Das Lewitz-Gestüt des Ex-Weltklasse-Springreiters Paul Schockemöhle hofft, spätestens im Juli mit dem bislang umstrittenen Impfversuch an Pferden beginnen zu können. Im Juli werden die letzten Fohlen geboren, sagte der Leiter von Europas größtem Gestüt, Marc Lämmer, am Mittwoch in Neustadt-Glewe (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Das Gestüt will in diesem Jahr 30 Fohlen einen Impfstoff mit gentechnisch veränderten Lebendbakterien verabreichen, der die Tiere vor einer eitrigen Lungenentzündung schützen soll. Die Krankheit kann tödlich verlaufen.
Den Impfstoff hat der niederländische Pharmakonzern Intervet entwickelt. Die Genehmigung des Feldversuchs liegt beim Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL). Gegen das Impfprojekt, das in einem offenen Stall am Rande von Grabow geplant ist, waren 437 Einwendungen eingegangen. Am Abend wollte der Pharmahersteller Intervet in Grabow die Einwohner über das Impfvorhaben informieren.
Gentechnikgegner planten eine Protestaktion.
Einwohner der Kleinstadt befürchten, dass die genveränderten Bakterien entweichen und zur Gesundheitsgefahr von Mensch und Tier werden könnten. Dem widersprechen Tierärzte und Wissenschaftler. Wie der Mikrobiologe und wissenschaftliche Berater Dieter Lütticken erläuterte, wurden dem
Erbgut des Bakteriums «Rhodococcus equi» vier krankmachende Gene entfernt. Das abgeschwächte Bakterium könne die Pferde nicht mehr krank machen, aber sie gegen die Krankheit immunisieren. Das sei mit konventionellen Impfstoffen nicht gelungen.
Gesunde Menschen könnten am dem überall in der Natur vorkommenden Bakterium nicht erkranken. Menschen mit einem geschwächten Abwehrsystem, etwa wegen HIV oder einer Chemotherapie, würden in seltenen Fällen erkranken. »Die Impfbakterien können keine Krankheit auslösen», sagte Lütticken.
Gegen die häufige Kinderkrankheit von Pferden - sie befällt Fohlen im Alter bis zu sechs Monaten - werden bislang
Antibiotika eingesetzt. Es gebe nur noch eine Handvoll wirksamer Antibiotika, sagte die Tierärztin und Dozentin an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Monica Venner. »Ein behutsamer Umgang mit Antibiotika ist angesagt. Wir wollen nicht die Zeit erleben, wo sie nicht mehr wirksam sind», sagte sie. Zudem sei Vorbeugen besser als behandeln.
Das Gestüt mit 3.500 Pferden und jährlich 650 Fohlen ist nach den Worten seines Leiters Lämmer für den Versuch gut geeignet, weil es vergleichbare Haltungsbedingungen für eine große Zahl von Fohlen biete. Impfuntersuchungen seien nur in großen und gesunden Beständen möglich. (dpa)