Für das Holzrücken - das Ziehen von mehrere Hundert Kilogramm schweren Baumstämmen - im Wald greifen Forstwirte zunehmend wieder auf die jahrhundertealte Technik mit Kaltblutpferden zurück.
Das gilt vor allem für schwer zugängliche oder naturgeschützte Stellen im Wald und in Feuchtgebieten. Dort würden die sonst verwendeten 20 bis 30 Tonnen schweren Vollernter den Boden zu stark verdichten. «Mit Pferden - das nimmt klar zu», sagt «Pferderücker» Stevens, der in Alpen am Niederrhein zusammen mit seiner Frau einen
Betrieb führt.
Gerade hat Stevens einen Auftrag in Meerbusch abgearbeitet: Holzrückarbeiten in einem geschützten FFH-Gebiet. «Das hätten Sie mit Maschinen da gar nicht genehmigt bekommen.» 15
Betriebe - die meisten im Vollerwerb - verzeichnet die sogenannte Holzrückerliste der Interessengemeinschaft Zugpferde allein in Nordrhein-Westfalen. Verbreitet ist das Rücken mit Pferden daneben in Thüringen, Sachsen-Anhalt und in Süddeutschland.
Dabei bleibt die Waldarbeit mit Pferden weiter ein Nischenangebot für besondere Einsatzbereiche - schon, weil die Pferde-Betriebe große Aufträge mit Tausenden Festmetern Holz mengenmäßig gar nicht schaffen würden und weil sie bei den Kosten mit den Maschinen nicht mitkommen.
Stevens rechnet 35 Euro für das Fällen, Rücken und Aufstapeln pro Festmeter Holz, die maschinelle Konkurrenz liegt bei etwa der Hälfte. Aber sein Angebot hat mit dem wachsenden Umweltbewusstsein der privaten und kommunalen
Waldbesitzer eben besondere Vorteile: Vierbeiner belasten den Boden weniger, sie beschädigen keine anderen Bäume und machen fast keinen Lärm.
Mehrere Millionen Festmeter Holz werden in NRW-Wäldern jedes Jahr geschlagen - viel zu viel für einen ausschließlichen Pferdetransport. Dennoch hält auch der NRW-Waldbesitzerverband viel von der alten Technik: «Der Einsatz von Rückepferden im Schwachholzbereich, insbesondere auf sensiblen Standorten, hat seine Berechtigung», sagt die Geschäftsführerin des Waldbauernverbandes NRW, Heidrun Buß-Schöne.
Das Land fördere
Forstarbeit mit Pferden mit fünf Euro pro Festmeter Holz, sagt Forstfachmann Michael Blaschke vom Landesbetrieb Wald und Holz. Der Landesbetrieb bildet sogar Interessierte als «Pferde-Rücker» fort - der nächste Lehrgang ist im November. Man solle sich aber vor falscher Romantisierung hüten, sagt Blaschke.
Die Arbeit im Wald sei für die Pferde hart. Bei größeren Aufträgen sei da schnell eine Grenze in Sachen Tierschutz erreicht. Für die Waldarbeiter sei die Arbeit im vollverkapselten
Harvester außerdem deutlich sicherer als draußen an abschüssigen Hängen zwischen den Stämmen rumzuturnen, sagt Blaschke.
Diese Argumente überzeugen Stevens nur teilweise. Seine Kaltblüter sind für ihn «Kollegen» und Freunde. Eine Schicht im Wald dauert drei Stunden, dann gibts eine Stunde Mittagspause mit Futter und 20 Liter Wasser für das Tier und danach noch mal rund zwei Stunden Arbeit - nur solange es geht. Stevens ist dabei ständig nah am Tier und spricht mit ihm. Das Pferd gehorcht fast ohne Zügelhilfe auf jeden Befehl. Überforderung würde Stevens sofort bemerken. Und auch für sich selbst geht er nicht über die Leistungsgrenze.
Nicht Konkurrenz sondern sinnvolle Ergänzung zwischen Pferd und
Erntemaschine - das ist der richtige Weg, sagt Stevens. Bisher gibt es in vielen Wäldern alle 20 Meter eine sogenannte Rückegasse, einen mehrere Meter breiten baumfreien Weg für den Vollernter. Wo Forstleute mit Pferden oder Winden die Stämme zur Seite rücken, reicht ein 40-Meter-Abstand für die baumfreien Gassen - gewonnener Raum für viele zusätzliche Bäume im Wald.