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21.02.2021 | 11:45 | SARS-CoV-2-Ausbrüche 

Corona-Ausbrüche in Nerzfarmen - Tickende Zeitbomben

Parma/Solna - Nerzzuchtfarmen weisen grundsätzlich eine deutlich größere Gefährdung durch SARS-CoV-2-Ausbrüche auf als andere Tierzuchtbetriebe.

Corona-Ausbrüche Nerzfarmen
(c) Darren Baker - fotolia.com
Das geht aus einem Bericht hervor, den die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Solna am Donnerstag (18.2.) vorgelegt hat. Beide Behörden stellen darin fest, dass neben der passiven Überwachung durch Züchter und Tierärzte auch aktive Maßnahmen wie Tests bei Tieren und Mitarbeitern notwendig seien.

Ferner werden Tests von wildlebenden Marderarten sowie genetische Sequenzanalysen zur Rückverfolgung der Ursprünge von Ausbrüchen und zur Identifizierung möglicher Virusmutationen empfohlen. EFSA und ECDC gehen davon aus, dass sich das Virus in Regionen mit einer hohen Dichte an Pelzfarmen schnell von einem Betrieb zum nächsten ausbreiten kann.

Die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. In ihrem Bericht weisen die beiden EU-Behörden darüber hinaus darauf hin, dass vor allem amerikanische Nerze, Frettchen, Katzen, Waschbärhunde, Weißwedelhirsche und Rhinolophidae-Fledermäuse einem erhöhten Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion ausgesetzt seien. Deshalb seien diese Tierarten in die Überwachungspläne aufzunehmen. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hatte im November zur Übertragung des Virus von Tieren auf den Menschen festgestellt, dass man mit Blick auf die in Deutschland üblichen Nutz- und Haustiere, wie Hühner und Schweine, nicht von einer Übertragung auf den Menschen ausgehe. Äußerst gering sei die Gefahr bei Rindern.

Millionen Tiere getötet

Laut EFSA wurde der Bericht von der EU-Kommission angefordert, nachdem es 2020 zu Corona-Ausbrüchen in Nerzzuchtbetrieben in ganz Europa gekommen war. Bis Januar 2021 wurde das Virus in rund 400 Nerzzuchtbetrieben in acht Mitgliedstaaten nachgewiesen. Die überwiegende Mehrheit fand mit 290 Ausbrüchen in dänischen Nerzzuchtanlagen statt.

In den Niederlanden sollen 69, in Griechenland 21 und in Schweden 13 Betriebe betroffen worden sein. Drei Ausbrüche hat es dem Bericht zufolge in Spanien, zwei in Litauen und jeweils einen in Frankreich und Italien gegeben. Anfang Februar hatte dann das polnische Landwirtschaftsministerium den Nachweis des Corona- Virus‘ in einem Nerzbetrieb in der Wojewodschaft Pommern bestätigt. In Dänemark hatte das Corona-Geschehen in den Nerzfarmen politische Konsequenzen.

Die von der Kopenhagener Regierung angeordnete Keulung auch aller gesunden Nerzbestände führte nach scharfer Kritik zum Rücktritt des damaligen Agrarministers Mogens Jensen. In dem EU-Land wurden insgesamt mehr als 15 Millionen Nerze getötet. Begründet wurde dieser radikale Schritt damit, dass das Virus in den Tieren mutiert sei und sich auf den Menschen übertragen habe. Bis Ende 2021 gilt in Dänemark ein Haltungsverbot für Nerze.

„Tickende Zeitbomben“

Mit Hinweis auf das hohe Risiko von Nerzfarmen für die Verbreitung von Corona-Infektionen fordern die Tierschutzorganisationen Vier Pfoten, Humane Society International/Europe, Eurogroup for Animals und Fur Free Alliance indes die sofortige Schließung aller europäischen Pelztierhaltungen. „Die einzige Möglichkeit, die Sicherheit der EU-Bürger zu gewährleisten, ist die sofortige Aussetzung der Nerzproduktion in den Mitgliedstaaten, in denen diese grausame Praxis noch legal ist, bevor die Zuchtsaison beginnt“, so der Vorsitzende der Fur Free Alliance, Joh Vinding . Geschehe dies nicht, würden sich die aktuelle EU-Nerzpopulation und damit das Gesundheitsrisiko vervielfachen.

Der Deutsche Tierschutzbund schloss sich der Forderung nach Schließung aller europäischen Nerzfarmen an. Laut Artenschutz-Referentin Dr. Henriette Mackensen sind Pelzfarmen „tickende Zeitbomben“. Die Pelztierzucht womöglich mit aufwändigen und teuren Maßnahmen trotz allen Risikos zukünftig weiter betreiben zu wollen, ist deshalb für sie „absurd - vor allem angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der EU-Bürger die tierquälerische Pelztierhaltung ablehnt“.
AgE
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