Agrar-Ingenieur Stephan Illi, Vorstand im Demeter e. V., appelliert in Schreiben an Länder- und Bundespolitiker, sich für sinnvolle Lösungen einzusetzen: „Die Bauern sind geplagt genug angesichts der Dramatik auf dem
Milchmarkt, da muss nicht noch die Blauzungenimpfung zu Konflikten führen.“ Wichtig sei, unbescholtene Landwirte, die aus guten Gründen die Impfung verweigerten, nicht länger wie Kriminelle zu behandeln und mit hohen Zwangs- und Bußgeldern zu bedrohen. Die Anordnung von Zwangsmaßnahmen und Bußgeldern, die im Falle des Verstoßes gegen die Pflichtimpfung verhängt werden, sei absolut nicht verhältnismäßig. Veterinärmedizinisch und epidemiologisch mache es keinen Sinn bei Impfdeckungsgraden von weit über 80 Prozent noch die letzten Tierhalter mit staatlicher Gewalt zur Impfung zu zwingen, während gleichzeitig hunderttausende wildlebender Wiederkäuer ungeimpft bleiben.
Für die Öko-Pioniere steht fest: die erzwungene Impfkampagne war nicht immer erfolgreich. Viele Landwirte hätten Impfschäden beobachtet, die vom Bund bis heute nicht entschädigt worden sind. So berichtet zum Beispiel Demeter-Bäuerin Marianne von Putten-Geier aus Franken, dass nach der Impfung plötzlich Krankheiten aufgetreten sind, die sie vorher noch nie im Stall hatte. Deshalb wehrt sich die engagierte Biodynamikerin jetzt gegen die Impfung. „Lieber gehe ich ins Gefängnis als meine Tiere noch einmal impfen zu lassen,“ erklärt sie, die 2008 noch mitgemacht hatte bei der Zwangsimpfung. „Das haben wir inzwischen tief bereut.“
Die Demeter-Bauern fragen sich, ob es volkswirtschaftlich und medizinisch sinnvoll ist, immer wieder und gegen immer mehr Krankheiten zu impfen. Sie fordern ihr Recht zur Gesunderhaltung der eigenen Tiere durch natürliche Immunisierung. Impfzwang dürfe nur in absoluten Ausnahmefällen angewendet werden. „Unsere Nutztiere müssen durch wesensgemäße Fütterung und Zucht sowie artgerechte Haltung robust gehalten werden, sonst impfen wir in zehn Jahren laufend gegen eine Unzahl verschiedener Krankheiten. Die Folgen davon sind längst nicht ausreichend erforscht“, unterstreicht Illi.
Die Demeter-Tierhalter setzen deshalb mit prophylaktischen Maßnahmen auf ein gesundes Immunsystem ihrer Tiere. Statt teure Impfkampagnen zu finanzieren, sollten präventive und kurative Methoden weiter entwickelt werden. Ziel sei, dass die Krankheit mit wenig Leid und möglichst geringen Schäden überwunden werden kann.
Den Demeter-Bauern ist die freie Entscheidung aus eigener, bewusster Erkenntnis besonders wichtig. Sie halten die staatlich verordnete Pflicht zur Impfung gegen die
Blauzungenkrankheit für fragwürdig und den propagierten flächendeckenden Impfschutz für eine Illusion. Ihre Position untermauern sie mit harten Fakten, die Berater Ulrich Mück zusammengetragen hat. Allein 145 Betriebe haben sich in Bayern bereiterklärt, sich an der Studie des Friedrich Löffler-Institutes über Nebenwirkungen der Blauzungen-Impfung zu beteiligen. Lang ist die Liste der von ihnen gemeldeten Impffolgen. Demgegenüber stehen seit 2008 ganze 47 Erkrankungsfälle der Blauzungenkrankheit in Bayern. „Die flächendeckende Impfung und Ausrufung der Blauzungenkrankheit als Seuche ist der Krankheit unangemessen. In vielen Regionen gibt es mehr Impfschäden als Krankheitsfälle,“ lautet das Fazit von Ulrich Mück. Es sei deshalb sinnvoll, regional differenziert vorzugehen. Ein Blick auf die Erkrankungszahlen stelle zudem die propagierte Gefährlichkeit der Krankheit in Frage. Außerdem moniert Mück die fehlende
Qualitätssicherung im Bereich der Veterinärmedizin in Bezug auf die Anwendung der nicht regulär zugelassenen Impfstoffe gegen Blauzungenkrankheit. „Eine Mängelliste diesen Umfangs würde für jeden Bauern den Entzug der Betriebserlaubnis in der Hofverarbeitung zur Folge haben.“ Demeter hofft nun, dass sich die entscheidenden Gremien diesen Argumenten stellen und die Zwangsimpfung für 2010 aufheben. Dabei finden die biologisch-dynamisch wirtschaftenden Bauern immer mehr Unterstützer aus anderen Organisationen und bei aufmerksamen Verbrauchern. (demeter)