«Es waren ausreichend Krabben zu fangen, aber wir konnten sie nicht verkaufen», sagt der Geschäftsführer der
Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer (EzDK), Dirk Sander. Für einige Betriebe, die zwischen Sylt (Schleswig-Holstein) und Ditzum in Ostfriesland angesiedelt sind, gehe es daher mit Blick auf die Wintermonate um die Existenz.
Große Händler etwa in den Niederlanden nahmen weniger Krabben ab, da sie nicht weiterverarbeitet werden konnten. Schuld ist ein Nadelöhr in Marokko. Dort wird in Schälzentren ein Großteil der Nordseekrabben in Handarbeit gepult. Mit der Corona-Pandemie stand lange nur die Hälfte der Kapazitäten zur Verfügung - zeitweise waren die Fabriken sogar ganz geschlossen, berichtet Sander.
Dabei sei die Nachfrage nach Krabbenfleisch sehr gut gewesen - auch da im Sommer viele Touristen an die Küste kamen. Doch den Fischern fehlten die Absatzmöglichkeiten. Da Hotels und Restaurants zeitweise schließen mussten und Kühlhäuser voll waren, blieb nur der Direktverkauf.
«Wenn die Krabben nicht aus der Schale kommen, kann man nur ganz kleine Mengen verkaufen», sagt Sander. Bei den anderen wenigen Küstenfischern, die etwa auf Plattfische aus sind, sei die Lage kaum besser gewesen. Auch ihnen seien Absätze weggebrochen.
Die Folge: Viele Kutter blieben während der Saison von März bis November in den Häfen und legten Fangpausen ein. Der Bund zahlte Hilfen aus EU-Mitteln. Rechne man aber die Intervalle zusammen, sei in sechs bis acht Wochen nicht gefischt worden.
«Wenn da zwei Monate rausfallen, ist das natürlich nicht gut», sagt Sander. Mitte Oktober sei die Nachfrage wieder etwas angezogen, da Händler begannen, Krabben auf Vorrat einzufrieren. Noch sei unklar, wie genau die Fangmenge ausfallen werde. Es sei aber abzusehen, dass Umsatz und Menge ungefähr auf dem schwachen Vorjahresniveau liegen, sagt Sander.
2019 litten die Krabbenfischer unter dem Rekordergebnis von 2018. Bei enormen Fangmengen griffen viele Händler zu und froren Krabben ein. Im Folgejahr waren die Kühlhäuser voll, die Nachfrage ging zurück und drückte auf den Erzeugerpreis: Statt einst bis zu 12 Euro erhielten die Fischer nur noch knapp 3 Euro pro Kilogramm Krabben. 2020 lagen die Erzeugerpreise ähnlich tief zwischen 3 und 5 Euro.
Sander rechnet damit, dass Umsätze und Fangmenge bei den rund 100 Betrieben seiner Erzeugergemeinschaft im Corona-Jahr ungefähr bei zwei Dritteln des Ertrags eines durchschnittlichen Jahres liegen. Bei einer zweiten Erzeugergemeinschaft, die der Küstenfischer der Nordsee, sieht die Prognose noch etwas düsterer aus. Geschäftsführer Günter Klever erwartet, dass seine mehr als 30
Betriebe weniger als die Hälfte des Umsatzes eines sonst üblichen Jahres machen werden.
Die Situation spitze sich damit nach 2019 weiter zu. «Das kann bei einigen an die Existenz gehen», sagt Klever. Aufgegeben habe zwar noch keiner, doch nun komme der Winter. Eigentlich ist dann Fangpause und Zeit für Reparaturen und die Familie.
«Die Krabben ziehen jetzt im Herbst und Winter raus in tiefere Bereiche der Nordsee», erklärt der Fischwirtschaftsmeister. Fischen könnten dort eigentlich nur Betriebe mit größeren Fahrzeugen - sofern es das Wetter überhaupt zulasse. «Ich gehe davon aus, dass es nun mehr versuchen werden, da die finanzielle Situation sie dazu zwingt», sagt Klever. «Gerade in den kleineren, familiengeführten Betrieben wird es zu Engpässen kommen.»
Eine Einschätzung, die auch Sander bestätigt: «Viele Betriebe haben Angst vor dem Winter.» Die Fischerei werde im nächsten Jahr sicher weitergehen, doch ob es alle bis zum nächsten Frühjahr schaffen, sei ungewiss. Hinzu komme noch eine missliche Lage: Aktuell werde meist auf Halde gefischt, gibt Klever zu Bedenken. Das heißt: Nur ein Teil der Krabben wird gepult, der Rest wird eingefroren. «Das ist eine unglückliche Situation für das kommende Jahr. Wenn es im Frühjahr wieder losgeht, wird der Preis nicht hoch kommen», sagt Klever.