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07.03.2019 | 07:00 | Bienenschutz 
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Bienen-Boom beflügelt Artenschützer

Berlin - Die Biene befindet sich auf einem Höhenflug. Als sympathische Botschafterin für mehr Artenvielfalt hat sie gerade erst bayerischen Umweltschützern zum Erfolg verholfen.

Bienenschutz
An diesen Insekten führt derzeit kaum ein Weg vorbei: Bienen. Nicht in der Umweltpolitik, den Medien oder in Heim und Garten. Der Bienen-Trend tut auch der Artenvielfalt gut, hoffen Umweltschützer. (c) proplanta
Gartenbesitzer greifen zu ihrem Wohle immer häufiger zu bienenfreundlichen Blühpflanzen. Und bundesweit wächst die Zahl der Imker, gerade in den Städten. Die Popularität der fleißigen Pollensammlerin ist nicht völlig neu, bekommt aber durch den Nachhaltigkeitstrend Aufwind - und durch aufrüttelnde Nachrichten über das Insektensterben.

«Es gibt eine lange Kulturgeschichte im Zusammenleben von Menschen und Bienen, weil Imkerei schon eine sehr alte Praxis ist», sagt der Soziologe Stephan Lorenz von der Uni Jena, der zu dem Thema forscht.

Da die staatenbildenden Bienen wie Menschen soziale Wesen seien, eigneten sie sich zudem gut für verschiedene - und meist positiv besetzte - Deutungen. «Die Menschen finden sich sozusagen in dem sozialen Leben der Bienen wieder.» Im Lauf der Zeit wandeln sich zwar die Deutungen, können aber immer wieder aktualisiert werden: «Das ist eine gute Grundlage dafür, populär zu sein», sagt Lorenz.

So schwirrt die Biene derzeit auf Titelseiten durch die Presse. In den sozialen Medien führen diverse Hashtags zu ihr, Initiativen fördern das Imkern in der Stadt, der Roman «Die Geschichte der Bienen» von Maja Lunde avancierte zum Bestseller und in mancher Wohnung werden Bienen zur Deko - passend zum Trend, sich die Natur in die eigenen vier Wände zu holen.

Seien es Grünpflanzen oder ein Geschirrtuch mit Bienenaufdruck: «Es ist auch ein Ausdruck dessen, dass wir erkennen: Natur ist wichtig für mich», meint Erdmann Kilian, der Sprecher der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt. Die Biene eignet sich aus seiner Sicht durchaus zu einem Art Trendtier: «Sie ist ein schönes, ikonographisches Tier, das wir aus der Kindheit - siehe Biene Maja - oder morgens in Form eines Honigbrotes auf dem Frühstückstisch wiedererkennen.»

Auch die Gärtner bemerken eine wachsende Nachfrage nach bienenfreundlichen Angeboten und Informationen. «Die Menschen sind bei dem Thema sehr aufmerksam», erzählt Olaf Beier, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Einzelhandelsgärtner. Er geht davon aus, dass die Nachfrage in diesem Jahr weiter steigen wird.

Den Bienen-Boom merken insbesondere die Imker: Noch vor zehn Jahren hatte der Deutsche Imkerbund (DIB) nach einem Rückgang nur noch etwa 80.000 Mitglieder. Seitdem steigt die Zahl der Imker - und insbesondere der Imkerinnen - an. 2018 gab es einen Zuwachs von 5,4 Prozent auf jetzt über 120.000 Mitglieder. Der Trend zur Bienenhaltung in den Städten lockt gerade junge Leute, die der Imkerei ein hippes Image verleihen. Diese Entwicklung tut auch den Honigbienenvölkern gut: Der DIB schätzt ihre Zahl bundesweit auf mittlerweile rund 900.000 - vor zehn Jahren waren es noch 694.000.

Die Imker sehen, neben Werbe- und Nachwuchskampagnen, mehrere Gründe dafür: Meldungen über das Bienensterben bewegten die Menschen dazu, selbst aktiv zu werden, sagt DIB-Sprecherin Petra Friedrich. Zudem sei das allgemeine Interesse an der Natur gestiegen. Eine Umfrage unter Neu-Imkern zu deren Motiven ergab demnach: «Fast immer ist der Grund, dass sie etwas für die Natur und die Bestäubung tun möchten.»

Was Experten schon länger wissen, rückt durch zahlreiche Medienberichte mehr und mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Die Zahl der Insekten schrumpft dramatisch. Bei den Bienen sind weniger die als Nutztiere gehaltenen Honigbienen betroffen als vielmehr ihre wilden Verwandten: Rund die Hälfte der Wildbienen-Arten gelten als gefährdet.

Das ist nicht nur fatal für die Artenvielfalt, sondern eine Bedrohung für uns Menschen: Für den Anbau zahlreicher Obst- oder Gemüsearten sind wir auf die Bestäubungsleistung von Insekten angewiesen. Was passiert, wenn die Biene fehlt, zeigt sich bereits in manchen Regionen Chinas: Dort muss der Mensch Obstbäume von Hand bestäuben.

Die Nachrichten über das Bienen- und Insektensterben sieht Soziologe Lorenz auch als einen Auslöser für den gegenwärtigen Trend, sich verstärkt den Bienen zuzuwenden: «Das Schicksal der Menschheit wird an das Schicksal der Bienen geknüpft.» Und das mobilisiert die Menschen, wie das Beispiel Bayern zeigt: Unter dem Motto «Rettet die Bienen» beteiligten sich vor kurzem 18,4 Prozent der Wahlberechtigten an einem Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt - ein Rekord. In Bienenkostümen und mit niedlichen Bienenfiguren gingen dafür Aktivisten auf die Straße.

Die Biene ist ein Sympathieträger und ein Door Opener (Türöffner), um auf den Artenschutz aufmerksam zu machen», sagt die Biologin und Bienenexpertin beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Melanie von Orlow. «Wir können über jeden Menschen froh sein, der sich für das Thema interessiert.» Viele Experten hätten bereits seit Jahren vor dem Artenschwund gewarnt - seien aber lange Zeit nicht gehört worden.
dpa
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Kommentare 
NORST schrieb am 07.03.2019 17:59 Uhrzustimmen(14) widersprechen(4)
Bienenhaltung ist ein Lehrberuf,3 Jahre , Craschkurse mit 10 Stunden führt zu einer Gefahr für die Berufsimkereien , weil Bienenkrankheiten oft nicht erkannt werden. Das intensive Kümmern um die Völker wird sehr oft vernachlässigt und führt zu Misserfolgen mit der traurigen Konsequenz das die Völker sich selbst überlassen werden und sterben.
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