Die 21,7 Hektar große Fläche sieht nicht nur schön aus, sie dient auch einem speziellen Zweck: Der Förderung von
Artenvielfalt und einer nachhaltigen und ertragreichen Landwirtschaft. Das riesige Blumenmeer ist ein Projekt, das der Landwirt und
Jäger Frederik von Bremen und der Imker Heinrich Kersten gemeinsam mit der Jägerschaft Verden ins Leben gerufen haben. Es soll zeigen, dass die Interessen von Landwirten und Naturschützern durchaus vereinbar sind.
Demnach hat das Feld, das in etwa der Größe von 30 Fußballfeldern entspricht, sowohl für den Imker, als auch für den Landwirt und Jäger Vorteile: Es erhöhe die
Bodenfruchtbarkeit, biete reichlich Nahrung für
Bienen und Insekten und sei zugleich Schutzraum für Wildtiere.
Das Feld wird als sogenannte
Zwischenfrucht zwischen zwei Ernten angebaut. «Ich mache das aus Leidenschaft», sagt von Bremen. Die Blühfläche befindet sich auf seinem
Familienbetrieb, den er dieses Jahr übernommen hat. Seit vielen Jahren bereits baut der
Betrieb Zwischenfruchtmischungen an. Neu ist die Kooperation mit Imkerei und Jägerschaft.
Seit 2015 müssen
Betriebe, die mehr als 15 Hektar
Ackerfläche haben, 5 Prozent ihres Landes als ökologische Vorrangfläche nutzen. Dafür erhalten sie eine finanzielle Förderung. Das bestimmen die sogenannten «Greening-Methoden» des Landes Niedersachsen. Bei einer Zwischenfrucht wie in diesem Fall müssen mindestens zwei Blühpflanzen gesät werden. Von Bremen reicht das nicht: «Für mich sind die Fördermaßnahmen nicht tiefgreifend genug. Deswegen mache ich mehr als vorausgesetzt.»
Der Landwirt nutzt bereits mehr als fünf Prozent seiner gesamten Ackerfläche für ökologische Zwecke. Außerdem stehen auf dem Feld nicht nur zwei, sondern acht Arten Blühpflanzen. Obwohl er damit die gesetzlichen Anforderungen freiwillig überschreitet, bekommt er keine zusätzliche Förderung für das Projekt. «Wir kriegen gar nichts», so der 39-Jährige. Ihn ärgere es, dass mehr Qualität und mehr Aufwand nicht entsprechend honoriert würden.
Laut
Landwirtschaftskammer Niedersachsen ist es politisch «ausdrücklich gewünscht», dass Landwirtschaftsbetriebe bei der Pflege von Artenvielfalt eine noch größere Rolle spielen. Trotzdem erhielten Betriebe, die über die Fünf-Prozent-Grenze hinausschössen, keine zusätzlichen Zahlungen, sagt Sprecher Wolfgang Ehrecke.
Von Bremen und Imker Kersten wollen mit ihrem Projekt beweisen, dass es sich trotz dessen lohnt, mehr zu tun. Durch regelmäßige Messungen beobachten sie, wie sich Flora und Fauna auf dem Feld entwickeln.
Seit Beginn des Projekts vor zwei Jahren können sie sich bereits über erste Erfolge freuen. Von den rund zehn Bienenvölkern, die im Radius des Blühfelds platziert sind, steht eines auf einer elektronischen Waage. Die täglichen Gewichtsmessungen dokumentieren, dass das Bienenvolk deutlich mehr Honig liefert als der Durchschnitt: 50 Kilogramm haben die Bienen in diesem Jahr zwischen Mai und Juli eingetragen. «Das ist ein exorbitanter Ertrag», sagt Imker Kersten freudig. Der Bundesdurchschnitt für das ganze Jahr 2021 liegt, mit regionalen Unterschieden, laut dem Deutschen Imkerbund bei 18 Kilogramm Honig pro Bienenvolk.
Kersten, der seit 37 Jahren als Hobby-Imker tätig ist, geht es jedoch nicht in erster Linie um den Honigertrag, «sondern um den Beweis, dass mit diesen Blühkonzepten ausreichend Nektar und Blütenpollen für alle Insekten zur Verfügung stehen.» Den Bienen wolle er damit etwas Gutes tun, damit sie gesund und vital durch den Winter kämen. Durch zunehmend mildere Winter kämen diese kaum zur Ruhe. Das könne drastische Bienenverluste zur Folge haben. Mit einer guten Versorgungsbasis wie auf dem Blühfeld kann dem entgegengewirkt werden.
Das Blühfeld biete dabei nicht nur ein vielfältiges Nahrungsangebot für die Insekten, sondern verbessere auch den Boden des Landwirts. Denn wo aktuell noch die Blumen stehen, wächst normalerweise von Bremens Roggen, der mehrmals im Jahr angebaut wird. Zwischen der Ernte und der neuen Saat steht das Feld normalerweise für mehrere Monate brach. Diesen Zeitraum nutzt der 39-Jährige für die Zwischenfrucht.
Die Blühpflanzen wirkten sich positiv auf das Bodenleben, das
Grundwasser und den Humus aus - den «Fruchtbarkeitsspeicher» des Bodens, wie von Bremen ihn nennt. Eine reine Monokultur hingegen würde dem Boden auf Dauer schaden. «Man muss dem Boden etwas zurückgeben», sagt der 39-Jährige. Ein fruchtbarer Boden sei das Kapital eines erfolgreichen Landwirtschaftsbetriebs.
Bisher finanziert von Bremens Betrieb das Projekt aus eigener Tasche. Längerfristig hoffen Imker und Landwirt auf Fördermittel der Europäischen Union. Mit ihrem Blühfeld wollen sie aber vor allem mit gutem Beispiel vorangehen, andere inspirieren und für ähnliche Projekte begeistern. Deswegen unterstützen sie seit diesem Jahr verstärkt die Website «bauer-imker.de». Auf dieser «digitalen Informationsbörse» können sich Landwirte und Imker miteinander vernetzen und ihre Interessen zusammenführen.