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06.08.2020 | 11:03 | Misshandelte Kühe 

Erste Anklage gegen Rinderhalter im Allgäuer Tierschutz-Skandal

Memmingen - Mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden des Allgäuer Tierschutz-Skandals hat die Staatsanwaltschaft erstmals Anklage gegen zwei Rinderhalter erhoben.

Tierschutzskandal Allgäu
Videoaufnahmen von misshandelten Kühen erschüttern im Juli 2019 Verbraucher. Fünf Allgäuer Betriebe geraten in der Folge ins Visier der Ermittler. In einem ersten Fall hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben. (c) proplanta
Dem 66 Jahre alten Landwirt und seinem 23-jährigen Sohn aus Bad Grönenbach werde vor allem vorgeworfen, kranke Tiere nicht von Tierärzten behandelt lassen zu haben, teilte die Staatsanwaltschaft Memmingen am Donnerstag mit. Zu dem Betrieb gehören drei Höfe in den Landkreisen Unterallgäu, Oberallgäu und in der Stadt Kempten. Die Verstöße beziehen sich auf 54 Rinder zwischen Juli und November 2019. Der Inhaber hatte schon im Oktober 2019 eingeräumt, Kälber preisgünstig von anderen Landwirten erworben zu haben. Diese seien teilweise krank gewesen, die Behandlungskosten habe er nicht stemmen können.

Die Milchviehhaltung stellte der Betrieb daraufhin ein. Im Januar verbot das Amtsgericht Neu-Ulm auf Antrag der Staatsanwaltschaft Memmingen den Landwirten vorläufig, auch darüber hinaus Tiere zu halten. Ob es nun zu einem öffentlichen Prozess kommt, entscheidet das Landgericht Memmingen in den kommenden Wochen. Die Verteidigung der beiden Angeklagten habe die Anklageschrift Anfang der Woche erhalten, sagte ein Gerichtssprecher. Ab diesem Zeitpunkt gelte eine Frist von drei Wochen, um sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Sollte es zu einem Verfahren kommen, könnte der Prozess nach Angaben des Landgerichts noch im laufenden Jahr beginnen. Bei einer Verurteilung wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz drohen den beiden Landwirten Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.

«Unsere größte Befürchtung ist, dass solche Fälle mit Strafbefehlen abgearbeitet werden», sagte der Vorsitzende des Tierrechtsvereins «Soko Tierschutz», Friedrich Mülln, am Donnerstag. In diesem Fall käme es nicht zu einem öffentlichen Prozess. «Solche Zustände in der industriellen Landwirtschaft sind aber von überragendem öffentlichen Interesse», betonte Mülln.

Der Tierrechtsverein hatte im Juli 2019 Videoaufnahmen weitergegeben, die gequälte Rinder in einem anderen Großbetrieb im Raum Bad Grönenbach zeigen sollen. Unter anderem ist zu sehen, wie eine lebende Kuh mit ihrem Bein an einem Schlepper befestigt und wie ein lebloser Gegenstand durch den Stall gezogen wird.

In der Folge ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen vier weitere Allgäuer Rinderbetriebe, darunter der, gegen dessen Betreiber Anklage erhoben worden ist. Weil das seit Januar geltende Tierhaltungsverbot gegen dessen Betreiber ein schwerwiegender Eingriff sei, habe man dieses Ermittlungsverfahren beschleunigt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen.

Wie lange die Ermittlungen gegen die vier anderen Betriebe dauern werden, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch unklar. Sachverständige des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und der jeweiligen Landratsämter müssen zunächst für jede einzelne Kuh ein Gutachten erstellen. Ergebnisse werden deshalb frühestens im Herbst erwartet.
dpa/lby
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