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16.11.2022 | 14:39 | Pferdezucht 

Droht Deckhengsten Teilzeit wegen Wirtschaftskrise?

Düsseldorf / Warendorf - Die Arbeit der Deckhengste beim Nordrhein-Westfälischen Landgestüt könnte im kommenden Jahr weniger gefragt sein, weil auch Pferdezüchter den Gürtel enger schnallen müssen.

Deckhengst
Das Landgestüt bezieht sein Geld aus Hengstvorführungen, der Deutschen Reitschule und Pacht - vor allem aber aus sogenannten Besamungsentgelten. Dass Züchter aber infolge des Kriegs immer mehr für die Versorgung ihrer Tiere ausgeben müssen, könnte Folgen haben. (c) proplanta
«Aufgrund der aktuellen Wirtschaftsentwicklung und der deutlich gestiegenen Kosten auch auf Seiten der Züchterschaft werden eine zurückhaltende Nachfrage und damit niedrigere Einnahmen als im Vorjahr erwartet», heißt es im Entwurf für den Haushalt 2023 des Landwirtschaftsministeriums. Kalkuliert wird demnach im Vergleich zu 2022 mit einem Rückgang der Einnahmen - ein großer Teil davon Besamungsentgelte - um 410.000 Euro auf rund 1,54 Millionen Euro.

Auch der Zuchtleiter beim Westfälischen Pferdestammbuch, dem Verband hiesiger Pferdezüchter, hält eine gedämpfte Haltung für möglich. «Da herrscht sicherlich eine gebremste Euphorie», sagte Thomas Münch der Deutschen Presse-Agentur. Infolge des Kriegs gebe es kein Korn mehr aus der Ukraine. Späne als Einstreu seien kaum zu bekommen. Auf der anderen Seite steigen Energiekosten. Schon jetzt hätten sich die Ausgaben für den Unterhalt eines Pferdes teilweise verdoppelt, machte Münch deutlich, der auch das Westfälische Pferdezentrum leitet. Zumal das Deckgeld von mehreren Hundert oder auch mal 1.000 Euro je nach Hengst in Relation zu den Gesamtkosten nicht besonders viel ausmache.

Auf der anderen Seite seien die Fohlen, die im kommenden Jahr zur Welt kommen und dann Kosten verursachen, längst produziert, sagte Münch. «Für die diesjährige Decksaison ist eine krisenbedingte Zurückhaltung seitens der Züchterschaft nicht erkennbar», erklärte ein Ministeriumssprecher. «Ein längerfristiger Trend über mehrere Jahre ist zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar.» Kommendes Jahr müssen die Züchter eine Abschätzung abgeben, wie sich der Fohlenmarkt - also die Absatzchancen für Fohlen - in 2024 entwickeln wird.

«Eigentlich müsste man antizyklisch denken», meinte Münch. Sonst fehlten in ein paar Jahren Reitpferde. «Ich brauche Nachschub.» Das Pferdestammbuch ist unter anderem für Zuchtprogramme zuständig und Absatzveranstaltungen wie Auktionen - diese coronabedingt vermehrt und mit großem Erfolg online. Im letzten Jahr habe er in 50 Länder verkauft, berichtete Münch. «Von Paraguay bis Indien.»

Überhaupt habe der Markt während der Pandemie einen Boom erlebt, sagte Münch. Das lag aus seiner Sicht in erster Linie daran, dass Menschen weniger Geld für Urlaube und Restaurantbesuche ausgegeben und so am Ende des Monats mehr im Portemonnaie gehabt hätten. Zudem sei Reitsport weitgehend uneingeschränkt möglich gewesen. Nichtsdestotrotz werde das Pferd ein Luxushobby bleiben. Inwiefern die Wirtschaftskrise Spuren hinterlässt, bleibe abzuwarten.

Die aktuellen Entwicklungen zwingen auch das Landgestüt zum Sparen. Aus Gründen des Tierwohls geht das nicht beim Futter, stellte das Ministerium klar. Der Energieverbrauch in den denkmalgeschützten Gebäuden und die Beleuchtung seien aber angepasst worden. Ferner sei angedacht, mittelfristig auch erneuerbare Energien zu nutzen. Folgen für die Kapazitäten des Gestüts habe die Krise keine.

Rund 90 «zuchtaktive» Hengste stehen nach Angaben des Gestüts in den Ställen in Warendorf im Münsterland. Seit der Gründung 1826 ist es dafür zuständig, Pferdezüchtern «qualitätvolle und genetisch interessante Hengste gegen ein angemessenes Deckgeld zur Verfügung zu stellen». Angegliedert ist die Deutsche Reitschule.

Damit der Etat des Gestüts nicht in die roten Zahlen rutscht, will das Land sinkende Einnahmen ausgleichen und seine Ausgaben gemäß Haushaltsentwurf um fast 1,5 Millionen auf 7,6 Millionen Euro erhöhen. Die Gesamtkosten hätten sich wegen der deutlich steigenden Preise insbesondere in Bezug auf die Bewirtschaftung der Grundstücke und Gebäude oder auch mit Blick auf Dienst- und Schutzkleidung, Futter, Stroh, Strom und Kraftstoffe erhöht, heißt es dazu.

Zudem sei die Instandsetzung des Brandmeldealarms unumgänglich. «Das Brandmeldesystem des NRW-Landgestütes ist nicht mehr zeitgemäß», erläuterte der Sprecher. «Heu, Stroh und das Holz der historischen Bausubstanz stellen brandtechnische Risiken dar, denen adäquat begegnet werden muss.» Derzeit laufe noch eine sicherheitstechnische Überprüfung, weshalb keine konkreten Kosten genannt werden könnten.
dpa/lnw
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