Hochsaison für Heringsangler
Die Heringssaison an der Ostseeküste läuft: Hauptsächlich an der Kieler Bucht, am Nord-Ostsee-Kanal, der Schlei, Wismarer Bucht, Warnow und am Strelasund stehen oft Hunderte Angler und holen den auch «Silber des Meeres» genannten Fisch aus dem Wasser.
So mancher Eimer wird gefüllt, wie Kilian Neubert vom Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern sagt. «Da gibt es gute Tage, an denen ein Fisch nach dem anderen anbeißt. Es gibt aber auch andere Tage, an denen der Eimer fast leer bleibt.» Die Saison und damit das Vergnügen der Angler ist sehr kurz. Sie dauert nur bis Mai.
Eine Begrenzung der Fangmengen gebe es nicht. Neubert ist jedoch der Überzeugung, dass die meisten Angler vernünftig sind und nur die Menge an Heringen aus dem Wasser holen, die sie tatsächlich verwerten können. Denn insgesamt gehe es den Heringsbeständen nicht gut, was an den Quotenkürzungen abzulesen ist. Doch die Mengen, die von den Anglern aus dem Wasser gezogen werden, sind im Vergleich zu den Mengen der Berufsfischerei relativ gering, wie Neubert sagt. Der private Verkauf der privat gefangenen Fische ist verboten.
Wie der Direktor des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann, sagt, werden die Fangmengen der Privatangler von seinem Institut im Vier-Jahres-Rhythmus durch gezielte Befragung der Angler berechnet.
«Wir gehen davon aus, dass die Angler zwischen 600 und 800 Tonnen pro Jahr herausziehen.» Das sei wenig im Vergleich zu den bis zu 50.000 Tonnen, die in «normalen Jahren» von Berufsfischern gefangen werden. «Wir haben deshalb immer gesagt, eine Quotierung lohnt nicht.» Zudem sei die Kontrolle der Fänge der Privatangler kaum möglich.
Der Heringsbestand in der westlichen Ostsee sei in zwei Managementgebieten verbreitet, sagt Zimmermann: Der westlichen Ostsee, dort sind die Fangmengen in den vergangenen 4 Jahren um 94 Prozent auf 1.575 Tonnen gesenkt worden. «Da sind die 800 Tonnen Freizeitfischerei-Fänge also ziemlich bedeutend.»
Im zweiten Gebiet, dem Kattegat und Skagerrak vor den Küsten Schwedens, Norwegens und Dänemark, werden noch rund 15.000 Tonnen. Deshalb könne die Frage, ob die Anglerfänge insgesamt für den Bestand bedeutend sind, mit «nein» beantworten werden.
Ein Dorn im Auge der beiden Experten ist, dass es manche Angler nicht so ernst nehmen mit dem Tierschutz. Sie nehmen die Fische vom Haken und werfen sie in den Eimer. Die Tiere sterben quälend langsam. «Ein Unding, man darf nicht die Demut vor der Kreatur verlieren», sagt Neubert.
«Wir gehen bei solchen Vorfällen kompromisslos vor», betont Rüdiger Neukamm vom Sportfischerverband Schleswig-Holstein. «Wer mit der Kreatur nicht angemessen umgeht, der bekommt eine Strafanzeige.»
Das Vorgehen mancher Angler ruft auch Thomas Richter vom Landesamt für Landwirtschaft,
Lebensmittelsicherheit und Fischerei in Rostock auf den Plan. Laut
Tierschutzgesetz müssen die Fische durch einen kräftigen Schlag auf den Kopf betäubt und dann durch einen Kehlschnitt getötet werden. Denn es sei möglich, dass sich Heringe nach einem ausschließlichen Schlag auf den Kopf im Eimer erholen. «Wenn kein repressiver Druck aufgebaut wird, verselbstständigt sich die Lage», bekräftigt Richter seine Haltung.
«Es ist natürlich schade, wenn durch Einzelne ein insgesamt schlechtes Bild von Anglern gezeichnet wird», kommentiert Neubert vom Landesanglerverband
MV den laxen Umgang mit dem Tierwohl. Das gelte auch für die, die ihren Müll liegen lassen oder ihre Notdurft an Ort und Stelle verrichten. Solche Verhalten müssten abgestellt werden. «Nur so wird das Angeln für unsere Mitgliedern in der heutigen Form noch lange möglich sein.»