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28.03.2011 | 12:22 | Tierschutz  

Niedersächsische Landkreise gegen Agrarfabriken

Bienenbüttel - Die AbL sieht die niedersächsische Landesregierung angesichts des massiven Drucks von vielen Bürgerinitiativen, Landkreisen und Medien unter wachsendem Zugzwang, gegen die agrarindustrielle Qualhaltung in Agrarfabriken vorzugehen.

Schweine
Agrarminister Lindemann habe jüngst in seinem Tierschutzplan immerhin das Ende des Schnäbelkürzens bei Geflügel und des Abschneidens der Schweine-Ringelschwänze ab dem Jahr 2015 angekündigt und hierzu eine Kommission eingesetzt. Nun würden auch die Landkreise und der Niedersächsische Landkreistag weitere Regelungen zur Verhinderung von Großmastanlagen einfordern.


AbL-Sprecher Eckehard Niemann wies darauf hin, dass die Landkreise Emsland, Oldenburg und Vechta angesichts der Massierung von Großmastanlagen bereits einen Genehmigungsstopp für Neuanlagen ausgesprochen hätten, bis die Antragsteller ausreichende Keim- und Brandschutzgutachten vorlegen könnten. Auch die Region Hannover verlange Brandschutzkonzepte, der Landkreis Aurich erlaube generell keine gewerblichen Anlagen ohne ausreichende Futtergrundlage mehr. Landkreise wie Lüneburg oder Lüchow-Dannenberg hätten sich gegen Agrarfabriken und für Bauernhöfe positioniert. Nun genehmige auch der Landkreis Cloppenburg neue Stallbauten mit mehr als 2.000 Schweinemast- und mehr als 750 Sauenplätzen nur noch mit Abluft-Reinigungsanlagen. Auf der Grundlage des geltenden Bau- und Immissionsschutz-Rechts, so Landrat Eveslage, sei der Landkreis als Genehmigungsbehörde verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen schädliche Umwelteinwirkungen sowie erhebliche Belästigungen für Allgemeinheit und Nachbarschaft zu verhindern. Er empfahl Städten und Gemeinden, ihre Steuerungsmöglichkeiten über die Bauleitplanung zu nutzen, um Stallbauten in freier Landschaft zu verhindern.
       
Auch der Niedersächsische Landkreistag hat vom Land eine Neuregelung beim Bau von neuen Tierställen eingefordert. In Regionen wie dem Nordwesten sei die objektive Grenze des Möglichen erreicht. Außerdem nehme die Akzeptanz für bestimmte Arten von Tierhaltungsanlagen in weiten Teilen der Bevölkerung ab. Das geltende Recht biete keine hinreichenden Möglichkeiten zur Grenzziehung. Die Landkreisversammlung forderte vom Land Niedersachsen konkrete Vorgaben für die Genehmigung und den Bau von Großmastanlagen. Auch der Bund müsse das Baurecht ändern.

Ministerpräsident McAllister bezeichnete es in einer Rede vor Junglandwirten im emsländischen Lingen als fraglich, ob die gegebenen Steuerungsmöglichkeiten in Sachen Mastställen noch ausreichten. Das Vorgehen des Landkreises Emsland sei „in der gegebenen Situation nicht zu beanstanden“. Er warf die Frage auf, ob die Privilegierung für großgewerbliche Tierhaltungsanlagen eingeschränkt werden müsse. Landwirtschaftliche Anlagen mit ausreichender Futtergrundlage oder in Größenordnungen, die „als Betriebszweig problemlos betrieben“ werden könnten, stünden nicht zur Diskussion.

Nach Einschätzung der AbL sind Agrarindustrie und Bauernverband zunehmend isoliert, würden aber hinter den Kulissen ihren Druck auf die ihnen immer noch eng verbundene CDU-FDP-Koalition erhöhen. Landvolk-Präsident Hilse, der im Aufsichtsrat von Europas größtem Schlachtkonzern sitze, wolle offenbar vor allem das Kupier-Verbot bei Schweinen verhindern, um damit die Haltung der Schweine auf Spaltenböden zu sichern.  „Bei der Haltung der Mastschweine auf Spaltenböden in engen Boxen beißen sich die gestressten Tiere gegenseitig die Schwänze ab, deshalb ist diese Art der Haltung nur mit dem Abschneiden der Schwänze möglich“ – so der AbL-Agrarindustrie-Experte Eckehard Niemann: „Ohne Schwanzkupieren kann man Schweine nur noch auf Stroh, mit genügend Platz und mit Auslauf halten, eine solche Haltung können nur bäuerliche Strukturen gewährleisten, nicht aber Agrarfabriken.“

Die AbL forderte die Landesregierung auf, landesweit gegen den Neubau von Agrarfabriken oberhalb der vorhandenen Grenzen des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes vorzugehen (1.500 Schweinemast-, 560 Sauen-, 15.000 Geflügelplätze). Gleichzeitig müssten über neue Nutztierhaltungs-Verordnungen die Forderungen der EU-Richtlinien nach einer artgerechten Haltung mit genügend Platz auf Stroh und ohne Tierverstümmelung rasch durchgesetzt werden.

Ein Programm für den Umbau auf solche Haltungsformen und auf Freilandhaltung stehe auf der Tagesordnung. Niedersachsen solle seinen Einfluss nutzen, um solche Regelungen auch bundes- und EU-weit auf den Weg zu bringen, zum Beispiel im Rahmen der EU-Agrarreform. Eine solche Beschränkung der Tierhaltung auf mittelständische bäuerliche Strukturen liege im Interesse der allermeisten Landwirte, weil dadurch die überschuss-produzierende Konkurrenz der Agrarindustrie ausgeschaltet werde, weil durch die Mengenreduzierung viel Spielraum für faire Erzeugerpreise geschaffen würde und weil dadurch eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung gesichert sei. (AbL)
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