Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
05.05.2023 | 16:05 | Kükenschreddern 

Brüterei aus NRW lässt männliche Küken im Ausland töten

Recklinghausen - Auch nach dem Verbot des Kükentötens in Deutschland werden junge Legerassen-Hähne aus deutschen Brütereien getötet - sie werden dafür ins Ausland transportiert.

Kükentöten
Nach langen Diskussionen wurde Anfang 2022 das Töten von Küken hierzulande gesetzlich verboten. Knapp eineinhalb Jahre danach steht fest: Es gibt Schlupflöcher. (c) proplanta
Drei Brütereien von Legerassen in NRW geben die männlichen Küken ins Ausland ab, wie das NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte. «Eine dieser drei Brütereien gibt an, dass die Hähne im Ausland getötet werden.» Man habe im November 2022 bei den Brütereien angefragt, gehe aber weiter davon aus, dass die Zahlen aktuell seien, sagte eine Sprecherin.

Die Verbraucher- und Tierschutzorganisationen Foodwatch, Animal Society und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht erstatteten mit Blick auf das Vorgehen der Brüterei Anzeige gegen Unbekannt bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, wie Foodwatch am Freitag mitteilte. Über diese Anzeige hatte zuvor die «Neue Osnabrücker Zeitung» berichtet.

Seit dem 1. Januar 2022 ist in Deutschland - anders als in anderen EU-Ländern - das Töten von Küken gesetzlich verboten. Bis dahin waren jährlich fast 45 Millionen männliche Küken getötet worden, da sie weder für die Eierproduktion noch als Masthühner nutzbar sind. Das Verbot werde zu wenig kontrolliert und verfolgt, sagte Annemarie Botzki von Foodwatch. «Wenn die männlichen Küken einfach zum Töten ins Ausland gekarrt werden, ist für den Tierschutz nichts erreicht.»

Beim Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) hieß es, grundsätzlich bestehe im europäischen Binnenmarkt der freie Warenhandel. «Männliche Eintagsküken sind daher im Binnenmarkt frei handelbar und dürfen aus Deutschland ausgeführt werden», sagte ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher.

Mit der derzeitigen Regelung sind die Geflügelzüchter unzufrieden: «Die Einführung des Verbots des Kükentötens mit der politischen Brechstange war ein Fehler und hat im Brütereibereich Existenzen gekostet», kritisierte Schleicher. Die Mehrzahl der in Deutschland ansässigen Legehennenbrütereien hätten zwischenzeitlich geschlossen, nur sieben von 17 ZDG-Mitgliedsbetrieben hätten überlebt.

Auch das Lanuv in NRW teilte mit, die Zahl der dortigen Brütereien habe sich in Folge des nationalen Kükentötungsverbots im Jahr 2022 halbiert. Die Aufzucht der Hähne kostet Geld - das sich Wettbewerber im Ausland, wo es kein Tötungsverbot gibt, sparen können. Laut Schleicher halbierte sich die Zahl der in deutschen Brütereien geschlüpften Legeküken 2022 fast. Der Rest wird nun importiert.

Auch Tierschützer sehen Verbesserungsbedarf. Problematisch sei, dass man nur die Produktion, aber nicht den Markt reguliert habe, sagte Dietmar Tepe vom Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) in Bonn. «Dann sagt der Markt halt: Dann produziere ich woanders.» Die auch vom Deutschen Tierschutzbund mitgetragene privatwirtschaftliche Organisation zertifiziert Eier, bei denen garantiert wird, dass sie komplett ohne Kükentöten erzeugt werden. Tepe sagte, es kämen allerdings in Deutschland nach wie vor sehr viele Eier aus einer Produktion, bei der die Brüder der Legehennen getötet werden - und das absolut legal.

«Es gibt sehr viele Schlupflöcher», sagte er. So ist etwa der Import von Legehennen, deren Brüder getötet wurden, nach wie vor erlaubt. Tepe forderte: «Es müsste ein einheitliches, EU-weites Verbot geben.» Außerdem müsse mehr Transparenz geschaffen werden: Eine Kennzeichnungsnummer gebe es zwar auf dem Ei, nicht aber in verarbeiteten, eihaltigen Produkten wie Nudeln, Mayonnaise oder Gebäck sowie in der Gastronomie.

Auch ZDG-Geschäftsführer Schleicher forderte, nötig sei «eine europäische Regelung, Technologieoffenheit hinsichtlich der Selektionsverfahren im Ei und eine ehrlichere Debatte um das Töten von Küken». Am Ende werde auch der aufgezogene Bruderhahn getötet - nur später, wenn er nicht mehr so putzig aussehe. «Das ist nichts anderes als eine gesellschaftspolitische Doppelmoral», sagte er.
dpa/lnw
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Intensivere Kontrollen für Kükentransporte möglich

  Kommentierte Artikel

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Union fordert Ergebnisse beim Bürokratieabbau

 Nachhaltiges Investieren lohnt sich