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12.07.2013 | 09:19 | Elbhochwasser 2013 

Schäfer leiden unter Folgen der Elbflut

Dömitz - Noch steht das Wasser an den Deichen, Sandsäcke und Treibgut vom Hochwasser im Juni machen Wege unpassierbar.

Schafe
(c) proplanta
Die Schäfer an der Elbe können ihre «Pfennigsucher», wie die tierischen Landschaftspfleger ob ihrer Genügsamkeit genannt werden, erst an wenigen Stellen wieder auf die Dämme treiben. Auch einen Monat nach der Jahrhundertflut sind die meisten Deichwiesen, die wichtigsten Weiden für norddeutsche Elbschafe, nicht zugänglich.

Das Futter wird knapp, die Lämmer bekommen zu wenig Milch von ihren Müttern, viele müssen inzwischen mit der Flasche aufgepäppelt werden, wie Schäfer im Flutgebiet sagen. Die Züchter kaufen teures Zusatzfutter oder verfüttern den Wintervorrat. Ihnen steht wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals, wie der Landesschafzuchtverband Mecklenburg-Vorpommern einschätzt.

Seit Jahrhunderten nutze der Mensch Schafe zur ökologischen und effektiven Deichpflege, sagt Verbandsvorsitzender Jürgen Lückhoff.

Der Klauendruck der Paarhufer wirke wie eine Walze, der «goldene Tritt» verschütte Mauselöcher und Maulwurfsgänge. Eine dichte Grasnarbe entstehe, die den Damm vor Erosion schützt, sagen Umweltexperten. Das Gebiss der Tiere, landläufig als «eiserner Zahn» bezeichnet, erlaube den Schafen zudem ein selektives Fressen der von Deichschützern unerwünschten Unkräuter.

Doch auf ihrem nächsten Weidegang über frische grüne Uferdämme müssten viele Elbschafe wohl noch Wochen warten, befürchtet Maik Gersonde aus Schlesin bei Dömitz. 50 Kilometer Weidedeiche an Elbe, Elde, Löcknitz und Havel in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt könnten seine 2000 Schafe derzeit nicht nutzen, sagt er. Die Uferdämme sollen erst frei geräumt und ausgebessert sein, bevor seine Tiere wieder auf alle Deiche dürften. Die Arbeiten an den Dämmen dauern laut Umweltamt Schwerin noch bis September.

Das Problem für die Schäfer: Das Deichpflegegeld, das als wirtschaftlicher Ausgleich für die extensive, ertragsarme Bewirtschaftung der Dämme zweimal im Jahr von den Ländern gezahlt wird, fällt zumindest nun teilweise ins Wasser, wie Gersonde sagt.

Seine Tiere weideten auf fremden Flächen, er kaufe teures Heu dazu und greife die Winterrücklagen an. 70 Prozent seiner 500 Hektar Pachtflächen, darunter überflutete Polder, seien vom Hochwasser betroffen. Die Verluste seien fünfstellig, schätzt der Landwirt.

Klaus Seebürger aus Preten im Amt Neuhaus im Landkreis Lüneburg kann etwa 500 Hektar überflutete Weiden und ramponierte Deiche an Elbe und Sude in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern für seine 4.000 Tiere derzeit nicht nutzen. 10 bis 15 Kilometer müssten Schafe und Lämmer jeden Tag nun zu entfernter liegenden Wiesen ziehen.

«Stress pur ist das, die Lämmer leiden besonders, ihnen fehlt das junge Gras und genügend Milch, sie nehmen kaum zu, etliche brauchen die Flasche», erzählt Seebürger.

Heike Griem aus Schwartow bei Boizenburg musste für ihre kleine Herde zusätzlich 40 Hektar Weideflächen im Hinterland pachten. Nur so könne sie ihre Tiere, die sonst auf Deichen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern grasen, satt bekommen, sagt die Schäferin.Verbandschef Lückhoff hofft für seine Deichschäfer auf Soforthilfen der Bundesländer. Schließlich pflegten die Herden grenzübergreifend die Flutschutzwälle in der gesamten Elbniederung.

«Eine Möglichkeit wäre die Zahlung einer Pauschale je Hektar», findet er. Die Zahl der betroffenen Schäfer halte sich in engen Grenzen, aber die Herden seien unentbehrlich für den Hochwasserschutz.

Die Schäferei gehöre in Norddeutschland zu den aussterbenden Berufen, sagt Lückhoff. Steigende Futter- und Energiekosten fräßen oft die Einnahmen aus dem Lammfleisch auf. Ein Kampf um Futterflächen sei entbrannt, denn immer mehr Grün- und Brachland werde mit Energiepflanzen bebaut, gehe als Weide verloren. (dpa)
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