden, um den Großteil der Ernte auch an der Ahr verarbeiten zu können.
Dies ist wichtig, um den Status der Erzeugerabfüllung im eigenen Weingut nicht zu verlieren. In dem kleinen Anbaugebiet sind etwa zehn Prozent der Anbaufläche - im Wesentlichen die tiefer gelegenen Rebflächen - zerstört worden, die übrige Ernte des für seine hochwertigen Rotweine bekannten Gebiets kann verarbeitet werden.